Rolls-Royce strebt mit der Produktion des Spectre eine neue Ära an. Erstmals hat der britische Luxus-Autohersteller ein Elektroauto entwickelt, das als Serienmodell auf den Markt kommen soll. Damit soll eine neue Fahrzeugklasse entstehen: die "Ultra-Luxury Electric Super Coupé". Torsten Müller-Ötvös, Vorstandsvorsitzender, Rolls-Royce Motor Cars, spricht von dem "am meisten erwarteten Rolls-Royce in der Geschichte". Dazu setzt die BMW-Tochterfirma auf eine Kombination aus sportlichen Eigenschaften und Luxus, wobei der gut zwei Meter breite und rund 5,50 Meter lange Spectre vor allem optisch auffallen soll.
Das Design des Elektro-Coupés weist deutliche Parallelen zu vorherigen Fahrzeugmodellen auf und besitzt den für Rolls-Royce-Autos typischen, markanten Kühlergrill. Dieser ist noch breiter als jener anderer Fahrzeuge der Marke. 22 verbaute LEDs sollen den Ausdruck des Kühlergrills im Dunkeln verstärken. Zudem setzt der Luxus-Autobauer auf eine vertikale Buglinie an der Vorderseite des Coupés, welche den Blick nach hinten auf seine monolithischen Flanken lenken soll. Das Design soll sich direkt an das Design von Yachten anlehnen.
"Fahrt auf dem fliegenden Teppich"
Auch im Innenraum des zweitürigen Spectre setzt Rolls-Royce auf auffallende Elemente. Dazu gehören kleine Leuchten im Dach, den Türen sowie ein beleuchteter Spectre-Schriftzug mit über 5500 Sternen auf der Beifahrerseite des Armaturenbretts. Es versteht sich, dass Kundinnen und Kunden die Innenausstattung aber auch individuell gestalten können. Dem Autohersteller zufolge seien die Möglichkeiten hierbei "nahezu unbegrenzt".
Darüber hinaus gehört das sogenannte Planar-Fahrwerk zu den Besonderheiten des Superluxus-Elektroautos. Es soll eine "Fahrt auf dem fliegenden Teppich" ermöglichen. So soll das System die Stabilisatoren des Fahrzeugs entkoppeln können, wodurch jedes Rad unabhängig von den anderen agieren kann. In der Folge soll ein Aufschaukeln bei der Fahrt auf unebenen Straßen verhindert werden. Erkennt das System eine Kurve, koppelt es die Komponenten wieder zusammen und versteift die Dämpfer. Das soll eine angenehme Kurvenfahrt gewährleisten. 18 Sensoren überwachen hierbei die Fahrt und passen Lenkung, Bremsen, Kraftübertragung sowie Federung entsprechend an. Es sei der am stärksten vernetzte Rolls-Royce in der Geschichte der Marke, wirbt der Hersteller.
Die Motorleistung gibt Rolls-Royce mit einem Drehmoment von 900 Newtonmetern und 430 kW (585 PS) an. Der Elektroantrieb soll den rund drei Tonnen schweren Koloss in 4,4 Sekunden aus dem Stand auf eine Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h bringen. Der cW-Wert (Luftwiderstandsbeiwert) beträgt laut den Angaben 0,25 – der niedrigste Wert, den je ein Rolls-Royce hatte. Der Energieverbrauch wird aktuell mit 21,5 kWh/100 Kilometer angegeben, die maximale Reichweite mit 520 Kilometern laut WLTP. Informationen zur Batterie, wie die Kapazität und Ladedauer, hat die BMW-Tochter bislang nicht mitgeteilt.
Rolls-Royce Spectre erlebt strengstes Testprogramm in der Firmengeschichte
Der Spectre befindet sich seit dem Winter 2021 in einer Testphase, bei der die Fahrzeugentwickler das Auto unter verschiedenen Gegebenheiten testen. Die Tests sollen den Gebrauch von fast 400 Jahren unter teils extremsten Bedingungen auf der Welt entsprechen. Es sei das strengste Testprogramm in der 118-jährigen Geschichte der Marke, heißt es. Demnach wurden alle leistungsbezogenen Fahrzeugfunktionen akribisch abgestimmt – 25.000 in der Zahl. Nach durchgeführten Tests bei minus 40 Grad im schwedischen Arjeplog ging es für den Spectre im Sommer 2022 in sonnigere, deutlich mildere Temperaturen: Es erfolgten Testfahrten an der französischen Riviera und der Côte d'Azur.
Derzeit absolviert das Fahrzeug Hitzetests in Südafrika bei Temperaturen von bis zu über 50 Grad. Die Hitze ist etwa für die Wankstabilisierung (System zur Fahrwerksregulierung) ausschlaggebend. Hier gilt es zu prüfen, ob eine Härteveränderung der Gummifederkomponenten eintritt. Zudem wollen die Ingenieure auch sicherstellen, dass die Dichtungen bei extrem heißen wie auch kalten Temperaturen richtig funktionieren – die Fahrzeugkabine also isoliert ist. Die Lichtelemente, die beim Öffnen der Wagentür erscheinen, wurden bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen bereits getestet.
Wenn das Testprogramm in Südafrika abgeschlossen ist, wird der Spectre 80 Prozent der Tests hinter sich gebracht haben. In der letzten Ratifizierungsphase stehen schließlich Ganzjahrestests mit der Rückkehr in die arktischen Extremgebiete von Arjeplog und die Côte d'Azur an – wo viele Serienfahrzeuge den Erwartungen zufolge zuhause sein werden. Abschließend gilt es, noch 500.000 weitere Kilometer zurückzulegen, bei dem Rolls-Royce die Reaktionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern analysieren will. Das Luxusauto soll beispielsweise in globalen Megastädten, an neuen und historischen Luxuszielen zum Einsatz kommen und spezifisch für Kundinnen und Kunden getestet werden.
Der Rolls-Royce Spectre soll ab dem vierten Quartal diesen Jahres zu den Kundinnen und Kunden rollen. Preislich soll das erste Elektroauto der britischen Luxusmarke zwischen dem Cullinan und dem Phantom liegen. Damit dürfte der Kaufpreis ungefähr 400.000 Euro betragen.
Quellen: Rolls-Royce