Fredi Bobic hat ein Mobiltelefon und kann sogar darauf angerufen werden. Möglicherweise eine wertvolle Information für die Funktionäre des FC Bayern München, die es in der letzten Woche hinbekommen haben, innerhalb eines Tages einen Dreijahresvertrag mit einem neuen Trainer abzuschließen und eine Vielzahl von Fernsehinterviews zu geben, in denen sie sich als höchst professionell und korrekt eigenlobten. Sie haben es allerdings partout nicht geschafft, eine kurzes Telefonat mit dem Klub zu führen, dem sie den Trainer via Ausstiegsklausel weggekauft haben. Das ist nicht korrekt und professionell, sondern schlicht unhöflich und respektlos.
Eine Petitesse? Wäre es, wenn sich das Handling der Kovac-Verpflichtung nicht einreihen würde in ziemlich viele unrühmliche Vorkommnisse, die jedes für sich und in der Häufung nur den Schluss zulassen, dass die Bayern-Verantwortlichen offenbar nicht mehr glauben, auf irgendwelche Befindlichkeiten der nationalen Konkurrenz Rücksicht nehmen zu müssen.
Goretzka-Kauf zu einer Charity-Aktion umgedeutet
Beispiele gefällig? Da wäre etwa der Transfer von Leon Goretzka vom FC Schalke 04 nach München. Dass sich die Bayern immer mal wieder besonders talentiertes Personal der unmittelbaren Konkurrenz sichern, hat lange Tradition und ist auch nicht per se verwerflich. Der Rekordmeister sitzt eben am Ende der Nahrungskette. Fragwürdig wurde es jedoch, als Karl-Heinz Rummenigge anschließend nicht das Wasser halten konnte und mit mildtätigem Unterton den Goretzka-Transfer zu einer Art Charity-Aktion für den deutschen Fußball umdeutete. Ein Wechsel ins Ausland solcher Spieler könne "ganz grundsätzlich nicht im Interesse des deutschen Fußballs sein", dozierte er. Nein, da konnten die Schalker wirklich froh sein, dass ihnen der FC Bayern die Spieler wegkauft und nicht der FC Barcelona.
Da wäre aber auch das Verhalten der Bayern-Bosse in der Debatte um die 50+1-Regel. Dass die Bundesliga-Klubs in einer Mitgliederversammlung beschlossen, Investoren nicht die Übernahme von Profiklubs zu erlauben, brachte den Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge derart in Rage, dass er die DFL mahnte, sich nicht von "Ideologen oder Zwecknostalgikern vorführen zu lassen“. Das war insofern kurios, als Rummenigge gar nicht erst in Frankfurt erschienen war und sich trotzdem zur Aussage verstieg, er habe sich nun "geistig ein Stück von der DFL verabschiedet". Klarer konnte der Bayern-Vorstand nicht signalisieren, kein Interesse an einer weiteren Debatte über die Zukunft des deutschen Fußballs zu haben - weil sich der Rekordmeister offenbar längst nationalen Sphären enteilt sieht.

Hoeneß ist der sportliche Wettbewerb egal
Und da war schließlich Uli Hoeneß , der neulich in einem Interview von der "Süddeutschen Zeitung" gefragt wurde, wie denn die Bundesliga wieder spannender werde, und entgegnete: "Ich glaube, dass die anderen Vereine besser arbeiten müssen." Darauf könnte man entgegnen, dass es durchaus noch andere Gründe gibt, warum es an der Bundesliga-Spitze so öde zugeht als nur schlechtes sportliches Handwerk in der Liga. Viel deprimierender war, dass es Uli Hoeneß offenbar egal ist, wie sich der sportliche Wettbewerb in der Bundesliga weiterentwickelt. Vielleicht wird Uli Hoeneß anders darüber denken, wenn die Münchner ihre elfte oder zwölfte Meisterschaft in Folge feiern.
Bis dahin aber sollten die Bayern-Funktionäre dem Rest der Liga etwas mehr Respekt entgegenbringen. Bisweilen helfen auch schon kleine Signale des Entgegenkommens. Fredi Bobic wartet immer noch auf einen Anruf.