Vielleicht war es ein Zufall, es könnte aber sehr wohl auch sauber gezielte Absicht gewesen sein: Dass die IG Metall der SPD unmittelbar nach der Präsentation ihres Kompetenz-Teams mit Blick auf die Bundestagswahl eine Ohrfeige verpasst. Keine Wahlempfehlung aus dem Mund dieser Gewerkschaft - das tut SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gewiss weh. Überrascht haben dürfte es ihn allerdings kaum.
Zum einen könnte es sich um ein taktisches Nein der Gewerkschaft gehandelt haben. Ein Blick auf die Umfragewerte genügt. Wer will sich schon gerne zu einem Partner bekennen, dessen politische Niederlage für die kommenden vier Jahre so gut wie sicher ist? Das gilt im Übrigen nicht nur für die Metaller. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund pflegt ja die Distanz zur potentiellen Verliererpartei SPD.
Inhaltliche Konflikte
Aber natürlich stecken in dieser metallenen Ohrfeige auch tiefer liegende Motive. Noch immer haben die Gewerkschaften ihren Frieden mit der Agenda-2010-Politik Gerhard Schröders und seines dafür zuständigen Strategen Steinmeier nicht gemacht. Zumal mit SPD-Absegnung in der Großen Koalition weitere für die Gewerkschaften schmerzhafte Reformen hinzukamen. Die Rente 67. Die Abstriche bei Hartz IV. Das schlappe Engagement der mitregierenden SPD für den Mindestlohn.
Und was sollen aufrechte Gewerkschafter davon halten, dass der SPD-Finanzminister immer mal wieder den SPD-Arbeitsminister ausbremsen oder madig machen durfte - natürlich nichts. Im Gewerkschaftslager ist Solidarität ein Wert, der im Blick zurück auf die gemeinsame Geschichte immer noch sehr viel mehr bedeutet als bei bürokratischen Sozialdemokraten vom Zuschnitt eines Peer Steinbrück.
IG Metall kuschelt mit der Union
Am härtesten müsste allerdings die SPD treffen, dass der IG-Metall-Chef Berthold Huber parallel zur Absage an die SPD mit schmeichelndem Lob für die CDU nicht spart. Die lasse in ihren Reihen Gespräche über soziale Gerechtigkeit erfreulich weit zu, ebenso Diskussionen über gewerkschaftliche Themen. Hier zahlt sich aus, dass ein Mann wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für Gewerkschaftseintritt wirbt und auf CDU-Parteitagen dafür immer wieder mit großem Applaus bedacht wird.
Und noch mehr wiegt, wie Angela Merkel selbst eine raffinierte Sozialdemokratisierung der Union betreibt. Seit die Spitzengenossen Steinmeier und Müntefering den SPD-Kurs bestimmen, wächst in den Gewerkschaften daher die Sehnsucht nach einem Kurt Beck, bei dem sie sehr viel stärker Interesse und Verständnis für die Positionen der Arbeitnehmer gefunden hatten.
Dass die Gewerkschaften sich der SPD von heute auf keinen Fall durch eine Wahlempfehlung praktisch ausliefern wollen, hat schließlich auch einen weiteren überaus gewichtigen strategischen Grund. Eine SPD, die für die bevorstehende Bundestagswahl absolut eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen hat, kann nicht ihr Partner sein. Lafontaines Linkspartei dürfen die Gewerkschaften auf keinen Fall in vergleichbarer Weise mit dem Brandmal einer Partei aus der Kaste der Unberührbaren versehen. Denn in die Linkspartei sind zahlreiche Gewerkschafter mit SPD-Parteibuch geflüchtet, werden dort sehr geschätzt und mit für sie genehmen politischen Positionen versorgt. Kuschelte sich die IG Metall jetzt wieder an die SPD, würden noch mehr ihrer Mitglieder zur Linkspartei flüchten.