Joschka Fischer gab das Rumpelstilzchen. Rastete aus, als er - im Plausch mit Kanzler und Kumpel - beiläufig davon erfuhr, dass ausgerechnet sein grüner Satrap Rezzo Schlauch ausgerechnet jetzt ausgerechnet in den Iran fliegen würde. Gerade war er selbst vorzeitig aus den USA in Berlin eingeschwebt, um seiner verwehten Truppe vor der Abstimmung über die Gesundheitsreform Beton in die Schuhe zu gießen; gerade hatte Gerhard Schröder sein hässliches Verhältnis zu George W. Bush aufgehübscht; und gerade zwängte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) - unter Anleitung der USA - das Mullah-Regime in den Schraubstock, um bis Ende Oktober die lückenlose Kontrolle seines bombigen Atomprogramms zu garantieren. Also wurde Rezzo runtergeputzt, bis er den Rumpelnden selbst zornig am Revers packte.
Er erkundete das Schlachtfeld
Schlauch reiste - und geradezu symbolisch entstiegen dem Lufthansa-Flug LH 600 aus Frankfurt neben dem Parlamentarischen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium just zwei Emissäre der IAEO. Der Gast aus Berlin betrat und erkundete fortan das Schlachtfeld eines ebenso brutal wie verdeckt geführten Wirtschaftskrieges - allerdings nicht zwischen den USA und dem Iran, sondern zwischen Amerikanern und Deutschen.
Heftig attackiert der große Bruder die Deutschen - bei boomenden Importen Irans wichtigste Handelspartner -, um den Markt selbst zu erobern. Als Waffe dient seit 1996 der "Iran Libya Sanctions Act" (ILSA), der US-Firmen Deals mit den Mullahs untersagt und Ausländer mit Repressalien in den USA bedroht, falls sie sich verlocken lassen. Thyssen-Krupp musste die noch vom Schah gekaufte Beteiligung Irans an dem Ruhrpott-Riesen von knapp acht auf unter fünf Prozent drücken, um nicht von Staatsaufträgen in den USA ausgeschlossen zu werden.
Die Amerikaner wurden massiv
Dieser Fall ist bekannt. Andere werden schamhaft beschwiegen. So jener der Lufthansa, die seit vier Jahrzehnten die Maschinen der Iran Air wartet und vor einem Jahr von einem amerikanischen Triebwerkslieferanten aufgefordert wurde, keines seiner Ersatzteile mehr in die persischen Jets einzubauen. Im Frühjahr wurden die Amerikaner massiv: Falls die Lufthansa nicht beidrehe, werde man gar keine Teile mehr liefern, weder für die Airline selbst noch für deren Kunden. Das hätte die Hälfte der LH-Flotte betroffen - mehr als 1000 Triebwerke. Derart in die Ecke getrieben, unterschrieb die Lufthansa binnen 14 Tagen ihre Kapitulation. Seither zehrt Iran Air von der technischen Substanz.
Die Lufthansa musste im Frühjahr ihre Kapitulation unterschreiben
Umgekehrt zeigen US-Firmen indes keine Scheu, glänzende Geschäfte mit dem Iran zu machen. Man liefert zum Beispiel über Kanada oder Dubai. Und in teils verblüffendem Umfang. Der Siemens-Vorstand, wegen eigener Geschäfte ständig unter Pression aus den USA, bilanzierte kürzlich intern, ein amerikanischer Rivale habe von 1992 bis 2002 nicht weniger als 47 Gasturbinen-Einheiten von je 100 Megawatt Leistung in den Iran geliefert, teils vollständig in den USA gefertigt. Und ein mittelständischer Produzent von Maschinen für die Porzellanherstellung berichtete auf der Teheraner Messe, die deutschen Ausfuhrkontrolleure hätten ihm einen Auftrag verweigert - gekapert habe den dann ein amerikanischer Konkurrent.
Man fürchtet Amerikas Zorn
"Dual use", Verwendung für zivile wie militärische Zwecke, klebt als Label am Einfallstor der Amerikaner. Die deutschen Behörden prüfen Exportanträge extrem kritisch, mitunter neun Monate lang. Man fürchtet Amerikas Zorn. Auf der Teheraner Messe zeigten denn auch nur Mittelständler aus Deutschland Gesicht. Die Großen ducken sich in die Furche - "low profile", Abschlüsse bloß nicht an die große Glocke hängen. Zu gefährlich: Siemens macht in den USA gut 25 Milliarden Euro Umsatz, im Iran dagegen nur rund eine Milliarde. Daimler-Chrysler tut sich aus diesem Grund schwer, das Angebot zum Bau eines kleinen Mercedes im Iran zu akzeptieren.
Schlauch, auf der Messe zum "geschätzten Minister" aufgewertet und medial umschwirrt wie noch kein deutscher Offizieller vor ihm, stellte denn auch für Frühjahr 2004 die Teilnahme Wolfgang Clements an einer Konferenz der deutsch-iranischen Wirtschaftskommission in Aussicht. Denn in Berlin kann er nun berichten, wie trickreich die Amerikaner auf der Lauer liegen. Und wie gern die Mullahs mit ihnen dealen würden. Im Teheraner Energieministerium wurden dem Grünen Kaffeepulvertütchen mit US-Flagge ereicht - der "große Satan" ganz lecker zum Aufbrühen.