Anzeige
Anzeige

Stiftung Warentest Knochenjobs auf Kreuzfahrtschiffen: "Löhne zwischen 3 und 5 US-Dollar sind keine Seltenheit"

Hartes Arbeitspensum, wenig Lohn: Servicekräfte am Eingang zum Hauptrestaurant eines Kreuzfahrtschiffes
Hartes Arbeitspensum, wenig Lohn: Servicekräfte am Eingang zum Hauptrestaurant eines Kreuzfahrtschiffes
© Till Bartels
Sie arbeiten bis zu zehn Monate am Stück: das Personal auf Kreuzfahrtschiffen. Aber ihr Verdienst beträgt nicht mal die Hälfte des deutschen Mindestlohns. Stiftung Warentest hat die Arbeitsbedingungen auf Traumschiffen untersucht.

Sie bereisen die ganze Welt, legen fast jeden Tag in einem anderen Hafen an und sehen fast nie etwas vom Land. Sie arbeiten täglich bis zu zwölf Stunden, an sieben Tagen die Woche: die Aushilfen in Küche und Wäscherei an Bord von Kreuzfahrtschiffes. Doch wie steht es um ihre Arbeitsbedingungen? Darüber berichtet die neuste Ausgabe der Zeitschrift "Test". Im Fokus der Untersuchung steht das Hotel- und Servicepersonal der vier für den deutschen Markt wichtigsten Kreuzfahrt-Reedereien: Aida, Costa, MSC und Tui Cruises.

Meist stammen sie aus Niedriglohnländern wie Indonesien, den Philippinen oder Indien. Ihr Zuhause an Bord sind fensterlose Kabinen, mit Stockbett, Spind und Mini-Schreibtisch. Ein enger Raum, den sich bis zur vier Personen teilen müssen. Sie schuften tief im Bauch des Schiffes, bis zu zehn Monate am Stück, ehe sie wieder nach Hause zu ihren Angehörigen fliegen dürfen.

So sieht es in der Parallelwelt auf Traumschiffen aus. In den Restaurants, Bars und Shops nehmen die Passagiere das Personal meist als gut gelaunte Crew war, denen ein "Good morning, Sir" leicht über die Lippen geht.

Unter Deck herrscht eine Zweiklassengesellschaft

Tief im Bauch des Schiffes wird in der Küche geschuftet: Vorbereitung der Nachspeisen
Tief im Bauch des Schiffes wird in der Küche geschuftet: Vorbereitung der Nachspeisen
© Till Bartels

"Unter Deck herrscht eine Zweiklassengesellschaft", schreiben die Tester in Heft 1/2019. Die wenigen höher qualifizierten Angestellten, wie zum Beispiel ein Versorgungsoffizier, bleiben nicht länger als drei Monate an Bord. Sie sind meist EU-Bürger. "Küchen- und Deckhilfen, ergab unsere Untersuchung, verpflichten sich neun bis elf Monate am Stück. Sie verdienen weniger und erhalten vom Arbeitgeber nach Verlassen des Schiffes keine soziale Absicherung."

Nach kurzer Pause kehren sie aufs Schiff zurück - mit neuem Vertrag. "Etliche, mit denen wir gesprochen haben, machen jahrelang denselben Job - ohne in eine bessere Position aufzusteigen", heißt es im Test-Bericht.

Deutsches Arbeitsrecht umgehen

Kein Kreuzfahrtschiff fährt mehr unter deutscher Flagge. Aus Kostengründen schippert die Aida-Flotte unter italienscher Flagge. Denn Schiffseigner müssen in Italien keine Lohnsteuer abführen. MSC Cruises sitzt in der Schweiz, deren Schiffe sind in Panama und Malta registriert.

Malerarbeiten auf See: Die preiswerten Arbeitskräfte kommen meist aus Südostasien
Malerarbeiten auf See: Die preiswerten Arbeitskräfte kommen meist aus Südostasien
© Till Bartels

Auch die Schiffe von Tui Cruises tragen den Heimathafen Valletta am Heck: Auf Malta zählen nicht nur steuerliche Vorteile, dort existiert auch keine Quotenregelung für Beschäftigte aus EU-Ländern.

Die Gehälter liegen "deutlich unter dem deutschen Mindestlohn", der im Jahr 2018 8,84 Euro pro Stunde beträgt, heißt es in dem Artikel. Eine Vertreterin der Gewerkschaft nennt jedoch konkrete Zahlen: "Löhne zwischen 3 und 5 Dollar die Stunde sind keine Seltenheit." Das entspricht einem Stundenlohn von umgerechnet 2,65 bis 4,40 Euro.

Bei der Untersuchung der Verbraucherschützer schneiden die vier Reedereien in der Rubrik "Arbeitsbedingungen" lediglich mit einem "ausreichend" ab. Bei Tui Cruises gab es unter "Entlohnung" sogar ein "mangelhaft", weil die Reederei einen Einblick verweigerte. "Die extremen Arbeitszeiten und die geringen Löhne tragen dazu bei, dass Kreuzfahrten heute für viele erschwinglich sind", so lautet das bittere Fazit der Tester.

Das vollständige Kreuzfahrtpaket "So klappt es mit der Traumreise" finden Sie in "Test", Heft 1/2019 oder gegen Gebühr hier.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel