Dieser Tage wird das berühmteste Kaffeeservice der deutschen Fußballgeschichte mal wieder aus der Anekdotenkiste gezogen. Und wer die Story wirklich nicht mehr hören kann, der darf gerne zum nächsten Absatz springen. Für die anderen in aller Kürze: Als die deutschen Fußballfrauen 1989 erstmals Europameister wurden, handelte es sich bei ihnen noch um reine Amateure. Geldprämien waren für sie nicht vorgesehen. Daher erhielt jede Spielerin für den Titelgewinn vom DFB zum Dank ein Porzellanservice mit Blümchenmuster, 41 Teile, made by Villeroy & Boch.
Diese Zeiten sind lange vorbei – der Frauenfußball hat sich seinen Platz im Profisport mittlerweile erkämpft. Wenn das DFB-Team bei der am 20. Juli startenden WM in Australien und Neuseeland um den Titel spielt, dann geht es dort auch um die mit Abstand höchsten Prämien, die bisher im Weltfußball der Frauen gezahlt wurden. Denn im Vergleich zur letzten WM hat die Fifa den Prämientopf fast vervierfacht. Statt 30 Millionen US-Dollar wie vor vier Jahren werden nun insgesamt 110 Millionen Dollar (rund 100 Millionen Euro) an die teilnehmenden Verbände ausgeschüttet. Das ist zwar immer noch deutlich weniger als bei den Männern – bei der WM in Katar wurden 440 Millionen Dollar an Prämien verteilt – aber doch deutlich mehr Geld, als es in vielen anderen Sportarten zu gewinnen gibt.
Zudem kümmert sich die oft gescholtene Fifa höchstselbst darum, dass der Prämienregen auch bei den Spielerinnen ankommt – und nicht in den Kassen der nationalen Verbände verschwindet. Die Fifa hat erstmals festgelegt, dass 60 Prozent des Preisgeldes direkt an die Spielerinnen gezahlt wird. Jede deutsche Nationalspielerin im Kader erhält so schon allein als Antrittsgeld 30.000 Dollar. Erreichen die Spielerinnen das Achtelfinale, verdoppelt sich die Prämie auf 60.000 Dollar. Diese Summe hätten die DFB-Frauen vor zwei Jahren erst für den (knapp verpassten) EM-Titel bekommen.
WM-Titel bringt 250.000 Euro
Mit jeder in Down Under überstandenen Runde erhöhen sich die Preisgelder weiter. Für das Erreichen des Viertelfinales gibt es 90.000 Dollar, für den vierten Platz 165.000, für den dritten 180.000 und für den zweiten Platz 195.000 Dollar. Der Weltmeistertitel schließlich würde jeder Spielerin einen Scheck über 270.000 Dollar (rund 250.000 Euro) bescheren. Zum Vergleich: Die Männer von Hansi Flick hätten für den Titel in Katar 400.000 Euro pro Kopf bekommen.
Um das von Bundeskanzler Olaf Scholz vergangenes Jahr geforderte Equal Pay zu erreichen, müsste der DFB also noch ein bisschen was aus eigener Tasche drauflegen. Das hat er allerdings nicht vor und verweist darauf, dass bislang nur in den USA, Norwegen und Wales Equal Pay bei den Prämien praktiziert werde. Zudem hätte der Männer-Titel dem DFB selbst auch das Zehnfache an Fifa-Geld eingebracht, was er für den Titelgewinn der Frauen bekäme – und dementsprechend mehr zu verteilen gehabt.
Angesichts der sprunghaften Entwicklung der Frauen-Prämien wollen sich die Aktiven über die verbliebene Diskrepanz aber nicht groß beschweren. Mannschaftkapitänin Alexandra Popp hat im Trainingslager erklärt, die Spielerinnen seien "grundsätzlich sehr zufrieden" mit den Prämien. Unterm Strich nähern sich die Geldsummen auf der Hochglanzbühne Weltmeisterschaft dem Ziel Equal Pay zumindest tendenziell an.
