Interview Von der Lernpause zum Lebenswerk

Zusammen mit seinem Partner Herbert Funke hat sich Philipp Will den Traum vom eigenen Sportwagen erfüllt. Ihre Funke & Will AG baut das so genannte "Young Engineers Sportscar" (YES) vor den Toren Dresdens. Im Gespräch mit stern.de erklärt Philipp Will den Weg vom Studenten zum Autobauer und kündigt eine eigene Rennserie für die kleinen Flitzer an.

Zusammen mit seinem Partner Herbert Funke hat sich Philipp Will den Traum vom eigenen Sportwagen erfüllt. Ihre Funke & Will AG baut das so genannte "Young Engineers Sportscar" (YES) vor den Toren Dresdens. Im Gespräch mit stern.de beschreibt Philipp Will, wie aus einer Lernpause ein brachialer Sportwagen wurde.

stern.de: Sie werben mit dem Spruch "Pure Driving Pleasure". Wie passen eine knochenharte Straßenlage und das etwas verweichlichte "Vergnügen" am Fahren zusammen?

Philipp Will: "Mit "Pleasure" versuchen wir unserem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Wir stehen für ein Produkt, das handwerklich sehr aufwendig und mit viel Liebe zum Detail hergestellt wird. Da sind wir sehr stolz darauf, das bereitet uns Vergnügen. Wichtig ist nur, dass das "Pure Driving" davor steht!"

Weiß man als Kunde gleich, auf was man sich einlässt?

Nicht immer sofort. Wir verstehen unter "Pure Driving" die reinste Form sportlichen Fahrens. Weit ab von irgendwelchen elektronischen Helferlein. Das können viele nicht einschätzen. Wir setzen die Leute ins Auto und anschließend haben sich die meisten Fragen erledigt.

Da dringt Kritik an althergebrachten Sportwagen durch...

Nicht unbedingt. Während unseres Studiums kamen immer wieder Sportwagen auf den Markt, die unserer Meinung nach zu komfortabel und zu luxuriös ausgestattet waren.

Diesen Gedanken haben viele, trotzdem wird nicht gleich ein Auto draus!

Klar, aber mein Partner Herbert Funke und ich haben während des Studiums an einigen Projekten zum Thema "Leichtbau" gearbeitet. Während einer Lernpause bei der Vorbereitung auf eine Klausur haben wir uns überlegt, wie wir denn so einen Sportwagen bauen würden. Das war zu Anfang nicht mehr als eine lose Blattsammlung.

Daraus wurde schnell mehr.

Wir haben uns in die Sache hineingesteigert, mit dem Dekan gesprochen und schließlich ein erstes Konstruktionsbüro eröffnet, um das Geld für einen Konstruktionsrechner zu verdienen. So haben wir während des Studiums das gesamte Fahrzeug am Computer durchgeplant.

Trotz des fertig definierten Fahrzeugs war es zunächst aber nicht Ihr vorrangiges Ziel, den Wagen auch zu bauen?

Nein. Nach dem Studium gründeten wir unsere Firma, mit der wir Klein- und Vorserienfahrzeuge für Kunden entwickeln wollten. Dabei stellten wir immer wieder fest, dass es nett wäre, wenn man zu einem Kundentermin mit dem eigenen Prototypen fahren könnte.

Ferdinand Piech war beeindruckt von der Idee...

Ja, aber nicht nur er. Insgesamt haben wir 35 Vorständen und Entscheidern der Automobil-Branche unser Konzept geschickt. 32 davon waren begeistert. Anschließend haben wir in einer kleinen Rundreise alle diese Herren besucht.

Mit welchem Ergebnis?

Dass wir Unterstützung für unsere Idee bekamen. Teile für den Prototypen, oder Aufträge fürs Ingenieurbüro. Witzig war, dass die meisten dieser Leute irgendwann mal ähnliche Ideen gehabt haben. Was da aus Schubladen, Schränken und Notizblöcken kam, war erstaunlich.

Haben die Herren im Hintergrund Ihnen auch finanziell unter die Arme gegriffen?

Nein, überhaupt nicht. Das war reines Teile- und Dienstleistungs-Sponsoring.

Das hat anscheinend gereicht. Zur IAA 1999 wurde der erste YES fertig.

Gerade so. Unser Auftritt war eher bescheiden. In einer kleinen Nische stand unser Wagen.

... und stahl vielen Großen die Schau.

So kam es uns zumindest vor. Die Presse wurde auf uns aufmerksam, Fernsehteams, Reporter...

...und zukünftige Kunden.

Indirekt. Es kamen Anfragen von Firmen, die uns den Wagen abkaufen wollten, Angebote, in das Projekt einzusteigen und auch einige Faxe, die man heute als Blanko-Bestellungen beschreiben könnte.

Viel zu verkraften, für zwei junge Firmengründer!

Das bekommt man zunächst gar nicht so mit, weil man im Tagesgeschehen eingebunden ist. Dieses Gefühl der Beschleunigung von null auf 200 kommt erst später.

Wer verhindert, dass man vor lauter Euphorie das Projekt nicht gegen die Wand fährt?

Gute Freunde und Berater.

Zwischen der IAA 1999 in Frankfurt bis zum heutigen Firmensitz in Großenhain liegen viele Kilometer und wenig Zeit. Was zieht ein "Startup" auf einen ehemaligen Militärflughafen in den neuen Bundesländern?

Praktische Vorteile. Zunächst war es uns wichtig, dass unsere Kunden ihr neues Auto testen können, ohne sich dabei gleich mit der Straßenverkehrsordnung zu überwerfen. Dafür haben wir hier 3,5 Kilometer Landebahn zur Verfügung. In der Nähe lockt der Lausitzring.

Und Geld hat nicht gelockt?

Doch, die gab es. Nach der IAA warben nicht nur Bundesländer sondern auch Regionen im Ausland um uns. Letztendlich war das Gesamtpaket des Landes Sachsen aus idealem Standort und angebotener Förderung entscheidend.

Woher kam das Geld für diesen Neuanfang?

Ausschließlich von Herbert Funke und mir. Wir sind bis heute die einzigen Aktionäre der Funke & Will AG.

Welche Bank gibt zwei Firmengründern direkt nach dem Studium so viel Geld in die Hand?

Herbert Funke und ich haben frühzeitig bewiesen, dass wir mit Geld umgehen können. Wir haben in andere Firmen investiert und zusammen noch ein weiteres Unternehmen in Köln. Außerdem habe ich seit 1999 noch eine Porsche-Werkstatt.

Was fährt man als Autobauer privat für einen Wagen?

Einen YES natürlich. Allerdings nur in der Freizeit. Für den täglichen Einsatz setzen sowohl Herbert Funke als auch ich auf ein kleines, sehr bekanntes Stadtfahrzeug.

Clubsport, Cup/R und Roadster. Wie geht's mit dem YES weiter?

Für dieses Jahr haben wir, denke ich, genug Innovationskraft bewiesen. Trotzdem sind wir natürlich dabei, unser Produkt ständig weiter zu entwickeln. Zunächst steht allerdings der Ausbau des Vertriebs im Ausland im Vordergrund. Nach New York haben wir kürzlich auch eine Vertretung in Tokio eröffnet. Und dann haben wir noch Pläne mit unserem Cup/R.

Eine Rennserie nur für YES-Fahrer?

Darauf wird es wohl hinauslaufen. In Deutschland ist es etwas schwierig mit der Zulassung. Deshalb gibt es in Dubai und Brasilien ganz konkrete Pläne für eine eigene YES-Rennserie im nächsten Sommer.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Jochen Knecht