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Eine Blamage nach der nächsten Putins Woche der Peinlichkeiten

Wladimir Putin bei dem Manöver "Kaukasus 2020"
Wladimir Putin bei dem Manöver "Kaukasus 2020". Doch anstatt Stärke zu demonstrieren, blamierte sich das russische Militär bei einer Übung. 
© Mikhail Klimentiev / AFP
Waldimir Putin hat keine schöne Woche hinter sich: Erst überführte er sich selbst der Lüge. Dann verprellte er Macron mit einer absurden Idee. Und schließlich bescherte ihm auch noch das eigene Militär eine empfindliche Blamage. 

Es hätte ein fulminanter Auftritt für Wladimir Putin werden können: Die Rede bei der 75. Generaldebatte der UN-Vollversammlung - zumal die Veranstaltung in diesem Jahr größtenteils digital stattfand und die Ansprachen im Vorfeld aufgezeichnet worden waren. Zum ersten Mal seit fünf Jahren wandte sich Putin an die versammelten UN-Herrschaften. Doch statt einer glühenden Rede und heiß ersehnten Antworten auf brennende Fragen, bekam die Weltöffentlichkeit Putins alte Leier zu hören - die er auch noch größtenteils von einem Blatt Papier ablas.

Da war wieder die Warnung vor einer vermeintlichen "Umdeutung der Geschichte" durch den Westen, der der Sowjetunion den Sieg über Nazi-Deutschland angeblich nicht gönnt. Da war wieder das Loblied auf den russischen Anti-Corona-Impfstoff, wobei Putin selbst sich lieber weiter in Selbstisolation verschanzt als sich sein Wundermittelchen zu spritzen. Und da war wieder der Ruf nach der Aufhebung der Sanktionen, die die "Weltwirtschaft lähmen" würden.

Sich selbst der Lüge überführt 

Es ist jedoch nicht die Weltwirtschaft, um die sich Putin sorgt - sondern die russische. Der Kreml-Chef lässt so gut wie keinen Auftritt auf internationaler Bühne aus, um dieses Anliegen vorzubringen. Dabei scheint ihm zu entgehen, dass die Position eines Bittstellers, seiner eigenen Propaganda zuwiderläuft. Seit Jahren versucht er, der eigenen Bevölkerung einzubläuen, dass die westlichen Sanktionen Russland sogar zugute kämen. Diese würden die heimische Produktion ankurbeln. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Tatsächlich leben mittlerweile nach offiziellen Daten des russischen Amts für Statistik 19,9 Millionen russische Bürger unter dem Existenzminimum, das das russische Arbeitsministerium mit 12.392 Rubel beziffert hatte. Umgerechnet sind es nach aktuellem Kurs 136 Euro. Und diese Zahlen dürften auch noch schön gerechnet sein. 

Mit seinem wiederholten Ruf nach der Aufhebung der Sanktionen gesteht Putin selbst ein, wie sehr ihm und seinem Reich die Sanktionen zusetzen und gibt sich eine Blöße, die am Image des starken Führers, das er so gerne pflegt und hegt, deutliche Schrammen hinterlässt. 

Macron verprellt 

Auch in einer anderen Angelegenheit machte Putin ein ungewolltes Eingeständnis: Alexej Nawalny. Die französische Zeitung "Le Monde" zitierte in dieser Woche aus einem Telefonat Putins mit seinem Pariser Kollegen Emmanuel Macron, das noch am 14. September stattgefunden hatte. Demnach habe der Kreml-Chef Macron weismachen wollen, dass Nawalny sich selbst mit Nowitschok vergiften haben könnte, um politischen Profit daraus zu schlagen und Russland zu diskreditieren. Es sei schließlich doch gar nicht so schwierig, das Gift herzustellen, so Putin.

Nikolaus Blome interviewt Leonid Wolkow (Stabschef von Alexej Nawaln)

Die Idee, dass Nawalny einen chemischen Kampfstoff zusammengemischt und dann sich selbst vergiftet hat, empfand man im Elysee-Palast nicht nur als absurd, sondern auch beleidigend. Ein französischer Geheimdienstmitarbeiter verriet dem Magazin "The Business Insider", dass Macron diese Erklärung Putins als persönlichen Affront aufgefasst habe. 

"Er hat erwartet, dass ihm erzählt wird, dass es sich um ein internes Problem handelt, oder möglicherweise um eine nicht genehmigte Operation eines Untergebenen, oder dass irgendwelche Tschetschenen beschuldigt werden, ohne Putins Zustimmung gehandelt zu haben", erzählte die Quelle. "Stattdessen bekam er diesen völligen Unsinn zu hören, dass Nawalny sich selbst ein tödliches Gift verabreicht haben soll, das nur in den sichersten russischen Militäreinrichtungen zu finden ist."

Man verstehe, dass "solche albernen, verwirrenden und oft widersprüchlichen Angaben" die Art und Weise kennzeichnen, wie Putin sich im Inland gebärdet. "Aber mit dem Präsidenten von Frankreich? Macrons Standpunkt ist es, dass man den französischen Präsidenten nicht anlügen kann, als wäre er ein russischer Bauer", so der Geheimdienstler.

Doch nicht einmal die "russischen Bauern" kaufen ihrem Präsidenten solch eine absurde Version ab. In den sozialen Netzwerken ergießen sie über Putin hämische Kommentare. "Die perfekte Reaktion auf dreiste Lügen. Bravo, Macron!", "Putin sollte aufhören zu denken, er sei schlauer als alle anderen" oder "Putin ist so verlogen, dass er keine Grenzen mehr kennt" - schreiben die Russen sich ihren Frust von der Seele.

Vom Militär Blamage beschert 

Und als ob sich Putin noch nicht genug selbst kompromittiert hat, bescherte das russische Militär dem Kreml-Chef eine weitere Blamage. Während einer Übung wurde in der Region Twer ein Militärjet abgeschossen. Die Besatzung eines der teilnehmenden Flugzeuge eröffnete während des Manövers echtes Feuer. Insgesamt fünf Geschütze sollen abgefeuert worden sein. Ein technischer Fehler soll die Ursache gewesen sein. Zum Glück konnten die beiden Piloten sich rechtzeitig katapultieren. Vom Militärjet des Typs Su-30 ist aber nicht mehr viel übrig.

Der Vorfall wirft ein schlechtes Licht, auf das von Putin gepriesene Militär, das er in der vergangenen Woche selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt hat. In der gesamten Welt gebe es keine Waffen, die den russischen das Wasser reichen könnten, hatte er gerade noch posaunt, da schießen die eigenen Soldaten bei einer Übung den eigenen Jet ab. 

Zudem hat Russland in der vergangenen Woche das Manöver "Kaukasus 2020" abgehalten. Bis Samstag fanden die Kriegsübungen sowohl an Land als auch auf See statt, darunter auch auf dem Schwarzen Meer, das an die von Moskau annektierte Krim-Halbinsel anschließt. Doch das Manöver wurde von zahlreichen Pannen begleitet. Ein Panzer feuerte aus Versehen auf ein anderes, eine Rakete stürzte kurz nach dem Start gleich wieder ab und ein Soldat schoss sich selbst den Arm ab. 

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