Der Start erfolgt am Sonntagabend (17.00 Uhr MEZ) in der Wüste. Die 20 Rennautos werden zu Beginn der neuen Saison also gleichsam in den Sonnenuntergang rasen – die perfekte Kulisse für den Hochglanz-Millionen-Zirkus Formel 1 beim ersten von 23 WM-Rennen. Der traditionelle Auftakt im Albert Park von Melbourne fällt nun schon im zweiten Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer.
Dennoch kämpft die Formel 1 um die Rückkehr in die Normalität. In Bahrain werden rund 10.000 Zuschauer das Rennen verfolgen. Voraussetzung ist eine Impfung oder eine überstandene Covid-19-Erkrankung. Bei welchen weiteren Grands Prix Zuschauer dabei sein werden, lässt sich nicht vorhersagen, genauso wenig wie der Verlauf der Pandemie. Geisterrennen werden ebenso wieder stattfinden.
In Bahrain kommt es erstmal darauf an: Welches Team ist gut durch den Winter gekommen und hat den geringen Entwicklungsspielraum am besten genutzt? Verschieben sich die Machtverhältnisse oder fährt Lewis Hamilton zu seinem achten WM-Titel? Welche Chancen hat Sebastian Vettel mit seinem neuen Team Aston Martin und wie stellt sich der berühmteste Sohn der Formel 1 an, Mick Schumacher?
Hier ist sind die wichtigsten Antworten zur neuen Saison:
Lewis Hamilton und das Rätsel Mercedes
Besonders ein Bild blieb von den drei Testtagen im Gedächtnis, die ebenfalls in Bahrain stattfanden: Lewis Hamilton landete mit seinem schwarzen Mercedes im Kiesbett. Das Heck war ihm ausgebrochen. Die neuen Regeln für die Bodenplatte machen den Ingenieuren Ärger, dem Auto fehlt die Balance. Mercedes absolvierte die wenigsten Testrunden aller Teams und büßte deswegen den Favoritenstatus ein. Viele hoffen darauf, dass die brutale Dominanz des Weltmeister-Teams endlich bröckelt. Es würde dem Wettbewerb gut tun. Doch Mercedes ist für seine Tricksereien bekannt. In den vergangenen Jahren haben sie immer mit zusätzlichem Gewicht getestet und sich dann langsamer gemacht. Am Renntag, voilá, waren sie plötzlich wieder unschlagbar. Deshalb glauben viele, dass Mercedes blufft. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte: Das erfolgreichste Team der vergangenen Jahre hat vermutlich tatsächlich Probleme, wird sie aber schnell in den Griff bekommen. Ob es für einen Sieg beim Auftakt reicht, ist offen.
Max Verstappen und Red Bull stapeln tief
Der große Favorit in Bahrain ist Red Bull, die Tests liefen perfekt. Hinzu kommt, dass Fahrer Nummer 1, Max Verstappen, mit Sergio Perez ein starken, neuen Partner an seiner Seite hat. Red Bull als Team dürfte auf jeden Fall besser funktionieren. Doch trotz der beeindruckenden Testresultate stapeln alle Verantwortlichen wie Teamchef Christian Horner gewaltig tief. Tenor sämtlicher Interviews: Mercedes pokert, Mercedes bleibt Favorit. Derartige Aussagen gehören zu den üblichen Psychospielchen in der Formel 1 und sind (meistens) wenig glaubhaft. Dennoch ist die Hoffnung berechtigt, dass Red Bull dem großen Dominator zumindest ebenbürtig ist.
Mick Schumacher im Kampf gegen den Oligarchen-Sohn
Die Rückkehr des Namen Schumacher elektrisiert die Formel 1. Dazu passt, dass der Sohn auf sein bisheriges Kürzel SCH verzichtet und dafür das seines Vaters wiederbelebt, MSC. Nostalgie bedeutet in der Formel 1 viel, sie lebt von den eigenen Mythen und Legenden. Sie sind ihr ideeller Treibstoff. Der junge Schumacher weiß das genau und bedient die große Sehnsucht. Das spricht für sein Selbstbewusstsein. Es klang in der Vergangenheit immer glaubhaft, dass er sich nichts anderes wünscht, als in die Fußstapfen seines Übervaters zu treten. Er hat beharrlich sein Ziel verfolgt, Formel-1-Fahrer zu werden. Schumacher jr. weiß am besten, dass er im Haas-Rennwagen kaum über die hinteren Ränge hinausfahren wird. Am spannendsten wird deshalb der teaminterne Wettkampf gegen den Russen Nikita Masepin sein – auch er frisch in der Formel 1. Der junge Russe stellt in jeder Beziehung das Gegenteil zum artig und bescheiden auftretenden Schumacher dar. Masepin ist der Sohn eines Oligarchen und bislang nur durch ein Video aufgefallen, in dem er die Brust einer Freundin begrapscht. Sein Vorteil: Das Geld seines Vater hält den Rennstall Haas am Leben.
Sebastian Vettel und die neuen Zweifel
Nach den frustrierenden Jahren bei Ferrari, die einem Totalabsturz gleichkamen, will der Vierfach-Weltmeister im Aston Martin wieder angreifen. Das Problem: Die Tests liefen wirklich frustrierend. Das Auto zeigte einige Macken, deshalb sind Vorhersagen schwierig. In der vergangenen Saison war Racing Point (jetzt Aston Martin) das viertbeste Team. Vettel soll dem ambitionierten Mittelklasseteam nicht nur ein wenig Glanz verleihen, er soll natürlich die Entwicklung unterstützen und den Rennstall des Milliardärs Lawrence Stroll voranbringen. Dafür darf er wieder auf Podiums-Plätze hoffen. Doch die Testfahrten lassen vermuten, dass das Vorhaben schwieriger wird, als Vettel sich das vorgestellt hat.
Ferrari - das Mittelklasseteam
Eine zusätzliche Motivation für den 33-jährigen Vettel könnte es sein, dass er sein altes Team auf der Rennstrecke abhängt. Die Chance ist da. Ferrari ist in der vergangenen Saison komplett abgestürzt. Vettels Nachfolger heißt Carlos Sainz, der Nummer-1-Fahrer Charles Leclerc unterstützen soll. Bei den Probefahrten vor knapp zwei Wochen machte der neue Bolide einen leicht verbesserten Eindruck, aber mehr als ein gehobener Mittelfeldplatz wird kaum drin sein. Ferrari wird erst wieder eine Chance haben, wenn ab 2022 die Technik-Revolution kommt, die ein komplett neues Auto erfordert. In diesem Jahr wurden die Vorjahresautos im Grunde nur modifiziert. Ferrari bleibt ein Sorgenfall, es sei denn, Leclerc setzt aufgrund seines Talents einige Highlights.
Fernando Alonso kehrt zurück
Nach zwei Jahren Pause kehrt der 39-jährige Spanier in die Formel 1 zurück. Alonso soll dem Rennstall Alpine F1 die nötige Klasse verleihen. Ähnlich wie bei Aston Martin erhofft man sich einen Entwicklungsschub durch einen großen Namen. Das frühere Renault-Team will endlich zur Spitze aufrücken. Dafür wurde der langjährige Teamchef Cyril Abiteboul gefeuert und eine neue Doppelspitze installiert. Da kann man mit den Franzosen nur hoffen, dass Alonsos Fahrrad-Unfall vor wenigen Wochen kein Menetekel darstellt. Der Spanier hatte sich den Kiefer gebrochen und trägt jetzt Titanplatten.