Nach Sieg über Dortmund Bayern ist die beste Mannschaft Europas - langweilig ist das nicht

Von Felix Hutt, München
Bayern München demontiert Borussia Dortmund und entledigt sich des letzten Konkurrenten, dem man zugetraut hatte, den Rekordmeister zu ärgern. Aber langweilig ist das keineswegs, sondern verdienter Lohn.

Nein, die Meisterschale wurde an diesem Sonntagabend in der Allianz Arena noch nicht übergeben. Und ja, all’ die seriösen Fußballerklärer haben natürlich recht, nach dem achten Bundesliga-Spieltag von einer Vorentscheidung zu sprechen, ist so etwas von unseriös. Aber mal unter uns: Zweifelt jemand nach dieser Gala daran, dass die Bayern nächstes Frühjahr auf dem Münchener Rathausbalkon die vierte Deutsche Meisterschaft in Folge feiern werden?

Vom Duell der Trainer, Thomas Tuchel (sehr schlank, Trainingsanzug) gegen Pep Guardiola (sehr schlank, Maßanzug) wurde im Vorfeld berichtet, und von dem der Torjäger, Pierre-Emerick Aubameyang (9 Tore, Lamborghini Aventador, gold-metallic) gegen Robert Lewandowski (10 Tore, Ferrari F12 Berlinetta, rot). Man gab sich Mühe, den Eindruck zu erwecken, als würden hier zwei ebenbürtige Mannschaften gegeneinander antreten. Aber das sind sie nicht. Bayern München ist aktuell die beste Mannschaft Europas. Borussia Dortmund eine der besten der Bundesliga. Schnell war das Geplänkel Makulatur. Zu klar, zu einfach wirkte der 5:1-Sieg. 

Positionsspiel in Perfektion

Nach 25 Minuten des Taktierens erlöste Thomas Müller die Münchner Fans, von denen viele vom Oktoberfest kamen und äußerst gut gelaunt waren. Danach schauten die Bayern nicht mehr zurück, ließen sich auch von Aubameyangs Anschlusstreffer vor der Halbzeit nicht beirren. Da hatte Lewandowski noch nicht getroffen, zudem schießen die Münchner dieses Jahr 83 Prozent ihrer Tore in der zweiten Halbzeit.

Neben einer überragenden Defensive um Boateng, Martinez, Alaba, Lahm und Alonso, die bisher nur vier Gegentore in der Bundesliga zugelassen hat, schießt Bayern München zurzeit Tore, die wie gezeichnet wirken, wie Spielzüge im Basketball, die der Trainer in einer Auszeit vorgibt. Betrachtet man zum Beispiel das 4:1 (auch wenn es eventuell abseits war), das von einem Ballgewinn im Mittelfeld ausging, und über Alonso, Lahm, Götze, Lewandowski sehr direkt zum Tor führte, muss man feststellen, dass hier Positionsspiel in Perfektion vorgeführt wurde. Hier ist eine Mannschaft am Werke, die wie ein eingespieltes Orchester funktioniert und deren Dirigent, Pep Guardiola, im dritten Jahr seines Wirkens in München so konstruktiv und souverän anleitet, dass man sich nicht vorstellen kann, warum er seinen Vertrag nicht endlich über diese Saison hinaus verlängern mag.

Kluge Einkäufe

Aber der Erfolg der Bayern im Frühherbst kennt noch einen anderen Vater, der im Hintergrund agiert: Michael Reschke, im zweiten Jahr Technischer Direktor des FC Bayern München. Seine Einkäufe und seine Kaderplanung müssen schlicht als brillant bezeichnet werden: Arturo Vidal, Douglas Costa, Kingsley Coman, Joshua Kimmich und sogar der stille Sven Ulreich ergänzen den Kader an den Stellen, wo es letztes Jahr hakte. Wo Verletzungen von Stars wie Arjen Robben und Franck Ribery die erfolgsverwöhnten Münchner aus der Bahn warfen. 

Heute sprintet Costa die Außenbahnen hoch und runter, passt fast immer gefährlich in die Mitte, dass man sich nicht vorstellen kann, wie man diesen - lange unentdeckten - Weltklassespieler auf die Bank setzen könnte. Oder Kimmich, den Guardiola schon zum Nationalspieler ausruft und der aussieht, als wachse ihm noch kein Bart, der aber schon jetzt zu den besten Sechsern der Bundesliga gehört. Oder Coman, Mitläufer bei Juventus Turin, der bei Bayern sehr effektiv und torgefährlich agiert. Kimmich ist 20, Coman gar erst 19 Jahre alt.

"Tja", antwortete Thomas Tuchel bei der Pressekonferenz nach dem Spiel auf die Frage, ob die Bayern zu stoppen seien, "natürlich nicht“. Er lobte die Qualität, die Atmosphäre, die Schärfe des Gegners. Bayern München hat an diesem Abend nicht nur seinen Verfolger demoralisiert und abgehängt und sich sieben Punkte Vorsprung in der Tabelle erarbeitet. Es hat dank Reschkes intelligenten Verpflichtungen längst auch für seine Zukunft gesorgt. Eine Zukunft, die für den Rest von Fußball-Deutschland sehr langweilig werden könnte. 

PRODUKTE & TIPPS