Russischer Außenminister Lawrow will Propaganda in Indien machen – und wird vom Publikum nur ausgelacht

Sergej Lawrow bei dem Podiumsgespräch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi
Sergej Lawrow bei dem Podiumsgespräch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi
© Russian Foreign Ministry Press Service/TASS PUBLICATION / Imago Images
Kritische Fragen sind russische Funktionäre nicht mehr gewohnt. Die heimischen Medien sind dem Kreml inzwischen komplett hörig. Und so staunte Sergej Lawrow nicht schlecht, als er in Indien für seine Propaganda ausgelacht wurde. 

Die Versuche Russlands, Verbündete zu gewinnen, kann man nur verzweifelt nennen. In den vergangenen Wochen reiste der russische Außenminister Sergej Lawrow durch eine Reihe von afrikanischen Ländern – nur um zu Hause vermeintliche Freunde präsentieren zu können. Nun machte er sich nach Indien auf. Neben China wird das Land von der Kreml-Propaganda gern als ein mächtiger Verbündeter Russlands verkauft. Indien bemüht sich tatsächlich, eine neutrale Position im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine einzunehmen – um vor allem weiter von den günstigen Öllieferungen zu profitieren.  

Außerdem kommt ein Großteil der Ausrüstung der indischen Streitkräfte aus Russland. Zuletzt hatte sich Indien in der UN-Vollversammlung bei einer Abstimmung für eine Resolution, die Frieden und den Rückzug Moskaus aus der Ukraine forderte, enthalten. Doch diese neutrale Haltung erkauft sich der Kreml sehr teuer.

Sergej Lawrow und die Propaganda-Märchen 

Dass man in Indien nicht wortlos die Kreml-Propaganda zu schlucken gewillt ist, musste nun Lawrow selbst erfahren. Am Freitag nahm der Außenminister an einer geopolitischen Konferenz in der indischen Hauptstadt Neu Delhi teil. Eine halbe Stunde stotterte Lawrow auf Englisch und beklagte sich wie immer über den Westen. Die Nato hätte alle Vereinbarungen gebrochen, log Lawrow, der bereits seit 19 Jahren das Amt des Außenministers bekleidet. 

Das "Nazi-Regime" in Kiew habe alles Russische nach der "Machtergreifung" verboten, erzählte er das beliebte Propaganda-Märchen. Um sein Vokabular scherte sich Lawrow nicht im Geringsten. Auf die kritischen Fragen des Moderators des Podiumsgesprächs, das von einem Think Tank und dem indischen Außenministerium ausgerichtet wird, ging Lawrow nicht ein. Stattdessen spulte der ehemalige Diplomat eine propagandistische Parole nach der anderen herunter.

Publikum lässt sich keine Lügen erzählen

Als die Zeit für Fragen aus dem Publikum kam, wollte eine junge Frau wissen, wie der Krieg die russische Energiestrategie gegenüber asiatischen Ländern und besonders Indien beeinflusst. "Wissen Sie, der Krieg, den wir zu stoppen versuchen, und der gegen uns angezettelt wurde, indem man die Ukraine benutzt", setzte der 72-Jährige an – und geriet dann ins Stocken. Denn das Publikum lachte ihn schlicht aus. 

Der Krieg habe "natürlich die russische Politik beeinflusst", nahm Lawrow nach kurzer Pause den Faden wieder auf. Nur um dann wieder unbelegte Verschwörungen-Thesen von sich zu geben. Man werde sich nur noch "auf verlässliche Partner" stützen, zu welchen "sicherlich Indien und China zählen", erklärte Lawrow, bevor der Moderator das Gespräch zum Ende führte. "Das nächste Treffen wird hoffentlich in einer weniger brenzligen Weltlage stattfinden. Können Sie dies versprechen?", wollte er vom russischen Außenminister wissen. 

Doch Lawrow war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich so angefressen, dass er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen konnte. "Die Amerikaner werden Ihnen sicherlich Fragen zur Verfügung stellen, die Sie benutzen können", erwiderte er. Doch der Versuch, den indischen Journalisten als eine amerikanische Marionette hinzustellen, stieß wieder nur auf höhnendes Gelächter. 

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In den sozialen Netzwerken setzt sich der Hohn fort. "Das ist urkomisch. Und peinlich. Der russische Außenminister Lawrow sagt, 'der Krieg, den wir zu stoppen versuchen, wurde gegen uns angezettelt', und das angeblich mitfühlende indische Publikum lacht", kommentierte Konstantin Sonin den Auftritt, ein bekannter Wirtschaftswissenschaftler, der in Chicago lehrt. Russische "Diplomaten" würden denken, dass sie anderen "die Lügen, mit denen sie Putins Fantasien nähren", um befördert zu werden, auftischen können – und sie für etwas anderes als Lügen gehalten werden könnten, spottete Sonin.

G20-Gipfel für Lawrow nur "Farce"

Lawrow hatte zuvor in Neu-Delhi das G20-Außenministertreffen besucht. Gleich zu Beginn am Mittwoch hatte er den Gipfel als "Farce" kritisiert. Westliche Länder würden "die Verantwortung für ihr wirtschaftliches Versagen auf die Russische Föderation abwälzen wollen", behauptete er. 

Westliche Staaten hatten am Donnerstag bei einem Treffen der G20-Außenminister in Indien in Anwesenheit von Lawrow Russland wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine kritisiert.