Thomas Müller hat die Ehre, als Erster die neue Kapitänsbinde der Fußball-Nationalelf zu tragen. Wenn die Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick am Freitagabend (ab 20.45 Uhr live im ZDF) gegen Ungarn aufläuft, wird also eine Binde den linken Arm des Stellvertreters von Manuel Neuer (Ausfall wegen Corona) schmücken, die ähnlich bunt ist wie die LGBTQ-Fahne, aber eben nicht dasselbe. Ein Herz in bunten Farben und der Schriftzug "One Love" zieren das neue Stück. Sie ist nicht nur als Zeichen gegen Homophobie gedacht, sondern steht ganz allgemein gegen Diskriminierung und für Vielfalt.
Das sorgt für Kritik. "Das wirkt schon schwach. Es ist noch nicht einmal die Pride-Flagge, es sind andere Farben darauf abgebildet. Wenn es das einzige ist, was an Haltung vom DFB kommt, wäre das peinlich bis katastrophal. Ich erwarte vom DFB und denke auch, dass da mehr kommen wird", sagte der Vertreter der Fan-Organisation "Unsere Kurve", Dario Minden, in einem Interview der Zeitung "Der Tagesspiegel".

Hansi Flick weist Kritik zurück
Sogar "tageszeitung" und "Bild" sind sich ausnahmsweise mal einig. "Fadenscheinig" sei die Entscheidung des DFB für die neue Binde, schimpft die linke "taz", "Regenbogenfeiglinge" seien sie beim Verband, meckert das Boulevardblatt. Die Vorwurf lautet, dass die neue Binde ein "Zugeständnis" an die Machthaber in Katar sei und kein echter Protest. Dazu muss man wissen, dass die Fifa versprochen hat, dass die LGBTQ-Farben während der WM in Katar willkommen seien. Es darf aber bezweifelt werden, dass es tatsächlich so ist. Homosexualität steht in dem arabischen Land unter Strafe. Man riskiert bis zu sieben Jahre Haft, wenn man sie öffentlich auslebt.
Bundestrainer Hansi Flick wies die Kritik an der "One-Love-Binde" zurück. "Es ist einfach, immer zu kritisieren, wenn man irgendwo sitzt und nicht die Entscheidung trifft", sagte der Bundestrainer. "Es geht jetzt darum, dass es nicht nur die Regenbogenfarben sind, sondern alle. Es sind alle damit gemeint, jeder Einzelne, der hier sitzt, der auf der Welt ist. Darum geht es, dass wir gleich sind."
Die Idee für die "One-Love-Binde" stammt aus Holland. Nationalspieler Georginio Wijnaldum trug sie im EM-Spiel im vergangenen Jahr gegen Tschechien in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Es war damals eine gezielte Aktion gegen die homophobe Gesetzgebung der ungarischen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Urban.
Bei der EM setzte Nationalelf noch auf die Regenbogenfarben
Die DFB-Elf setzte bei der EM noch auf die LGBTQ-Farben. Neuer trug die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben im Gruppenspiel gegen Ungarn in der Münchner Allianz Arena. Die Stadt München wollte das Stadion sogar in Regenebogenfarben erleuchten, was die Uefa untersagte. Die Aktion sei politisch und widerspreche den Regularien, hieß die Begründung damals.
Mit Blick auf die WM in Katar setzten sich acht nationale Fußball-Verbände zusammen und nahmen die "One-Love-Idee" auf. Neben Deutschland und den Niederlanden werden Frankreich, Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Wales die neue Binde tragen (Schweden und Norwegen sind nicht für Katar qualifiziert).
Quellen: DPA, "Tagesspiegel", "tageszeitung", "Bild", "Welt"