Stuttgart gegen Karlsruhe Die Angst vor dem "Hass-Derby"

Von Oliver Trust, Stuttgart
Es ist eines der brisantesten Spiele überhaupt: Das Derby zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC (ab 17.00 Uhr im Liveticker von stern.de). Auch diesmal hat die Polizei wieder verschärfte Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Und als wenn das nicht genug wäre, gibt es da noch die Hubschrauber-Posse um Jens Lehmann.

Für die Polizei in Stuttgart und Karlsruhe ist es das "Problem-Spiel" überhaupt und eines von bundesweit zehn "Top-High-Risk-Spielen". Die Polizei wird mit Hunden und Pferden und einem verstärkten Aufgebot von mehreren Hundert Beamten am Sonntag vor der Mercedes-Arena in Stuttgart präsent sein. Alkohol gibt es rund um das Stadion keinen, dafür verstärkte Kontrollen. Auf beiden Seiten müht man sich, die Emotionen im Zaum zu halten. Was schwer genug fällt, weil man seit Jahren ein gespaltenes Verhältnis pflegt.

Wie schön, dass in den Tagen vor der Partie VfB Stuttgart - Karlsruher SC der Uefa-Cup und die Champions League die Schlagzeilen bestimmten, sich die Dortmunder blamierten, die Bayern ihre herbe Klatsche gegen Bremen verdauen müssen und auch der VfB gewann, weil ein gewisser Mario Gomez zwei Tore schoss. Und schließlich beschäftigt ganz Stuttgart seit Freitag das exotische Transportmittel mit dem Jens Lehmann zuweilen zwischen seinem Wohnort Berg am Starnberger See ins 250 Kilometer entfernte Stuttgart reist. Manchmal jedenfalls. Mit dem Hubschrauber nämlich. So etwas kennt man eigentlich von Hollywoodstars und verschwendungssüchtigen Superreichen. Das ganz kam nur heraus, weil es in Berg Ärger gibt und die "Bild"-Zeitung darüber berichtete. Lehmann soll in Berg nicht mehr auf dem Sportplatz des örtlichen Fußballklubs MTV landen, weil sich Anwohner vom Lärm gestört fühlen. Bürgermeister Rupert Monn hat bereits ein Gespräch angekündigt, sollte Lehmann künftig nicht außerhalb des Ortes landen.

Bahncard ist billiger als Hubschrauber fliegen

In der VfB-Klubzentrale in Bad Cannstatt bestätigte man, Lehmann sei "einige Male" geflogen, habe den komfortablen Spaß aber selbst bezahlt. Rund 1000 Euro soll das Ganze kosten. Im Vergleich mit der Bahncard 50 ist die Reise hin und zurück ab rund 43 Euro zu haben, aber man muss eben in Münchens Innenstadt zum Bahnhof eilen. Und zudem scheint das Transportmittel bei einem geschätzten Jahresgehalt von rund 2,5 Millionen Euro durchaus drin. Lehmann hat in Stuttgart seit kurzem eine von seiner Frau Conny ausgesuchte Wohnung angemietet, aber das Hauptquartier schlug die Familie am Starnberger See auf, wo man ein Haus kaufte. Auch Michael Ballack wohnte während seiner Bayern-Zeit in Berg und musste einen zu hohen Zaun kürzen. Die Lehmanns scheinen sich ein wahres "bayrisches Problem-Viertel" ausgesucht zu haben.

Das wiederum passt zum Derby am Sonntag, das mancher gerne als "Hass-Duell" sieht, weil es regelmäßig Ärger gibt, wenn Schwaben und Badener aufeinander treffen. So saßen die PR-Strategen beider Seiten am Bürotisch, um zur Vernunft zu mahnen. Vielmehr ließ man das die beiden erledigen, die seit einiger Zeit zu Hauptfiguren im immer hitzigen Duell wurden, Maik Franz, Karlsruhes Kapitän, und Stuttgarts Stürmer Mario Gomez.

Das letzte Derby stand kurz vor dem Abbruch

Im Februar flogen aus dem KSC-Fan-Block Leuchtraketen aufs Spielfeld. Direkt neben KSC-Verteidiger Christian Eichner schlug ein Geschoss ein. Chaoten hatten mehr als 50 Sitze herausgerissen und ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Die Partie stand kurz vor dem Abbruch. Während der Aufstiegsfeier des KSC stand Franz zusammen mit Teamkollegen auf dem Karlsruher Rathausbalkon während einer Live-Übertragung des Südwestfernsehens und sang "Stuttgarter Arschlöcher", wofür sich der KSC schriftlich entschuldigte. Nach dem Februar-Spiel in Stuttgart, in dem sich Gomez und Franz am Rande des Erlaubten beharkt hatten, bezeichnete Gomez Franz als "Arschloch". Der Schwaben-Stürmer musste 8000 Euro Strafe zahlen. Auch er entschuldigte sich für seine Wortwahl.

Auf beiden Seiten ist man nun bemüht, die Wogen weiter zu glätten, und ist wohl froh, wenn die Sache glimpflich über die Bühne geht. So erklärte Gomez die "A-Affäre" auf seiner Internetseite für erledigt und endgültig vergessen. Der VfB-Angreifer rief zu "Fairness auf und neben dem Platz" auf.

Und Maik Franz, der von sich behauptet haben soll, er sei der "meistgehasste Spieler der Liga", meinte, das Derby am Sonntag sei "kein Kindergeburtstag" und er werde mit Gomez keinen "Hausbooturlaub" auf dem Amazonas machen. Er protestierte aber gegen manchen Zeitungsartikel, "der an Rufmord grenze". "Es gibt keinen Hass-Streit mit Mario Gomez." Eine "Zeitschrift aus dem Norden" schüre im Süden geradezu den Hass, "auf meinem Rücken und auf dem von Mario Gomez", so Franz auf seiner Homepage. "Die puschen auf unsere Kosten. Das ist eine Frechheit". Vorab gibt es wenigstens schon mal eine gute Nachricht. In Stuttgart darf Jens Lehmann weiter mit dem Hubschrauber landen.

PRODUKTE & TIPPS