Wegen starken Schneefalls fiel gestern die Qualifikation für das Abschlussspringen der Vier-Schanzen-Tournee in Bischofshofen aus. So muss heute vor dem letzten Springen auch noch die Qualifikationsrunde im Eiltempo absolviert werden. Ob Bundestrainer Wolfgang Steiert noch das ersehnte Erfolgserlebnis in Form eines Sieges feiern kann, ist noch offen. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Denn der einzige "Siegspringer" (Steiert) Sven Hannawald fliegt immer noch seiner Bestform hinterher: "Bei ihm läuft es einfach nicht", räumte der auf Kritik zunehemend dünnhäutiger regierende Steiert ein. Auch sonst ist die Bilanz des mit großen Ambitionen angetretenen Schwarzwälders sehr zwiespältig.
Verband hält öffentlich zu Steiert
Durch Maximilian Mechler und Späth sprangen in acht Wettbewerben bisher lediglich zwei 3. Plätze heraus - die schlechteste Bilanz seit neun Jahren. Der Verband hält trotz dieser unbefriedigenden Zeiten zum Nachfolger des im Frühjahr abgelösten Reinhard Heß. "Ein Mann, der hinter Heß kommt, kann kein zweiter Heß sein. Ich will Steiert daher nicht an seinem Vorgänger messen. Er hat seine Qualitäten und macht gute Arbeit", so Thomas Pfüller, Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV). Die Absteiger der Saison, Sven Hannawald und Martin Schmitt, werden allerdings ausgerechnet von Steiert persönlich betreut. Für ihren Sinkflug glaubt er die Gründe zu kennen, will diese allerdings erst nach der Saison öffentlich erklären. Momentan scheint der von den Athleten als Motivationskünstler geschätzte Trainer mit seinem Latein am Ende.
"Wir stehen unter großen Leistungsdruck"
Auf der Haben-Seite darf Steiert verbuchen, dass die zweite Reihe unter seiner Führung einen großen Sprung nach vorn gemacht hat. "Wenn Hannawald und Schmitt früher schlecht gesprungen sind, waren wir als Team weg vom Fenster. Jetzt springen andere vorne mit", stellte der 40-Jährige zufrieden fest und kokettierte mit diesem Erfolg: "Hätte ich vor der Vierschanzentournee gesagt, Georg Späth ist vor dem letzten Springen Fünfter und Michael Uhrmann Achter, hätten alle gesagt: Jetzt hebt der Trainer ab."
Trotz der erfreulichen Leistungsexplosion der "Schattenmänner", zu denen auch Mechler gehört, weiß Steiert, dass er an Siegen gemessen wird. Immerhin findet im kommenden Jahr die Heim-WM in Oberstdorf statt, wo vor allem die Wintersportart Nummer 1 besonders im Rampenlicht stehen wird. "Wir wissen, dass alle Augen auf den Skisprung gerichtet sind. Wir stehen unter großem Leistungsdruck", erklärte der Technische Leiter des DSV, Rudi Tusch.
Ungeschickte Öffentlichkeitsarbeit
Ein Druck, den Steiert nicht immer geschickt verarbeiten kann. Der Coach gibt sich nach Mißerfolgen vor dem Mikrofon redselig und lässt kaum ein Fettnäpfchen aus. Mal sind es die schlechten Bedingungen oder die Jury, die wechselweise als Sündenböcke für die ausbleibenden Erfolge herhalten müssen. "Er ist ein bisschen impulsiv, weil er noch nicht über den Dingen steht. Das muss er lernen", kritisiert Pfüller Steierts Verhalten vorsichtig. Siege würden den Lernprozess entscheidend erleichtern.