Mercedes-Benz stellte in Las Vegas auf der CES ein futuristisches Konzeptfahrzeug vor, dass von Form bis zur Farbe vom Film "Avatar" inspiriert ist. Der Film ist zwar von 2009 – also von gestern – aber Teil II ist bereits in der Mache. Auf dem Planeten Pandora gibt es zwar keine Limousinen, aber wen stört das schon, wenn alles so blau ist.
Hübscher Reklamegag
Hollywood und Industrie – das ist ein altbewährtes Gespann. Gerade zeigt das Petersen Automotive Museum in Los Angeles die "Hollywood Dream Machines". Hier geht es weniger darum, die Autotechnik voranzubringen. Hier wird die PR-Power von Auto- und Filmindustrie gebündelt. Von dem Film und dem Schöpfer James Cameron verspricht sich Mercedes medialen Rückenwind – in einer Zeit, in der die Nachrichten aus dem Autobusiness nur für Albträume sorgen.
Kein Wunder, dass der Mercedes-Benz Vision AVTR alles andere als ein "seriennahes" Konzept ist. Dennoch sind viele der technischen Gimmicks nicht aus der Luft gegriffen, sondern nehmen ernsthafte Überlegungen auf – wenn auch in denkbar extravaganter Form. Etwa die "bionischen Klappen" am Heck des Fahrzeugs, die wie vergrößerte Haifisch-Schuppen aussehen. Durch sie soll der Vision AVTR mit der Umwelt kommunizieren. Kugelrunde Reifen werden in vielen Science-Fiction-Filmen präsentiert. Hier sollen sie vom "Samen des Baumes der Seelen" inspiriert sein.
Mit ihnen soll sich der AVTR seitlich und diagonal bewegen können. Ist das total abwegig? Nein. Das US-Militär hat zum Beispiel Reifen und Felgen entwickelt, die sich verwandeln können. Auf der Straße formen sie einen normalen Pneu für den Rundlauf, sie können sich aber auch zu einem Raupenantrieb verwandeln. Bei Elektrofahrzeugen kann der komplette Motor in den Reifen integriert werden, so sind extreme Verschränkungen, die ein Querfahren ermöglichen, denkbar und werden zumindest für Lastenkarren wohl auch kommen.
Die Bürden der Wirklichkeit
Beim AVTR sitzen die Elektromotoren nicht in, aber nahe bei den Reifen. Zusammen sollen sie 350 Kilowatt an Leistung bringen. Hier sieht man unfreiwillig die Diskrepanz zwischen Show und Wirklichkeit. Denn die Studie kann sich nur bis zu 30 Grad im Krebsgang seitwärts fortbewegen. Zum echten seitlichen Fahren mit 90 Grad Verschränkung reicht es nicht.
Natürlich hat das Roboter-Auto kein Lenkrad mehr, es fährt ja allein. Dafür soll der Innenraum Atmung und Herzfrequenz messen, dann wie der Sitz im passenden Rhythmus vibrieren. Daimler-Chef Ola Källenius schwärmte, hier könne man sehen, wie Mensch und Maschine "buchstäblich verschmelzen".
Also in etwas so, wie sich die Ureinwohner von Avatar mit der Natur verbinden. Ein gewagter Vergleich, der Daimler nichts kostet, denn das Auto ist ja nur ein Showcar, bei dem man alles versprechen kann, aber nichts halten muss. Grundfalsch verstanden ist der Film ohnehin. Die sympathischen Ureinwohner von Pandora, die Na’vi, leben im Einklang mit der Natur. Sie nutzen keine Technik und fahren auch keinen Mercedes. Alle Fahrzeuge die in "Avatar" auftauchen, werden nur dazu genutzt, den Planeten auszuplündern und die Ureinwohner auszurotten.
Aufgewärmte Dreamcar-Optik
Immerhin setzt das Las-Vegas-Konzeptfahrzeug eine neue Batterietechnologie ein, die auf organischer Zellchemie basiert und frei von seltenen Erden und Metallen ist. Die Batterien selbst sind kompostierbar und damit vollständig recycelbar. Der Innenraum besteht aus recyceltem Kunststoff ebenso das Lederimitat – wenn Daimler auch die Formulierung "veganes Leder" bevorzugt. Der Boden aus einem schnell wachsenden Rattanholz.
Das hört man gern, und der AVTR sieht auch auf den ersten Blick spektakulär aus. Auf den zweiten Blick erkennt man, dass das endlose lange und flache Fahrzeug eigentlich nur die altbekannten Super-Car-Zutaten neu interpretiert. Das ist nett anzusehen. Aber irgendeinen Beitrag für die Zukunft des Individualverkehrs oder die von Daimler liefert das Avatar-Auto genauso wenig wie das Batmobile oder die James-Bond-Autos.
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