Im Januar 2017 sorgte das Sturmtief "Egon" mit Windstärke zehn für sieben Meter hohe Wellen in der Nordsee. Mittendrin war die "Aida Prima", das Flaggschiff von Aida Cruises. Durch den heftigen Seegang schwappte auf Deck 15 der Pool über, im Restaurant ging Geschirr zu Bruch und mehrere Menschen wurden bei Stürzen verletzt. Haben die Betroffenen einen Anspruch auf eine Reisepreisminderung?
"Schadensersatzansprüche nach solchen Zwischenfällen sind meistens ausgeschlossen. Stürze bei schwerem Seegang fallen in die Kategorie allgemeines Lebensrisiko", schreibt die Zeitschrift "Finanztest" . Unter dem Titel "So klappt die Traumreise" haben sich die Redakteure mit typischen Reklamationen bei Schiffsreisen auseinandergesetzt. Denn die Kreuzfahrtbranche boomt. Schon zwischen 2005 und 2015 hatte sich die Anzahl der Deutschen, die eine Hochseekreuzfahrt gebucht haben, auf 1,8 Millionen Kunden fast verdreifacht.
Geld für entgangene Urlaubsfreude
Passagiere haben keine Chance auf Minderung, wenn sie sich über das beschweren, was nach dem Reiserecht als Unannehmlichkeit gilt. Der auf Reiserecht spezialisierte Anwalt Kay Rodegra wird konkret: "Bei Kreuzfahrten gehören dazu Hafengeräusche, Dieselgeruch an Deck, Lärm beim An- und Ablegen, Wellengang während der Fahrt oder Mitreisende, die sich daneben benehmen."
Besser Karten haben Gäste nach seiner "Würzburger Tabelle", die zahlreiche Fälle aufführt, wenn ihnen anstatt der gebuchten Balkonkabine eine Innenkabine zugewiesen wurde. Es wird ein Fall genannt, bei dem ein Gast deshalb seine Kreuzfahrt abbrach, die Reederei verklagte und recht bekam: 80 Prozent des Reisepreises wurden ihm aufgrund der "entgangenen Urlaubsfreude" zugesprochen.
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Sollte kurzfristig die Route geändert und ein Hafen nicht angelaufen werden, der den Höhepunkt der Kreuzfahrt darstellt, können 50 Prozent des Reisepreises erstattet werden. Der Preisnachlass wird jedoch nicht gewährt, wenn das Schiff aufgrund eines Sturms den angekündigten Hafen nicht ansteuern kann.
Ärgernis automatische Trinkgeldabbuchung
Ein weiteres Ärgernis bietet das Thema Trinkgeld, das von den Reedereien ganz unterschiedlich behandelt wird: Bei einigen Veranstaltern ist es im Reisepreis bereits enthalten, bei anderen nicht und wird zum Teil automatisch vom Bordkonto abgebucht, ebenfalls für mitreisende Kinder. Schnell können so mittlere dreistellige Summen zusammenkommen. "Sofern Trinkgelder nur in den Fußnoten oder den allgemeinen Geschäftsbedingungen Ihrer Buchung erwähnt werden, können Sie sich gegen automatische Abbuchung wehren", schreiben die Tester.
Das Amtsgericht Rostock hatte einem Kläger fünf Prozent Preisnachlass eingeräumt, der sich darüber beschwert hatte, dass das Buffet im Selbstbedienungsrestaurant schlechter und leerer war, als er es von anderen Kreuzfahrten gewohnt war.

Sollten Mängel während einer Kreuzfahrt auftreten, rät "Finanztest" umgehend an Bord zu reklamieren. Sollten die Defizite nicht behoben werden, können sie mit Fotos und Zeugenaussagen dokumentiert werden.
Doch unter dem Strich hält sich der Ärger auf Schiffen in Grenzen. "Rund 80 Prozent der deutschen Kreuzfahrer sind Wiederholungstäter", lautet das Fazit der Zeitschrift "Finanztest". "Wer sich einmal Hochseeluft um die Nase hat wehen lassen, kommt offenbar gerne wieder."
Den gesamten Test "Kreuzfahrt: So klappt es mit der Traumreise" erhalten Sie gegen Gebühr unter www.test.de.
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