Am Samstag hat das US-Repräsentantenhaus mit einer überparteilichen Mehrheit ein Hilfspaket im Umfang von 61 Milliarden US-Dollar gebilligt, welches auch Waffenlieferungen zur Verteidigung der Ukraine gegenüber Russland beinhaltet. Mit der nötigen Zustimmung des Senats wird Mitte der Woche gerechnet. Der Beschluss gilt als sicher. Im Anschluss muss Präsident Biden das Gesetz noch unterschreiben.
Was bedeuten die angekündigten Hilfen für den Kriegsverlauf und wie schnell könnten weitrechende Raketensysteme überhaupt zum Einsatz kommen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Welche Waffen werden geliefert?
Im Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses heißt es, dass Präsident Biden so bald wie möglich weitreichende Raketensysteme vom Typ ATACMS zur Verfügung stellen sollte. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Mark Warner, gab im Gespräch mit dem US-Sender CBS ebenfalls Anzeichen auf eine Lieferung von ATACMS.
Bisher lieferten die USA Raketensysteme mit einer kürzeren Reichweite von 165 Kilometern. Die Ukraine wünscht sich ATACMS, welche eine Reichweite von 300 Kilometern erreichen.
Wann kann die Ukraine mit Lieferungen rechnen?
Warner äußerte im Gespräch mit dem US-Sender CBS weiter die Hoffnung, dass die Waffenlieferungen bis Ende der Woche unterwegs sein könnten, sofern Joe Biden das Gesetz unterschreibt. Die USA verfügen bereits seit Monaten über Waffenvorräte für die Ukraine. Diese wurden jedoch bisher nicht geliefert, weil dem Verteidigungsministerium das Geld ausgegangen ist. Das Ministerium hatte bereits sämtliche Finanzmittel aufgebraucht, die der US-Kongress zur Unterstützung der Ukraine bewilligt hatte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängte darauf, dass die zugesagten Militärhilfen schnell geliefert würden. Dem US-Sender NBC sagte Selenskyj: "Wir wollen die Dinge so schnell wie möglich vorantreiben, damit wir den Soldaten an der Front so schnell wie möglich greifbare Hilfe zukommen lassen können. Nicht erst in sechs Monaten." In diesem Kontext erinnerte der ukrainische Präsident noch einmal an die zugesagte Lieferung von Kampfjets vom Typ F-16. "Ein Jahr ist vergangen. Und wir haben die Jets noch immer nicht in der Ukraine."
Auch Olaf Scholz zeigte sich erfreut über die Botschaft aus Washington. "Wir hoffen sehr, dass es bald auch eine Entscheidung des Senats gibt, sodass diese Hilfe aus den USA für die Zukunft gesichert ist".
Welche Auswirkungen haben die Hilfen auf den Kriegsverlauf?
Die Ukraine schöpft nach der Zusage von der Unterstützung in Milliardenhöhe aus den USA neue Hoffnung in ihrem Kampf gegen die russische Invasion. Wolodymyr Selenskyj zeigte sich nach der Bekanntgabe aus Washington zuversichtlich: "Wir haben jetzt die Chance, die Situation zu stabilisieren und die Initiative zu ergreifen", sagte er dem US-Sender NBC.
Aus der Ukraine kommt allerdings auch Kritik, unter anderem vom Experten Alexij Haran. Man wäre zwar froh, dass die Hilfen nun genehmigt wurden, sie wären allerdings zu spät und nicht groß genug ausgefallen, sagte der Professor für vergleichende Politik an der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie.
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Matthew Savill, Direktor für Militärwissenschaften beim Thinktank Royal United Services Institute, sagte, die US-Hilfen würden dabei helfen, "die ukrainische Position in diesem Jahr zu stabilisieren und Vorbereitungen für Operationen im Jahr 2025 anzustoßen". Für das Jahr nach der kommenden US-Präsidentschaftswahl brauche es dann weitere Gelder.
Ähnlich argumentiert auch die Militärexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Dem ZDF sagte sie, die Ukraine wäre dank der US-Hilfen die dringendsten Sorgen der Munitionsknappheit und Luftverteidigung erst einmal los. "Die Ukraine und die europäischen Staaten haben etwa ein Jahr lang Zeit gewonnen, um sich zu überlegen, wie sie die langfristige Unterstützung politisch, militärisch, finanziell aufgleisen wollen", ordnete die Politikwissenschaftlerin ein.
Quellen: Tagesschau, ZDF, mit Material von DPA und AFP