Vetternwirtschaft und die Verschwendung öffentlicher Gelder – diese Vorwürfe muss sich Patricia Schlesinger aktuell gefallen lassen. Die ehemalige ARD-Chefin und RBB-Intendantin ist zwar bereits von ihren Ämtern zurückgetreten, wurde aber am Montagabend auch offiziell vom Sender abberufen. Die Vorwürfe verärgern auch intern einige Mitarbeiter:innen, erklärt der Wirtschaftsjournalist und Medienbeobachter Lutz Meier in der 340. Folge von "heute wichtig". "Bei den Redaktionen wird alles gespart, und die Chefin hat sich eine luxuriöse Chefinnen-Etage bauen lassen für 1,4 Millionen Euro. Das versteht im RBB kein Mensch und das diskreditiert auch die Arbeit der Leute da, die jeden Tag sparen müssen." Dazu kommt eine Gehaltserhöhung von 16 Prozent, die zwar von entsprechenden Kontrollinstanzen genehmigt wurde. Doch die Kontrolle funktioniere nicht, so Lutz Meier: "Diese Affäre wäre eine gute Gelegenheit, um mal über andere Kontrollstrukturen nachzudenken."
Patricia Schlesinger: Man braucht weniger Kontrolleure, aber bessere
Der heutige Wirtschaftsredakteur beim Magazin "Capital" hat vorher für die "Financial Times Deutschland" den Bereich der Medienberichterstattung verantwortet. Für Lutz Meier braucht es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) mehr denn je, sagt er im Podcast. Doch eine Reform insbesondere der Kontrollinstanzen sei unabdingbar. Meier fordert weniger Kontrolleure, doch dafür bessere. Denn bisher sitzen im Rundfunkrat Vertreter:innen aus gesellschaftlichen Gruppen, die nur nebenbei diese Tätigkeit ausüben. So funktioniere die Kontrolle aber nicht: "Das sind zum großen Teil Leute, die nicht kontrollieren können. Die keine Bilanzen lesen können und nicht die Kapazitäten haben, weil sie das nebenberuflich machen, da stark draufzuschauen." Wichtiger als möglichst viele Vertreter:innen sei deren Kompetenz: "Sie sollten sich entweder mit Finanzen auskennen, mit Medienstrukturen oder auch mit den kulturellen Aufgaben dieser Anstalten."
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtige Instanz in der Demokratie
Trotz aller Fehler und Reformbedürftigkeit sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk wichtiger denn je, findet Lutz Meier. Denn dort beobachten Korrespondent:innen nicht nur sämtliche Länder dieser Welt. Sie sind auch in vielen Ecken Deutschlands, in denen die Lokalzeitungen leider immer mehr schrumpfen: "Dieser Blick in alle Felder der Gesellschaft und in alle Ecken der Welt ist ein Grund, warum wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dringend brauchen." Auch sei ein Kerngebiet des ÖRR die monatelange Berichterstattung über Kriege und Krisen in aller Welt: "Das braucht die Medienlandschaft."
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