Urlaub in Zeiten globaler Krisen Die Chefin von Tui-Cruises über die Auswirkungen des Krieges auf den Tourismus

Urlaub und Tourismus Wybcke Meier
Wybcke Meier, die Vorstandsvorsitzende von Tui Cruises, im Interview über Urlaub in Zeiten des Krieges
© Tui Cruises / Gregor Schläger
Welche Auswirkungen hat der Krieg auf den Urlaub im Sommer? Wycbke Meier ist die Leiterin der "Mein Schiff"-Flotte von Tui Cruises. Im Interview spricht sie über die Aussichten für den Urlaub 2022 und die globalen Krisen unserer Zeit.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RTL.de

Sie ist die mächtigste Frau in der deutschen Tourismus-Branche: Wybcke Meier dirigiert als Vorsitzende der Geschäftsführung von Tui Cruises die gesamte "Mein Schiff"-Flotte. Sie hat mit ihren sieben Kreuzfahrtschiffen, 630 Mitarbeitern an Land und rund 8.000 Besatzungsmitgliedern an Bord voll auf das Jahr 2022 gesetzt. Und dann kam nach zwei Jahren Corona-Pandemie der Krieg in der Ukraine. Was bedeuten Russlands Einmarsch, das Leid der Menschen in der Ukraine und der Teuer-Schock für den Kreuzfahrt-Urlaub 2022? Die fünf wichtigsten Fragen und Antworten – und ein Versprechen, das viele gern hören werden.

Die Bilder aus der Ukraine sind grauenvoll. Zerstörung, hunderttausende Menschen auf der Flucht. An Bord ihrer "Mein Schiff"-Flotte arbeiten viele Menschen aus der Ukraine. Wie gut fühlt es sich im Augenblick an, Kreuzfahrten zu verkaufen?

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat uns alle mehr als erschüttert. Ich schaudere, wenn ich mich in die Lage der Menschen reinversetze, in ihr unendliches Leid. Bei uns an Bord arbeiten ukrainische und russische Besatzungsmitglieder bestens zusammen. Wir bieten – wo immer das geht – auch die Möglichkeit, dass Crewmitglieder Familien nachholen. Es ist insgesamt gerade ein Wechselbad der Gefühle. Denn natürlich möchten wir auch nach den zwei Jahren der Pandemie, die bei jedem von uns Spuren hinterlassen hat, auch unbeschwerte Auszeiten auf See anbieten. Seit heute fahren wieder alle sieben unserer Schiffe. Ich habe auch die Verantwortung für Tausende Menschen, die sonst keine Arbeit hätten.

Ohne angesichts der Lage der Menschen in der Ukraine zynisch klingen zu wollen: Die Folgen des Krieges spüren die Deutschen im Geldbeutel. Alles wird teurer. Können sich ganz normale Familien in diesem Jahr noch Kreuzfahrten leisten?

Ja. Wir werden für Reisen mit der "Mein Schiff" keine Treibstoffzuschläge einführen – anders als die ein oder andere Fluggesellschaft das macht. Wir haben langfristige Verträge abgeschlossen. Deshalb werden wir im ersten Jahr, das sich nach der Pandemie normal anfühlt, unsere Kunden nicht mit Preissteigerungen verunsichern. Natürlich müssen wir als Reederei auch mehr für Lebensmittel bezahlen. Diese Preiserhöhungen geben wir nicht weiter. Wir wollen unseren Kunden so viel Sicherheit wie möglich geben. Deshalb gilt aktuell für Neubuchungen für den Sommer: Bis 30 Tage vor Reisebeginn können unsere Kunden kostenlos umbuchen.

Ihr Unternehmen hat die Folgen der Corona-Pandemie sehr deutlich zu spüren bekommen. Jetzt werden fast überall in Deutschland und Europa sämtliche Beschränkungen aufgehoben. Bei "Mein Schiff" verlangen Sie allerdings Impfungen, Tests und Masken – warum?

Für uns sind die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts die Basis. Um an Bord zu kommen, ist es vielleicht derzeit noch ein bisschen aufwändiger. Wir stellen aber fest, dass unser Umgang gut zu dem eigenverantwortlichen Umgang unserer Gäste mit der Situation passt. Wenn Sie hier sind, dann gilt die Maskenpflicht aber nur noch dort, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann. Bei uns haben alle Restaurants und Bars geöffnet, Sport und Wellness sind möglich. Auch das komplette Landausflugsprogramm wird angeboten und Gäste können individuell von Bord gehen. Am Pool müssen keine Masken getragen werden.

Was die Tests betrifft: Wir machen das, damit jeder Gast und wir zu Beginn der Reise einen aktuellen Test-Status hat. Damit bieten wir ein bisschen mehr Sicherheit als bei jeder anderen Reiseform.

Noch grundsätzlich zu den Regeln: Wir arbeiten eng mit den jeweiligen Behörden zusammen, denn jeder Hafen hat andere Vorschriften. Wir gehen davon aus, dass wir als Kreuzfahrtunternehmen eine Gleichbehandlung bekommen mit den Regeln, wie sie für Urlauber an Land gelten. Und natürlich schauen wir, wie wir die Regeln weiter lockern können, sofern die Situation das erlaubt.

Sie sind gerade in Griechenland, um mit dem Tourismus-Minister die Saison 2022 zu eröffnen. Auf welche Ziele setzen Sie mit Ihren Schiffen dieses Jahr?

Die Lieblingsdestinationen sind der Norden mit Norwegen und natürlich das Mittelmeer. Sowohl das westliche Mittelmeer als auch das östliche. Allein dort haben wir drei von sieben Schiffen. Im Sommer ist auch die Ostsee sehr beliebt. Natürlich haben wir Sankt Petersburg sofort von der Route gestrichen und zum Beispiel durch Helsinki (Finnland), Visby (Gotland) oder Klaípeda (Litauen) ersetzt. Und auch das muss man klar sagen: Ich sehe angesichts der dramatischen Lage keine Möglichkeit, Sankt Petersburg dieses Jahr noch anzusteuern. Das gilt leider auch für Odessa.

Ein Kreuzfahrtschiff von MSC liegt vor Ocean Cay, Bahamas.
Ein Kreuzfahrtschiff von MSC liegt vor Ocean Cay, Bahamas. 
© stern.de
Ocean Cay: Zwischen Palmen, Leuchtturm und Lagune

Die Deutschen haben in der Pandemie immer kurzfristiger gebucht, sagt der Deutsche Reiseverband. Was ist Ihre Empfehlung für den Urlaub 2022?

Insgesamt sehen wir wie alle eine sehr starke Nachfrage nach Reisen. Deshalb kann ich nur raten, früh zu buchen. Viele Familien sind die vergangenen Jahre vielleicht Zuhause geblieben und haben etwas mehr Geld gespart. Die Sehnsucht nach Urlaub ist eindeutig da.

Roger Saha, ldh, RTL.de

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