Fußball-Nationalmannschaft Routiniers sollen es richten

Die deutsche Nationalmannschaft hat ihre Moskau-Reise angetreten. Bei allen Beteiligten dominierte kurz vor der Abreise die Zuversicht, mindestens einen Punkt gegen Russland holen zu können. Für die Startaufstellung vertraut Löw wohl vor allem den erfahrenen Spielern.

Die Startelf steht, die Anspannung steigt - in sehnsüchtiger Erwartung des "Endspiels" gegen Russland haben Kapitän Michael Ballack & Co ihre heikle WM-Mission angetreten. Schon an Bord des Lufthansa-Airbus war am Donnerstag die große Konzentration auf den Kunstrasen-Ernstfall zu spüren, der Countdown für die schwersten 90 Minuten der gesamten WM-Qualifikation geht an die Nerven. Alle im rund 60-köpfigen DFB-Tross um Bundestrainer Joachim Löw sind bereits fokussiert auf den Anpfiff am Samstag (ab 17.00 Uhr im stern.de-Liveticker) im Luschniki Stadion. "Man ist froh, wenn es losgeht", verdeutlichte Teammanager Oliver Bierhoff den extremen Spannungszustand rund um das Team: "Wir sind voll ausgerichtet auf Russland. Die Spieler sind heiß, wollen spielen und die Qualifikation klarmachen."

Zuversicht vor dem großen Finale

Löw und seine Mannen demonstrierten Zuversicht und sogar Vorfreude vor dem Einzug ins Nobel-Hotel "Baltschug Kempinski" unweit des Roten Platzes und mit Blick auf den Kreml. Ein Sieg beim Konkurrenten um Platz eins ist das Wunschziel, ein Punkt im Gruppen-Gipfel der Minimal-Auftrag: "Die Konstellation, auf jemanden angewiesen zu sein, wollen wir mit aller Macht verhindern", betonte Löw. Bei einem Unentschieden würde die DFB-Elf die Tabellenführung behaupten und könnte am kommenden Mittwoch in Hamburg im letzten Gruppenspiel gegen Finnland aus eigener Kraft das WM-Ticket nach Südafrika lösen.

"Wir werden das schon schaffen", meinte DFB-Präsident und Delegationsleiter Theo Zwanziger zuversichtlich. Erst zwei von 72 WM-Qualifikationsspielen hat die deutsche Elf verloren - auswärts ist sie sogar noch ungeschlagen. Das macht Mut, ist aber keine Garantie. "Es ist enorm wichtig für den DFB und den deutschen Fußball, sich zu qualifizieren", verdeutlichte Bierhoff. Moskau wird auch zu einem Millionenspiel für den Verband - und womöglich ein großer Zahltag für die Nationalspieler. Vier Millionen Euro an Prämien muss der DFB bei der direkten WM-Qualifikation an insgesamt 35 Akteure auszahlen. 20.000 Euro pro Mann gibt es pro Qualifikations-Partie, die Maximal- Summe von 200.000 Euro winkt den drei Bayern-Profis Philipp Lahm, Mario Gomez und Bastian Schweinsteiger sowie Piotr Trochowski (HSV), Heiko Westermann (Schalke) und Thomas Hitzlsperger (VfB Stuttgart).

Löw vertraut auf Routine

In der Kraftprobe mit Russlands Kollektiv um den hochgelobten und gefürchteten Ausnahmekönner Andrej Arschawin plant Löw keine gewagten Experimente, sondern vertraut in erster Linie auf Routine. "Die Erfahrung ist ein wichtiger Faktor", sagte Bierhoff, was neben Ballack vor allem für in vielen Schlachten gestählte Akteure wie Klose, Schweinsteiger, Lahm, Mertesacker, Podolski, aber auch den womöglich wieder rechts verteidigenden Arne Friedrich spricht.

Dass Löw in einer besonderen Drucksituation auf Bewährtes zurückgreift, belegt etwa die Rückversetzung Lahms auf die linke Abwehrseite, auf der er in den Mainzer Tagen trainierte. Für Thomas Hitzlsperger könnte im Zweikampf mit Simon Rolfes um die Rolle als Ballacks Partner im Mittelfeld sprechen, dass er in allen acht bisherigen Quali-Partien in der Startelf stand, auch beim 2:1 im Hinspiel gegen die Russen. "Wir sind konzentriert, angespannt, aber auch voller Vorfreude", sagte der Stuttgarter vor seinem 50. Länderspiel.

Kunstrasen-Problematik in aller Munde

Startformation, System und Taktik hat der Bundestrainer längst im Kopf. "Die Trainer haben schon klare Vorstellungen, wie sie spielen wollen", bestätigte Bierhoff. Verraten über die eigenen Pläne wird möglichst wenig, auch, um Russlands erfahrenen Trainer Guus Hiddink ein wenig Kopfzerbrechen zu bereiten. "Es ist gut, dass es für die Russen offen ist", meinte Bierhoff. Man selbst rechnet mit einem aggressiven und stürmischen Gastgeber. "Die Russen werden offensiv auftreten, da müssen wir höllisch aufpassen", warnte Innenverteidiger Westermann. Eine kompakte Defensive steht im Vordergrund: "Das Wichtigste ist, dass wir das Zentrum dicht bekommen", mahnte Lahm.

Die größte Unwägbarkeit bleibt aber der Kunstrasen. Vor der Generalprobe beim Abschlusstraining am Freitag im Luschniki-Stadion reduzierte Löw bei der letzten Übungseinheit in Mainz erneut die Belastung, auch wenn Bierhoff keine körperlichen Probleme befürchtet: "Wir haben durchtrainierte Spieler, die können das verpacken." Taktik-Schulung und Standardsituationen bildeten am Donnerstag den Schwerpunkt, der ungeliebte Belag bleibt ein vorherrschendes Thema, auch wenn Bierhoff ein Ende der Debatten anmahnte: "Wir dürfen den Kunstrasen nicht als Problem betrachten."

Die voraussichtliche Aufstellung:


Adler - Friedrich, Mertesacker, Westermann, Lahm - Ballack, Hitzlsperger - Schweinsteiger, Özil, Podolski - Klose

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Von Klaus Bergmann und Arne Richter/DPA

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