Artikel der "Washington Post" "Beten, dass Donald Trump wieder Präsident wird": Angebliche Aussage von Springer-Chef Döpfner sorgt für Verwirrung

Mathias Döpfner
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG
© Britta Pedersen / DPA
Eine Aussage des Vorstandsvorsitzenden des Medienkonzerns Axel Springer, Mathias Döpfner, sorgt für Stirnrunzeln. Die US-Zeitung "Washington Post" zitiert aus einem mutmaßlich persönlichen Schreiben des Managers kurz vor der Präsidentschaftswahl 2020. Darin schwärme Döpfner von Donald Trump.

"Wollen wir uns alle am 3. November morgens für eine Stunde zusammensetzen und dafür beten, dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird?" Diese Worte stammen mutmaßlich aus einer E-Mail von Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlags, das er im Oktober 2020, kurz vor den Präsidentschaftswahlen, an "seine engsten Führungskräfte" verschickt haben soll. Der "Washington Post", die am Dienstag darüber berichtete, liegt das Schreiben nach eigenen Angaben vor. Die Presseabteilung von Axel Springer und Döpfner selbst reagierten auf eine Anfrage des stern bislang nicht. 

Der 59-jährige Medienmanager hat als Chef des Springer-Konzerns, zu dem in Deutschland unter anderem die "Bild" und die "Welt" gehören, auch Einfluss auf den US-amerikanischen Journalismus. 2021 übernahm der Verlag die bekannte Tageszeitung "Politico".

In dem Bericht nimmt die "Washington Post" die Pläne des deutschen Medienmanagers für den US-amerikanischen Journalismus unter die Lupe. "Wir wollen der führende digitale Verlag in den Demokratien der Welt sein", habe er in einem Interview mit der Zeitung in Berlin erklärt. Döpfner sei "besorgt darüber, dass die amerikanische Presse zu polarisiert ist". Bekannte Zeitungen wie die "New York Times" oder die "Washington Post" selbst drifteten seiner Meinung nach zu sehr ins politisch linke Spektrum ab, wohingegen konservative Medien während Trumps Präsidentschaft "alternativen Fakten" auflägen. "Wir wollen beweisen, dass Überparteilichkeit tatsächlich die erfolgreichere Positionierung ist", habe Döpfner weiter gesagt. 

Umso mehr verwirrt das fragliche Schreiben Döpfners. Darin verweise er auf die seiner Meinung nach "wichtigsten Themen der letzten zehn Jahre". Dazu zähle er:

  1. "Die Verteidigung der freien Demokratien gegen die Diktaturen in China und Russland"
  2. "Die Stärkung des westlichen Sicherheitsbündnisses genannt Nato (unter Einhaltung der Vertragsverpflichtungen auch für Deutschland)"
  3. "Die Stabilisierung der größten Marktwirtschaft der Welt (USA) durch Steuerreformen"
  4. "Stabilität und Sicherheit im Mittleren Osten"
  5. "Verteidigung von Wettbewerb und Eigentum gegenüber den Plattform-Monopolen in USA und China"
  6. "Stabilisierung des Klimas"

"Von sechs Möglichkeiten fünf Richtige", soll Döpfner sein Ranking geschlossen haben. Im Bezug auf die vorangegangene Äußerung, ob man nicht für die Wiederwahl Trumps beten solle, schreibe er weiter: "Mehr hat keine amerikanische Regierung der letzten 50 Jahre geschafft". 

Abschließend habe Döpfner eine Meldung der Nachrichtenagentur AP unter seinen "Aufruf" gesetzt, in der von einer voraussichtlichen Klage des US-Justizministeriums gegen den Online-Riesen Google wegen mutmaßlichen Missbrauchs von Marktdominanz die Rede ist. 

Döpfner soll zugegeben haben, Mail als "ironische Äußerung" verschickt zu haben

Die "Washington Post" habe Döpfner mit seinen angeblich eigenen Worten konfrontiert. Zunächst habe der alles abgestritten: "Das ist an sich falsch", sagte er. "Das gibt es nicht. Das ist nie verschickt worden und ist auch nie angedacht worden." Als die Journalisten dem Springer-Chef einen Ausdruck der Mail gezeigt hätten, sei er leicht zurückgerudert. Es sei möglich, dass er die E-Mail "als ironische, provokative Äußerung im Kreis der Leute, die Donald Trump hassen", verschickt habe. Sowas täte er gerne einmal. "Das bin ich", habe er gesagt. "Das könnte sein." Aber er bestehe darauf, nie ein Anhänger Trumps gewesen zu sein. 

Laut Medienbericht: Springer reagiert auf Döpfners Aussage

Wie das Medienmagazin "Meedia" am Mittwoch berichtete, bestätige Döpfner zwar inzwischen, die Mail abgeschickt zu haben. Deren Inhalt sei allerdings ironisch zu verstehen. Springer wiederum verweise auf den Anhang des Schreibens – der Vorstandsvorsitzende habe lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass mit Trumps Wiederwahl gute Chancen bestünden, die Marktmacht von Google zu brechen. Schließlich machten Tech-Giganten wie Google es Medienkonzernen schwer, ihre eigenen Inhalte zu vermarkten. 

"Die Darstellung oder Interpretation, es sei eine Art Rundmail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen gewesen, ist falsch. Die Aufforderung zum 'kollektiven Beten' war selbstverständlich ein Scherz. Bei Axel Springer wird nicht kollektiv gebetet", zitiert "Meedia" eine Konzernsprecherin. Die Mail sei an nur vier Personen gegangen. Das Ranking  der "wichtigsten Themen der letzten zehn Jahre" sei allerdings kein Scherz gewesen, "sondern war die persönliche Sicht von Mathias Döpfner". 

Auch dafür, dass Döpfner gegenüber der "Washington Post" zunächst abgestritten habe, der Verfasser der Mail zu sein, findet der Konzern eine Erklärung. Döpfner habe die Frage zunächst falsch verstanden: Er habe geglaubt, die Frage beziehe sich darauf, ob er in der Mail gezielt dazu aufgerufen habe, Trumps Wiederwahl zu unterstützen. Dies habe er sofort dementiert. Als die Journalisten ihm den Mailausdruck gezeigt hätten, "hat er dies sofort bestätigt und erläutert“, so die Sprecherin.

Döpfners DDR-Vergleich sorgte vergangenes Jahr für Schlagzeilen

Für Schlagzeilen sorgte Döpfner zuletzt im Oktober vergangenen Jahres. Damals hatte die "New York Times" Zitate aus Kurznachrichten-Chats zwischen dem Springer-Chef und Autor Benjamin von Stuckrad-Barre veröffentlicht. Der damalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt, so Döpfner, sei "halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland der noch mutig gegen [den] neuen DDR Obrigkeitsstaat aufbegehrt. Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden."

Döpfner hatte auch damals anschließend zunächst auf Ironie und Übertreibungen in privaten Dialogen hingewiesen, sich aber später für die Nachricht entschuldigt.  

Quelle: "Washington Post"; "Meedia"

yks