Hintergrund Zweigleisig

Mercedes eCitaro G Range: Die Wasserstoff-Tanks im Dach sind 
deutlich zu sehen
Mercedes eCitaro G Range: Die Wasserstoff-Tanks im Dach sind deutlich zu sehen
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Der von Bussen durchgeführte öffentliche Nahverkehr wird elektrisch. Das ist Fakt. Die Batterien werden immer besser und daher wächst die Reichweite. Für die langen Strecken ist es aber nicht genug. Daher feiert die Brennstoffzelle bei Daimler Buses ein Comeback. Und das ist zweierlei Hinsicht.

Ein Umdenken findet statt in den deutschen Konzernzentralen der Autobauer. War bis vor Kurzem noch die batteriebetriebene Elektromobilität die alleinig selig machende Antriebsart der Zukunft, feiert nun die Brennstoffzelle samt Wasserstoff ein Comeback, wenn es um längere Strecken geht. Vor allem die Transport- und Logistikbranche bezieht das chemische Element wieder in die Planungen ein. So auch bei Daimler Buses, die mit dieser Doppelstrategie bis zum Jahr 2030 in jedem Segment CO2-neutrale Fahrzeuge anbieten wollen.

Die Politik goutiert dieses Vorhaben. „Im Klimaschutzprogramm 2030 ist festgelegt, dass bis zum Ende des Jahrzehnts rund 50 Prozent der im ÖPNV eingesetzten Stadtbusse elektrisch fahren sollen“, erklärt Dr. Volker Wissing Bundesminister für Digitales und Verkehr. Die zweigleisige Fahrt bei den Antriebsarten ist auch durch Fakten getrieben, die die EU schafft. Die Abgasnorm EU7, die voraussichtlich in der zweiten Hälfte der Dekade eingeführt wird, ist so aufwendig umzusetzen, dass sich bei immer mehr Herstellern die Erkenntnis durchsetzt, den Verbrenner nicht mehr weiterzuentwickeln. „Ab spätestens 2030 werden wir im Stadtbus-Segment in Europa nur noch CO2-neutrale Neufahrzeuge anbieten und nicht mehr in Euro VII investieren“, stellt Till Oberwörder, Leiter Daimler Buses klar.

Die Entwicklung der Akkus geht derweil weiter und ist damit noch lange nicht am Ende. Noch dieses Jahr wird Daimler Buses eine neue Generation der Lithium-Ionen-Batterie (NMC 3) in die eCitaros bringen, die jetzt mit zylindrischen Zellen bestückt ist und bei der Energiedichte um rund 50 Prozent zulegt. Damit sind beim eCitaro Solo 588 Kilowattstunden möglich, was für zuverlässige 288 Kilometer reicht, bei günstigen Bedingungen sind mehr als 300 Kilometer drin. Allerdings bleibt die Tatsache, dass ein elektrisch betriebener Bus immer teurer sein wird als das Diesel-Pendant. Aktuell geht man vom Faktor zwei aus. Deswegen muss der Verkauf der elektrischen Personentransporter angestoßen werden.

Das Verkehrsministerium unterstützt den Umstieg auf die E-Busse bis 2024 mit 1,25 Milliarden Euro. Laut Minister Wissing sind aber auch 2025 weitere Finanzspritzen vorgesehen. Der Bund übernimmt bis zu 80 Prozent der Mehrkosten, die gegenüber dem Kauf eines Dieselbusses entstehen. Außerdem hilft die Staatskasse beim Errichten der Infrastruktur. „Die Nachfrage ist riesig und übertrifft unsere Erwartungen“, freut sich Volker Wissing. Seit April sind die ersten Förderbescheide für den Kauf von 1.700 elektrischen Bussen vergeben. Bis der Fördertopf ausgeschöpft ist, sollen es rund doppelt so viele sein.

Auf Dauer kann das Staatssäckel aber nicht den Kauf von Elektro-Bussen subventionieren. „Wir arbeiten intensiv an den Kosten, um diese zu senken“; erklärt Daimler-Truck-Chef Martin Daum. Doch die Gleichung zur elektrischen Bus-Zukunft besteht aus drei Faktoren und wenn nur eine null in der Faktorenkette vorkommt, wird es schwierig: dem Angebot an elektrischen Fahrzeugen, der Infrastruktur und den Gesamtkosten, die der Betrieb der Busse verursacht. Bei großen Personentransportern ist es nicht anders als bei den Pkw: Der Umstieg auf die Elektromobilität kann nur mit einer passenden Infrastruktur gelingen. Bei Fahrzeugen, die kürzere Strecken zurücklegen können und daher über Nacht im Depot geladen werden können, ist das kein großes Thema.

Sobald die Distanzen länger werden, wird es schwierig. Würden alle Lkws elektrisch fahren, müssten alle 40 Kilometer Ladestationen mit mindestens 20 Megawatt Leistung stehen. Bei Bussen sind die Dimensionen ähnlich, aber nicht ganz so herausfordernd. Wenn mehr Kilometer zurückgelegt werden sollen, kommt die batteriebetriebene Elektromobilität an ihre Grenzen. Da aber eine Abkehr vom Dieselmotor als Antriebsquelle beschlossene Sache ist, kommt die Brennstoffzelle ins Spiel. Zunächst als Range-Extender für batteriebetriebene Busse, wie etwas beim Mercedes eCitaro G Range. Daimler will schon im nächsten Jahr einen brennstoffzellenbetriebenen Reichweitenverlängerer auf den Markt bringen. Dann sind mit einem eCitaro 400 Kilometer Reichweite möglich.

Wenn es um die reinen Reisebusse geht, führt an der Brennstoffzelle inklusive großer Wasserstofftanks als alleinige Energiespender aber kein Weg vorbei. Ende dieses Jahrzehnts sollen die ersten Langstreckenmodelle auf den Straßen rollen. Daimler favorisiert flüssigen Wasserstoff, kann sich aber auch die Verwendung der gasförmigen Variante vorstellen. „Wir halten den flüssigen Wasserstoff für zukunftsträchtiger“, erklärt Martin Daum.

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