Häkkinen vor Schumacher
Schumacher belegte am Freitag im freien Training zum Großen Preis der USA den zweiten Platz hinter Mika Häkkinen. Der viermalige Formel-1-Weltmeister aus Kerpen benötigte auf dem 4,192 km langen Hochgeschwindigkeitskurs in Indianapolis 1:13,552 Minuten. Schumacher war damit 0,165 Sekunden langsamer als der Finne im McLaren-Mercedes. Rubens Barrichello (Brasilien) wurde im zweiten Ferrari Dritter vor dem Schotten David Coulthard im Silberpfeil.
Terroranschläge wirken noch nach
Angst vor weiteren Gewaltakten habe er keine, meinte Michael Schumacher bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor dem Rennen in Indianapolis. Trotzdem wird der Weltmeister auch an diesem Wochenende ohne seine vielbeschrieben Leidenschaft hinter dem Steuer des Ferrari sitzen. Die Terroranschläge vom 11. September und der schwere Unfall von Alessandro Zanardi beim Champ-Car-Rennen in der Lausitz habe er noch immer nicht komplett verarbeitet, räumte der Superstar der Formel 1 ein. »Ich kann nicht sagen, aus den Augen aus dem Sinn. Die Erfahrungen werde ich noch lange mit mir herumtragen. Es wird sich lange hinziehen, bis der normale Alltag wieder einzieht«, betonte der Weltmeister aus Kerpen.
Gefasst und nachdenklich
Dass sich die Gefühlswelt des Ferrari-Piloten, der vor zwölf Monaten auf dem Hochgeschwindigkeitskurs siegte, nach der »extremen Woche« noch nicht im gewohnten Lot befindet, war nicht nur an seinen Aussagen zu merken. Wie er unter strahlend blauem Himmel vor der Lounge seines Arbeitgebers saß und mit den Journalisten kommunizierte, erinnerte er eher an einen feinsinnigen Geisteswissenschaftler als an einen abgezockten Rennfahrer. Er wirkte gefasst und nachdenklich. Über Sportliches wollte der viermalige WM- Champion nicht reden. Unter ernsten Blicken setzte er jedes Wort wohlüberlegt. Lediglich einmal verzogen sich die Gesichtszüge zum süffisanten Grinsen - als es um seine angeblich geheime Flugroute nach Nordamerika ging, über die eine deutsche Zeitung exklusiv berichtet hatte.
Startverzicht kein Thema
Von Sensibilitäten wie Schumacher sie an den Tag legt, ist bei seinen Kollegen und Konkurrenten wenig zu spüren. Sie können freimütig Lachen und sind längst wieder auf »The show must go on« fixiert. Die Ex-Weltmeister Mika Häkkinen und Jacques Villeneuve oder Monza-Gewinner Pablo Montoya seien gekommen, um Verträge einzuhalten und um den Fans ein spannendes Rennen zu liefern. Ein Startverzicht stand für sie nie zur Diskussion. Das war auch für Schumacher »nicht wirklich ein Thema«. Allerdings räumte er ein: »Es gab Momente, wo man darüber nachgedacht hat, je nach dem, was man für Nachrichten gehört hat«.
Das Rennen ist zweitrangig
Der Rekord-Grand-Prix-Gewinner unterstrich noch einmal, dass ihm die Ferrari-Chefetage für Monza und Indianapolis die Entscheidung über einen Start frei gestellt hat. Vor heimischem Publikum, wo er sich als Viertplatzierter nicht als der »normale Rennfahrer Michael Schumacher« präsentierte, konnte er einfach nicht Nein sagen. Für Amerika wäre das kein Problem gewesen. »Wenn nicht meine Familie hinter mir gestanden und gesagt hätte: Fahr, dann wäre ich nicht gefahren. Das wäre dann sicher kein großes Ding gewesen«, sagte Schumacher, der sich nach all den furchtbaren Ereignissen genauso den Kopf zerbrochen hätte, wenn der WM-Titel noch nicht vergeben gewesen wäre. »Es macht keinen Unterschied, ob ich um die WM fahre oder nicht. Das Rennen ist zweitrangig. Entweder du empfindest oder du empfindest nicht«.
Richtig, hier zu fahren
Ob es pietätlos gewesen sei, dass Formel 1-Boss Bernie Ecclestone und Max Mosley, als Präsident des Weltverbandes FIA, die Piloten quasi zum Fahren gezwungen hätten, ließ Schumacher offen. Die Äußerung der Allmächtigen, »wir haben Senna überlebt, wir werden auch Schumacher überleben«, konterte er dagegen mit den Sätzen: »Das war mir schon klar. Ich habe das nie anders gesehen. Die Formel 1 gab es vor mir und sie wird nach mir stattfinden«. Aus heutiger Sicht sei es aber auf jeden Fall richtig, hier zu sein, erklärte der 32-jährige Rheinländer. Er reiste zwar erstmals ohne Ehefrau und Manager in sein geliebtes Amerika, glaubt aber, »dass wir jetzt in einer wesentlich sichereren Zeit leben, als jemals zuvor«.