Vor einem Jahr war es zum gleichen Zeitpunkt ein packender Titel-Zweikampf zwischen Bayern München und Schalke 04. Jetzt droht in der Endphase der Fußball-Bundesliga die Langeweile: Die Bayern marschieren unaufhaltsam ihrer 20. Meisterschaft entgegen. 2005 lagen die Roten aus München und die Königsblauen aus Gelsenkirchen vor dem 27. Durchgang gleichauf, nun trennen den Spitzenreiter vom Hamburger SV sechs und von den Schalkern auf Rang drei schon elf Punkte.
Es sind klare Verhältnisse: Erst München, dann das Trio HSV, Schalke und Werder Bremen. Trotzdem warnt Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge: "Wir dürfen uns jetzt nicht zurücklehnen. Gegen Duisburg und Köln kommen zwei Spiele, aus denen wir sechs Punkte holen müssen, um Platz eins zu untermauern." Am Ende liegen die Auf- und designierten Absteiger 1. FC Köln und MSV Duisburg, dazwischen Uefa- Cup-Aspiranten im halben Dutzend. Die Kandidatenliste auf einen internationalen Startplatz reicht vom VfB Stuttgart (Platz 5/36 Punkte), der gegen Bayer Leverkusen antritt, bis zu Arminia Bielefeld (Platz 12/30) vor deren Duell mit dem punktgleichen 1. FC Nürnberg.
Letzte Chance für den FC
Der ehemalige Münchner Jürgen Kohler gibt sich vor dem Gastspiel des Titelfavoriten als MSV-Coach selbstbewusst: "Die Bayern kommen zum rechten Zeitpunkt. Das ist das leichteste Spiel des Jahres." Für Kohler sind zusätzliche Motivationseinheiten gegen den Meister unnötig. Tobias Willi, Alexander Bugera und der zuletzt Rot-gesperrte Marino Biliskov kehren in das Duisburger Team zurück. Bei den Bayern muss Felix Magath auf den verletzten Michael Ballack (Schambein-Entzündung) und den gesperrten Willy Sagnol verzichten. Weltmeister Lucio und Nationalspieler Bastian Schweinsteiger kehren zurück.
Der MSV kämpft um seine vorletzte Chance, in Köln ist es bei neun Zählern Rückstand auf den rettenden 15. Platz gegen Mit-Aufsteiger Eintracht Frankfurt die letzte. Lukas Podolski ist völlig außer Form, der letzte Heimsieg liegt Ewigkeiten zurück (2:1 am 17. September 2005 gegen Mönchengladbach), alle Besserungs-Maßnahmen verpufften. Der vierte Abstieg ist kaum noch zu verhindern, und dennoch werden erneut 50.000 Fans im RheinEnergieStadion erwartet.
HSV will weiteren Schritt Richtung Champions League machen
FC-Präsident Wolfgang Overath fürchtet, am 13. Mai vor den Trümmern einer Saison zu stehen: "Wenn die Spieler nicht bereit sind, in dieser Situation das Allerletzte zu geben, dann ist irgendetwas nicht in Ordnung." Der Schweizer Trainer Hanspeter Latour, als Retter geholt, sieht bei Podolski den Mangel, dass "die Erwartungshaltung entgegengesetzt zu seiner momentanen Verfassung ist". Generell habe das Team die "riesige Verpflichtung, alles zu geben": Latour will zumindest für einen ehrenhaften Abschied aus der Liga sorgen.
Sein Hamburger Kollege Thomas Doll kennt derartige Probleme nicht: "Die Jungs brennen", sagte Doll vor dem Duell mit Borussia Dortmund. Ailton ist gegen den HSV-Angstgegner nach langer Verletzung wieder dabei. Doll: "Er hat mehr Sicherheit in den Beinen, im ganzen Körper und natürlich auch im Kopf." Gegen den BVB hat der HSV letztmals am 24. Mai 1997 (2:1) ein Heimspiel gewonnen. "Damit sollten wir uns nicht lange aufhalten", sagte Doll, der mit seinem Team am 2. April "auf Schalke" antreten muss und bis dahin einen großen Schritt Richtung Champions League gemacht haben will.
Werder stark unter Druck
Bei den Schalkern war laut Trainer Mirko Slomka nach dem 0:3 in München "die Enttäuschung natürlich groß. Doch vor der Partie gegen den wie der 1. FC Kaiserslautern (Platz 16/24 Punkte) arg gefährdeten VfL Wolfsburg (15/27) stellte Slomka im Training "Aggressivität, Siegeswillen und Motivation" fest. Nationalstürmer Kevin Kuranyi kehrt zurück. Dagegen zerschlugen sich beim VfL die Hoffnungen auf ein Comeback des Ex-Schalkers Mike Hanke. Werder Bremen ist nach drei Spielen ohne Sieg gegen Hannover 96 darum bemüht, den Anschluss nicht ganz zu verlieren. Der Tabellen-14. Mainz 05 und die sechstplatzierte Berliner Hertha haben zuletzt zwei Mal hintereinander gewonnen und treffen jetzt am Bruchweg aufeinander.
DPA