Top-Gehälter sind die Ausnahme
Die deutlich größere Diskrepanz zum Männerfußball besteht ohnehin in den Gehältern auf Club-Ebene. Internationale Stars und Top-Verdienerinnen wie Australiens Rekordtorschützin Sam Kerr (FC Chelsea) oder die mittlerweile aus dem US-Team zurückgetretene Rekordspielerin Carli Lloyd (New Jersey) bekommen Schätzungen zufolge etwa eine halbe Million Dollar Gehalt im Jahr. Diese Summe verdient Cristiano Ronaldo (Jahresgehalt: 200 Millionen) in Saudi-Arabien mit einmal Schlafen.
Auch bei den Ablösesummen sind die Dimensionen ähnlich. Der Weltrekordtransfer von Keira Walsh von Manchester City zum FC Barcelona kostete die Katalanen vergangenes Jahr gut 400.000 Euro Ablöse. Bei den Männern sind 100 Millionen Ablöse für einen Weltklassespieler heute fast schon normal, für Neymar legte Paris Saint-Germain vor fünf Jahren gar 222 Millionen Euro hin.
Als bestbezahlte Fußballerinnen der Welt führt das Wirtschaftsmagazin Forbes die US-Legenden Alex Morgan und Megan Rapinoe. Sie haben 2022 jeweils geschätzte 5,7 Millionen Dollar verdient – den Großteil davon allerdings mit Werbe- und Investmentdeals. Die Beiden sind längst mehr als nur gute Sportlerinnen, sondern auch abseits des Spielfeldes Ikonen ihres Landes.
Bundesliga hinkt hinterher
In einer solchen monetären Liga spielt keine deutsche Spielerin auch nur ansatzweise mit. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, aber nur einzelne Top-Spielerinnen dürften inklusive Prämien und Werbeverträgen auf ein niedriges sechsstelliges Jahressalär kommen. Die meisten Bundesliga-Spielerinnen sind schon froh, wenn das Gehalt vom Verein überhaupt für den Lebensunterhalt reicht.
Selbst in der ersten Liga haben Spielerinnen nebenbei noch einen Zweit-Job, denn abseits der Top-Klubs Bayern München und VfL Wolfsburg wird oft nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Nationalspielerin Lina Magull forderte daher kürzlich öffentlich einen Mindestlohn für professionelle Fußballerinnen in Deutschland. Ab der 2. Liga sollten Spielerinnen zumindest 2000 bis 3000 Euro im Monat verdienen, damit sie sich im Wesentlichen auf den Sport konzentrieren können, sagte Magull.
Zwar stiegen die Gehälter, wie auch die Zuschauerzahlen, in der Bundesliga zuletzt an – allerdings auf überschaubarem Niveau. Im Schnitt gaben die Bundesligisten in der Saison 2021/2022 für den gesamten Kader 1,6 Millionen Euro aus (nach 1,3 Millionen in der Vorsaison), wie aus dem aktuellsten Saisonreport des DFB hervorgeht. Und selbst diese Ausgaben waren nicht von den Einnahmen gedeckt, im Schnitt machten die zwölf Vereine 1,5 Millionen Euro Miese. Das Wachstum im Frauenfußball wird derzeit von Vereinen mit erfolgreichen Männerteams getrieben, die sich die Investitionen und roten Zahlen leisten können.
In diesen Stadien in Australien und Neuseeland findet die WM der Frauen statt

Neidischer Blick nach England
Im europäischen Vergleich haben die Top-Klubs aus Spanien, England und Frankreich mittlerweile die Nase vorn. Dominierten bis 2015 noch die deutschen Teams, so ging der Champions-League-Titel in den vergangenen acht Jahren immer nach Lyon oder Barcelona, die ihre Star-Ensemble auch mit vergleichsweise attraktiven Gehältern formten.
Als finanzielles Vorbild gilt in jüngster Zeit aber insbesondere die englische Liga. Dort gibt es seit 2021 einen lukrativen TV-Vertrag, der den Vereinen mehr als zehn Millionen Pfund pro Jahr einbringt. Mit professionellen Strukturen und richtigen Profi-Gehältern erhöhen die Engländer die Attraktivität der Women's Super League, was wiederum von Zuschauern und Geldgebern honoriert wird. Den neidischen Blick nach England, den haben die Fußballerinnen mit den Männern gemein.