Schuldenkrise Merkel und Sarkozy kündigen Lösung an - und neue Vision für Europa

Einigkeit und große Worte: Nach ihrem Treffen in Berlin haben Merkel und Sarkozy angekündigt, bis Monatsende Maßnahmen gegen die Eurokrise zu erarbeiten - und eine neue Vision für Europa.

Deutschland und Frankreich wollen bis Ende Oktober ein Gesamtpaket zur Bekämpfung der Euroschuldenkrise und zur Stützung von Europas Banken vorlegen. "Wir wissen um unsere Verantwortung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in Berlin.

Beide betonten, man werde das Nötige tun, um die Rekapitalisierung der Banken sicherzustellen. Details nannten sie aber nicht. Diese sollen in den nächsten Wochen ausgearbeitet werden. Sarkozy sagte, es gebe keine Differenzen mit den Deutschen über die geplanten Finanzspritzen für Kreditinstitute und die Nutzung des erweiterten Euro-Rettungsschirms EFSF.

Enge Abstimmung mit Bankenaufsicht und IWF

Die dauerhafte Lösung solle auf dem G20-Gipfel im französischen Cannes Anfang November präsentiert werden - zusammen mit einer neuen Vision für Europa, wie Sarkozy erklärte. Bei den Kapitalhilfen für Banken sollen europaweit einheitliche Kriterien gelten, die "auch allseits akzeptiert werden", sagte Merkel.

Es nütze nichts, Bedingungen aufzustellen, die nicht in die Zeit passten. Man werde sich eng mit der europäischen Bankenaufsicht und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abstimmen - "damit das, was wir tun, nachhaltig ist und tragfähig ist", so die Kanzlerin.

Griechenland solle in der Eurozone bleiben. Merkel und Sarkozy zeigten sich zuversichtlich, dass die Slowakei trotz internen Streits als letztes der 17 Euroländer am Dienstag dem EFSF zustimmt. Deutschland bürgt mit bis zu 211 Milliarden Euro. Am Montag soll Malta den erweiterten Rettungsschirm billigen.

Drastischer Schuldenschnitt für Athen?

Inzwischen verdichten sich Hinweise auf eine radikale Umschuldung Griechenlands. Wie die Nachrichtenagentur DPA unter Berufung auf Finanz- und Verhandlungskreisen berichtet, werden aktuell in der Eurogruppe Szenarien für einen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent durchgespielt. Gläubiger Griechenlands müssten dann auf diesen Anteil ihrer Forderungen verzichten.

Bei einem Schuldenschnitt wären in Deutschland nicht nur Banken, sondern auch die Steuerzahler betroffen, weil der Staat im Rahmen der internationalen Hilfen Griechenland Notkredite in Milliardenhöhe über die Förderbank KfW gewährt hat. Ein Schuldenschnitt von 60 Prozent käme aus Sicht von Ökonomen einer Insolvenz Griechenlands gleich. Als problematisch gilt die Auswirkung eines solchen Schritts auf die europäischen Banken.

In Berliner Regierungskreisen hieß es, in Sachen Schuldenschnitt sei es zu früh für eine abschließende Bewertung. Die Analyse der Troika zur Schuldentragfähigkeit Griechenlands liege noch nicht vor.

"Hohes Risiko, dass sich diese Krise zuspitzt"

Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, warnte vor einer Pleite. Er sagte der "Bild"-Zeitung, die Folgen einer solchen Insolvenz Griechenlands seien "unabsehbar". Vertreter der "Troika"-Mission von Europäern und IWF kritisierten die griechische Regierung scharf. "Es geht zwei Schritte vor und einen zurück", sagte der Leiter der IWF-Delegation in Athen, Poul Mathias Thomsen, der "Welt am Sonntag".

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich besorgt, ob die Griechen ihre gigantische Schuldenlast dauerhaft stemmen können. "Es gibt ein hohes Risiko, dass sich diese Krise weiter zuspitzt und ausbreitet", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Die FDP hält eine Umschuldung für notwendig. "Es wird der Punkt X kommen, wo Griechenland umschulden muss", sagte Fraktionschef Rainer Brüderle. FDP-Chef Philipp Rösler betonte, Athen müsse dauerhaft saniert werden.

Weltbank-Präsident Robert Zoellick kritisierte, Merkel habe bei der Eurorettung keine Vision. "Vieles in der Politik geschieht in der Art des Durchwurstelns, aber die Wirtschaft und die Märkte brauchen Orientierung und Klarheit", sagte Zoellick der "Wirtschaftswoche".

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Tim Braune/DPA