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Sieg in der Champions League Ihre "brutale Mentalität" sichert den Bayern den Triple-Triumph

Champions League: Bayern-Stars feiern wilde Party nach Triple-Triumph
Sehen Sie im Video: Bayern-Stars feiern nach Champions-League-Triumph wilde Party.




Party-Stimmung in Rot und Weiß.


Der FC Bayern ist Champions-League-Sieger 2020.


Die Münchner besiegen Paris Saint-Germain mit 1:0 im Finale von Lissabon


und holen sich damit das zweite Triple – aus Meisterschaft, Pokal und Europacup – nach 2013.


Entsprechend ausgelassen feiern die Bayern-Stars ihren Triumph.


Auch auf dem teaminternen Empfang ging es heiß her.
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Selbst eine mittelmäßige Leistung reicht den Bayern zum Sieg: Der 1:0-Erfolg im Champions-League-Finale gegen Paris war in erster Linie eine Willens-Angelegenheit. Aber der Triumph von Lissabon hat auch greifbarere Gründe.
Von Klaus Bellstedt

Es war exakt 18.44 Uhr an diesem sommerlich-heißen Abend in Lissabon, als Joshua Kimmich als erster Bayern-Spieler den Rasen des Estadio da Luz betrat und - wie man in der Fußballersprache sagt - die Platzbesichtigung vornahm. Kimmich war in diesem Moment der einzige Akteur auf dem wunderbar gepflegten Geläuf, und er schien sehr bei sich zu sein. Der 25-Jährige hatte für einen kurzen Moment die rechte Hand zur Faust geballt, seine Augen waren dabei geschlossen. Die Szene verdeutlichte: Wohl niemand aus dieser famosen Mannschaft der Münchner wollte den Titel mehr.

Knapp vier Stunden später war es schließlich vollbracht. Der FC Bayern besiegte Paris Saint-Germain knapp mit 1:0 und sicherte sich damit nicht nur das Triple, sondern nach 2001 und 2013 auch zum dritten Mal den Champions-League-Titel.

FC Bayern hat unerwartete Schwierigkeiten

Kimmich hatte seinen unmittelbaren Anteil am Sieg. Der hochtalentierte defensive Mittelfeldspieler, von Trainer Hansi Flick auf der rechten Abwehrseite aufgeboten, bereitete mit einer traumhaften Chip-Flanke den einzigen Treffer des Abends vor. Es war schließlich Kingsley Coman, einem gebürtigen Pariser, vorbehalten, dieses Geschenk von einer Flanke auszuwickeln und per Kopf aus kurzer Distanz zu vollenden (59.). Es war eine der wenigen Offensivaktionen von Kimmich. Das allein zeigt: Dieses Finale verlief ungewöhnlicher, als man vielleicht im Vorfeld hätte denken können. Vor allem in der ersten Hälfte. 

Die Bayern gingen nicht zuletzt wegen des furchteinflössenden 8:2-Erfolgs gegen den FC Barcelona im Viertelfinale dieses Champions-League-Corona-Turniers in Lissabon als leichter Favorit in das Endspiel gegen PSG. Flicks Mannschaft hatte bis hierhin alle 10 Spiele der Königsklassen-Saison gewonnen. Wettbewerbsübergreifend hatten die Bayern seit Dezember 2019 nicht mehr verloren.

Aber am Sonntagabend sah es lange so aus, als könnte diese unheimliche Serie enden. Die Bayern fanden nur schwer in die Partie, sie agierten viel zu statisch und vermieden insbesondere im Spiel nach vorne jegliches Risiko. Die sonst so hochgelobte erste Pressing-Reihe der Münchner wurde von den fußballerisch starken Abwehrspielern der Pariser einfach ignoriert. Hinzu kam aber auch, dass ein sogenannter Scharnierspieler wie Kimmich in der Defensive gebunden war, weil sein Gegenspieler Kylian Mbappè hieß. Davon abgesehen lieferten sich die beiden auch aus neutraler Beobachtersicht fantastische Zweikämpfe. Das Gute aus Bayern-Perspektive: Als Verlierer ging der willensstarke Kimmich jedenfalls nicht aus diesem Weltklasse-Duell. Im Gegenteil.

