Fußball-Skandal Die Stars flüchten aus Turin

Die Helden der "Alten Dame" verlassen das sinkende Schiff vor dem drohenden Zwangsabstieg. Juves Trainer Capello hat seinen Job bereits an den Nagel gehängt. Mit ihm setzt eine Massenflucht ein - die Juve-Stars sind auf der Suche nach neuen Vereinen.

Juventus Turins Trainer Fabio Capello verlässt das sinkende Schiff. Und mit ihm sind auch fast alle Stars schon auf der Flucht vor dem drohenden Zwangsabstieg. Die Weltmeisterschaft in Deutschland wird zur Bewerbungsbühne für die Juve-Stars. Nur Kapitän Alessandro del Piero schwört dem Rekordmeister ewige Treue. Noch vor dem für Anfang Juli in Rom geplanten Prozess des italienischen Fußballverbandes (FIGC) gegen Ex-Juve-Manager Luciano Moggi und seine mutmaßlichen Komplizen wird Juve eine Massenflucht erleben.

Del Piero schwört Juve die Treue

"Ein Kavalier verlässt seine Dame nicht", hatte Del Piero bei seiner jüngsten Vertragsverlängerung bei der "Vecchia Signora" (Der Großen Alten Dame) des italienischen Fußballs gesagt. Damals herrschte noch eitel Sonnenschein, jetzt aber steht Del Piero auch in der Not zu seinem Wort. So viel Liebe zum Verein bringt Meistertrainer Capello nicht auf. Der Weltenbummler, der in den letzten Jahren acht Meistertitel mit dem AC Mailand (4), AS Rom (1), Juve (2) und Real Madrid (1) gewonnen hat, zieht es zurück zu den Königlichen nach Spanien. Reals Präsidentschaftskandidat Ramon Calderon verkündete Capellos Rückkehr bereits als so gut wie sicher.

Für die Serie B steht Capello Juve offensichtlich nicht zur Verfügung. Auch in einem vierstündigen Gespräch mit Juve- Geschäftsführer Carlo Sant'Albano war Capello nicht umzustimmen. Da man in Turin nicht auf den Ausgang der Prozesse in letzter Instanz bis Ende Juli warten kann, will man nun Walter Novellino von Sampdoria Genua holen. Capello soll als seinen Nachfolger Ex-Juve- Spieler Roberto Donadoni empfohlen haben. Juves früherer Superstar Michel Platini habe für seinen Landsmann Didier Deschamps votiert.

Nationalspieler zum Verhör

Im Schlepptau von Capello wollen nach Angaben der "La Gazzetta dello Sport" die Nationalspieler Fabio Cannavaro und Gianluca Zambrotta ebenfalls zu Real wechseln. Auch Emerson und Zlatan Ibrahimovic ziehe es zu Real. Pavel Nedved dagegen denke im Falle des Zwangsabstiegs ans Karriereende. Die Franzosen David Trezeguet, Patrick Viera und Lilian Thuram seien ebenfalls auf dem Absprung. Fraglich sei lediglich noch, ob auch Nationaltorhüter Gianluigi Buffon das Weite suche.

Schwer vorstellbar, dass die Nationalelf bei der WM nicht von der rasanten Talfahrt des Rekordmeisters und dem Fußball-Skandal heruntergezogen wird. FIGC-Chef Guido Rossi hatte zwar zugegeben, dass "alles noch viel schlimmer, als erwartet sei", zugleich aber auch die Hoffnung gehegt, die "Azzurri" aus dem Skandal-Sog heraushalten zu können. Nach Torwart Buffon muss am Samstag allerdings mit Kapitän Cannavaro der nächste Nationalspieler zum Verhör zur Staatsanwaltschaft nach Rom.

Italiener bangen um ihre Azzuri

Spötter fragen in Italien bereits, ob die Staatsanwälte die Nationalspieler während der WM-Spiele auch noch in den Halbzeitpausen verhören werden. Italien macht sich Sorgen um seine Azzurri. "Hört auf zu heulen", sagte dagegen Brasiliens Trainer Carlos Alberto Parreira. Der Skandal werde Italien nicht aufhalten, die Anspannung tue dem Team sogar gut, meinte Parreira.

Die Staatsanwaltschaften und die FIGC-Ermittler setzen ihre Arbeit unterdessen fort. Der Präsident des wegen eines gekauften Spiels in die Serie C verbannten FC Genua, Enrico Preziosi, bestätigte der Staatsanwaltschaft Neapel, dass es in Italien schon lange nicht mehr mit rechten Dingen zuging. "Ich habe schon vor vier Jahren gesagt, dass hier was faul ist", sagte Preziosi.

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Bernhard Krieger/DPA

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