Deutsch-amerikanische Freundschaft Steinmeier fliegt zu Biden: ein überraschender Besuch mit hoher Symbolik

Frank-Walter Steinmeier (damals Bundesaußenminister) und Joe Biden (damals US-Vizepräsident)
Frank-Walter Steinmeier (damals Bundesaußenminister) und Joe Biden (damals US-Vizepräsident) bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2009. Nun treffen sie erstmals als Bundes- bzw. US-Präsident aufeinander
© Thomas Trutschel / Photothek / Picture Alliance
Es ist die erste persönliche Begegnung seit acht Jahren. Für Bundespräsident Steinmeier ist sie bedeutsam, weil der heutige US-Präsident früher ein Kritiker der deutschen Russland-Politik war.

Es ist eine überraschende Reise: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fliegt in der Nacht auf Freitag zu einem kurzfristig vereinbarten Besuch bei US-Präsident Joe Biden nach Washington. Das teilte das Bundespräsidialamt am Abend mit. Auch die US-Regierungszentrale in Washington bestätigt das Treffen in einer Mitteilung. Steinmeier, der sich nach einem zweitägigen Staatsbesuch noch auf den Kapverdischen Inseln aufhält, sagte für den Kurz-Trip nach Washington eine eigentlich direkt im Anschluss geplante Reise nach Portugal ab. Der Bundespräsident wollte ursprünglich in Porto an einem Treffen der nicht-exekutiven Staatsoberhäupter der Europäischen Union teilnehmen.

An einem Besuchstermin für Steinmeier bei Präsident Biden war schon länger gearbeitet worden. Bundeskanzler Olaf Scholz ist über die Pläne informiert, das Kanzleramt war zeitweilig in die Vorbereitungen eingebunden. Nun teilte das Weiße Haus in Washington am Mittag (Ortszeit) mit, Biden und Steinmeier würden gemeinsam den deutsch-amerikanischen Freundschaftstag begehen.

Der 6. Oktober gilt in den USA als German-American-Day. Er erinnert an die ersten deutschen Siedler im 17. Jahrhundert und das daraus entstandene deutsche Erbe in Nordamerika. Aus diesem Anlass, so das Weiße Haus weiter, würden die Präsidenten "die engen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland bekräftigen". Dazu gehöre "die enge Abstimmung als NATO-Bündnispartner in einer Reihe von wichtigen Fragen, einschließlich der Verteidigung demokratischer Werte und unserer gemeinsamen Verpflichtung, die Ukraine bei der Verteidigung gegen die russische Invasion zu unterstützen".

Frank-Walter Steinmeier erstmals als Bundespräsident bei Joe Biden

Es ist die erste persönliche Begegnung von Biden und Steinmeier als Präsidenten. Sie ist vor allem für Steinmeier von hoher symbolischer Bedeutung, nachdem der Bundespräsident kurz nach Beginn seiner zweiten Amtszeit und dem russischen Angriff auf die Ukraine wegen seiner früheren Politik gegenüber Präsident Wladimir Putin in die Kritik geraten war.

Es dürfte für Steinmeier eine Genugtuung sein, dass er nun dennoch von Biden empfangen wird, der noch als Vizepräsident unter Barack Obama eine härtere Gangart gegen Russland sowie Waffenlieferungen für die Ukraine gefordert hatte – also die gegenteilige Position der damaligen Bundesregierung. Im November 2022 war Steinmeier bereits einmal in die USA geflogen, wo er in New York mit der Henry Kissinger-Medaille ausgezeichnet worden war. Ein Termin in Washington war mit dieser Reise jedoch nicht verbunden gewesen.

Freundschaftsbesuch in schwierigen Zeiten

Der Besuch jetzt und das Treffen mit Biden fallen allerdings auch in eine schwierige Zeit: Die amerikanische Politik ist nach der Abwahl des Speakers im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, vorerst weitgehend blockiert, die Regierung kann nicht über einen Haushalt verfügen. Das könnte auch außenpolitische Folgen haben, insbesondere was die weitere Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Geld betrifft.

Zuletzt hatten sich Biden und Steinmeier im Jahr 2015 auf einem Westbalkan-Gipfel in Zagreb persönlich getroffen – damals noch als US-Vizepräsident und deutscher Außenminister. Im November 2022 hatte Steinmeier Biden zu dessen 80. Geburtstag gratuliert. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen politischen und ökonomischen Herausforderungen hatte Steinmeier geschrieben: "Viele meiner Landsleute und auch ich persönlich sind froh und dankbar, in dieser Zeit einen erfahrenen, klugen und weitsichtigen Staatsmann und Freund im Weißen Haus zu wissen."

Die Reise Steinmeiers nach Washington ist logistisch nicht unkompliziert. Für den Flug von den Kapverden nach Washington nutzt Steinmeier eine Global-Maschine der Flugbereitschaft der Bundeswehr, die ihn auf den Kapverden abholt. Der Airbus, mit dem Steinmeier auf seiner Reise bislang unterwegs war, fliegen zurück nach Deutschland. Mit ihr treten auch die Journalisten die Heimreise an, die den Bundespräsidenten in den vergangenen Tagen begleitet haben. Sie dürfen nicht mit nach Washington.

wue