Pro/Kontra Scholz und die Panzer: Zögern ist kein Zeichen von Schwäche

Olaf Scholz beim Weltwirtschaftsforum in Davos
Olaf Scholz sagte beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu vielen Dingen etwas, nur über Panzerlieferungen wollte er nicht so recht sprechen
© Fabrice COFFRINI / AFP
Kanzler Olaf Scholz gerät mit seiner zurückhaltenden Haltung zu Panzerlieferungen in die Ukraine zunehmend unter Druck. Doch so werden selten gute Entscheidungen getroffen.

Olaf Scholz ist unter Druck. Aber wie das mit Olaf Scholz so ist, merkt man ihm das nicht an. In Davos hielt er am Mittwoch eine Rede über allerlei – nur nicht über das Thema, über das alle anderen wirklich etwas wissen wollten: die Lieferung schwerer Kampfpanzer an die Ukraine. Der Tenor in deutschen Medien war danach recht homogen: Wann gibt Deutschland endlich sein Okay, dass andere Länder der Ukraine Leopard-Kampfpanzer überlassen dürfen? Oder besser noch: Wann liefert Deutschland selbst schweres Gerät? Aber so einfach ist es eben nicht.

Klar ist: Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine überfallen und führt dort einen blutigen Angriffskrieg. Deshalb hilft Deutschland – auch mit Waffen. Aber die Frage, wie weit diese Hilfe gehen soll, ist keineswegs so klar.

Jahrzehntelang gab es beim Thema Waffenlieferungen in Deutschland ein klares Stoppsignal: In Kriegsgebiete werden keine Waffen geliefert. Punkt. Von dieser Position ist die Ampel-Regierung in den vergangenen Monaten aus durchaus nachvollziehbaren Gründen abgerückt. Zeitenwende nennt Scholz das etwas pathosgeschwängert. Nur sein Wendekreis, der muss noch definiert werden.

Russland bleibt Atommacht und der Konflikt brandgefährlich

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich darf Russland mit dem Überfall auf die Ukraine nicht durchkommen. Aber auch auf die Gefahr hin, dass es inzwischen abgedroschen klingt: Russland ist eine Atommacht, und der Konflikt ist daher enorm gefährlich. Das wurde in den vergangenen Monaten zwar schon sehr oft gesagt, es macht es aber ja nicht weniger richtig oder aktuell. Der Krieg in der Ukraine kann – zumindest theoretisch – massiv eskalieren. Wie weit Scholz' Zeitenwende daher letztlich gehen soll, ist deswegen kein lästiges Detail, das mal eben zwischendurch entschieden werden kann. Getreu dem Motto: Wenn wir bis hierhin gegangen sind, müssen wir halt auch weiter gehen.

Schwere Panzer würden die Ukraine enorm stärken. Vielleicht sogar soweit, dass sie im Krieg verlorene Gebiete zurückerobern könnte. Gebiete, die der Mann im Kreml fälschlicherweise als russisch ansieht. Wie der darauf reagieren würde, weiß niemand – vielleicht sogar Putin selbst (noch) nicht. Scholz' Entscheidung könnte also weitreichende Folgen haben. Da ist mir ein Kanzler, der sich Zeit lässt und abwägt, deutlich lieber als einer, der sich von internationalem Druck zu vorschnellen Entschlüssen treiben lässt.

Ganz unabhängig davon, welche Entscheidung am Ende getroffen wird: Allein die Tatsache, dass sich jemand Zeit zum Abwägen lässt, ist kein Zeichen von Schwäche. Es zeigt lediglich, dass Scholz um die Bedeutung seiner Entscheidung weiß.