Tuchel: "Fast schon Wettbewerbsverzerrung"

Dennoch: Es hakte lange Zeit im Spiel der Bayern. Und manchmal sah es sogar ein bisschen nach Bolzplatz aus. Es war vor allem Torhüter Manuel Neuer, neben Kimmich und Mittelfeld-Staubsauger Thiago, Bayerns stärkster Spieler in diesem Finale, der die Mannschaft mit unglaublichen Paraden in der Partie hielt. In jeden Saisonrückblick wird es dabei die 18. Minute schaffen, als Neuer mit einem aberwitzigen Doppel-Save gegen Neymar den Rückstand der Bayern verhinderte. Aber auch in der zweiten Hälfte, als sich die Münchner langsam stabilisierten und dominanter wurden, war es der Nationaltorhüter, der mit zahlreichen zum Teil spektakulären Rettungsaktionen mehr und mehr zum Matchwinner avancierte.

Angesprochen auf den "Faktor Neuer" in diesem Endspiel, sagte Thomas Tuchel, Tainer von PSG, hinterher: "Das hatte schon fast etwas von Wettbewerbsverzerrung. Wir haben zwar auch einen guten Torwart, aber Manu hat das Torwartspiel auf ein neues Niveau gehoben." Tuchel lächelte dabei sehr freundlich. Und sehr resignierend. 

Erstaunlich und doch nachvollziehbar war es, dass das etwas überraschende 1:0 durch Coman nach einer Stunde den Parisern den Stecker zog. Die Mannschaft, die bis dahin reifer und abgeklärter wirkte und die auch die besseren Chancen besaß, war fortan nur noch ein Schatten ihrer selbst. Von der Offensivwucht, verkörpert durch das Trio-Infernale Mbappé-Neymar-di Maria, war nur noch wenig bis nichts zu spüren. Je öfter die Angriffe von PSG ins Leere liefen, desto selbstsicherer wurden die Bayern. Mit der Führung im Rücken war der Glaube an die eigene Stärke zurück, der Ball lief sicherer und auch die Körpersprache von Müller, Lewandowski, Goretzka und Co. ließ erahnen: Das Ding würden sich die Bayern nicht mehr nehmen lassen. Es zeichnet große Mannschaften aus, dass sie - selbst wenn sie nicht ihren besten Tag haben -  die wirklich wichtigen Spiele für sich entscheiden. Der FC Bayern im August 2020 ist definitiv so eine große Mannschaft.

"Wir sind füreinander da. Wir haben den Spirit. Die Jungs sind bereit zu leiden", verriet Thomas Müller im Anschluss auf die Frage des Reporters nach dem Erfolgsrezept. Und dann folgte noch ein bemerkenswerter Satz: "Die Mentalität der Truppe ist brutal."

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Hansi Flick hat aus den Bayern ein Team gemacht

Einen großen Anteil daran hat in erster Linie der Trainer. Hansi Flick, der die Bayern im November letzten Jahres in einem kümmerlichen Zustand übernahm, hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Mannschaft hinter sich zu bringen und eine Atmosphäre des Miteinanders zu etablieren. Dieser Gemeinschaftsgedanke, das haben seine Spieler immer wieder betont, kommt in der Kabine enorm gut an. Aber Flick kann eben auch mehr. Es war schon einigermaßen überraschend und auch etwas riskant, dass der Coach im Finale Kingsley Coman für den zuletzt überzeugenden Ivan Perisic in die Startelf beordert hatte. Es war der einzige Wechsel im Vergleich zum Halbfinale gegen Lyon. Dass es der Franzose war, der den Siegtreffer in diesem Champions-League-Endspiel für die Bayern erzielte, ist ein weiterer Beleg dafür, wie hoch auch der handwerkliche Anteil von Flick an diesem historischen Triumph der Münchner ist. 

Auch die Großspurigkeit und Arroganz, die Teile der Bayern-Verantwortlichen immer mal wieder ausstrahlen, ist dem Trainer fremd. "Wir haben eine gute Atmosphäre in der Mannschaft und legen viel Wert auf gegenseitige Wertschätzung", so der Trainer in der Nacht seines bisher größten beruflichen Erfolgs. Aber Flick wäre nicht Flick, wenn er im Moment des höchsten Glücks nicht noch folgenden Satz fallen gelassen hätte: "Dieser Erfolg ist nur gemietet - und die Miete ist jeden Tag fällig." Es klang wie eine Drohung.

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