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Social Media Zensur-Wunsch: Elon Musk soll Peking gebeten haben, Tesla-Kritik zu löschen

Sonst gilt Elon Musk als Verfechter der Freiheit im Internet.
Sonst gilt Elon Musk als Verfechter der Freiheit im Internet.
© Britta Pedersen/ / Picture Alliance
Ein bisschen Zensur kann gar nicht schaden: Tesla soll die chinesische Regierung gebeten haben, Beiträge zu blockieren, die angebliche Bremsenprobleme von Tesla thematisierten.

Staatliche Zensur und eine Diktatur sind schlecht. Da sind wir uns alle einig, aber Elon Musk dachte offenbar, ein bisschen Zensur kann auch ganz nützlich sein. Etwa dann, wenn nervige Posts das Image des Unternehmens gefährden. Ein umfassender Bericht von Bloomberg Business deckt die Praktiken auf, mit denen Tesla in China operiert. Dazu gehört normale PR, es werden Journalisten und Influencer umgarnt, zu Diskussionsrunden und Werksbesichtigungen eingeladen. Das ist auch in westlichen Staaten üblich.

Informanten sagten Bloomberg aber auch, dass Tesla sich bei der Regierung in Peking über ungerechtfertigte Kritik an dem Unternehmen in den sozialen Medien beschwert habe. Tesla soll die Regierung gebeten haben, die bekannten Zensurmaßnahmen einzusetzen, um Tesla-kritische Beiträge zu blockieren.

Tesla steht im Zentrum

Wie in anderen Ländern auch, werden in China Berichte über echte und vermeintliche Pannen der Autos des Vorzeigeunternehmens gern geteilt. Unfälle mit dem Autopiloten und explodierende Akkus sorgen für Aufsehen. In China kursiert dazu ein Gerücht über vermeintlich fehlerhafte Bremsen. Bloomberg fand einen Tesla-Besitzer, der seinen Wagen mit Verlust verkaufte, weil er wegen der Gerüchte Angst um die Sicherheit hatte.

Auf der Schanghai Auto Show kam es im April zum Skandal. Eine Frau protestierte am Tesla-Stand. Sie behauptete, ein Bremsversagen in ihrem Model 3 habe einen Unfall verursacht, bei dem ihre Familie fast ums Leben gekommen wäre. Sicherheitsleute schleppten sie schnell weg, aber Bilder von ihr wurden in den sozialen Netzen geteilt. Und sie wurden nicht von der Zensur gelöscht. Das Marktforschungsunternehmen JL Warren Capital nimmt an, dass das Spektakel zu einem 50-prozentigen Nachfragerückgang über einen Zeitraum von mehreren Wochen geführt hat.

So etwas ist nicht schön fürs Image, aber die Zensurabteilung einer Diktatur um Hilfe zu bitten, bleibt in den Augen vieler Beobachter ein schwerer Missgriff.

Ende der Sonderrolle

In China gerät Tesla in schweres Fahrwasser. Ursprünglich wurden Musk einmalige Bedingungen eingeräumt. Die Firma konnte eine Tochtergesellschaft in Schanghai gründen, ohne einen chinesischen Partner mit an Bord holen zu müssen. Doch Tesla gilt auch als Symbol für die US-Tech-Branche und so schlagen die Spannungen zwischen Peking und Washington auf die Firma durch. Die Einstellung der Bevölkerung ist zumindest teilweise offen feindlich. Industrie-Patrioten setzen viel Fleiß darein, Tesla schlecht zu reden und die Vorzüge der heimischen Konkurrenten zu rühmen. Dazu kommen Bedenken wegen des Datenschutzes, Chinesen fürchten, die Daten ihres Fahrzeugs könnten in die USA und dort in die Hände von Geheimdiensten gelangen. Darum wurden Teslas schon von einigen Behörden als Behördenfahrzeuge verbannt.

Hinzu kommt die recht eigenwillige Art, mit der Elon Musk auch auf berechtigte Kritik an Mängeln seiner Fahrzeuge reagiert. Im Juni forderte die chinesische Regierung Tesla auf, fast alle Autos, die das Unternehmen dort jemals verkauft hatte, zurückzurufen, um einen Softwarefehler zu beheben.

Es gibt also genug Stoff für Kontroversen.

Arroganz wird bestraft

Und auch wenn Peking eine Diktatur ist, Social Media sind in China gerade beim Thema Konsumentenrechte hochexplosiv. Die chinesischen User sind schnell erregbar. Eine einzige im Netz hochgespülte Kontroverse kann ein Firmenimage nachhaltig ramponieren. Etwa dann, wenn jemand feststellt, dass eine Firma ihre Kunden in einem anderen Land besser behandelt als in China ist ein Shit-Orkan programmiert.

Bloomberg: "Teslas Hightech-Heiligenschein und Musks Starpower reichen nicht mehr aus, um das Unternehmen vor den Risiken zu schützen, denen andere Firmen dort ausgesetzt sind. Das Unternehmen scheint die Stärke seiner Beziehungen zur Führung des Landes falsch eingeschätzt zu haben." Bill Russo, ein ehemaliger Chrysler-Manager, der jetzt Geschäftsführer eines in Schanghai ansässigen Beratungsunternehmen ist, fürchtet, dass der exzentrische Musk einen unverzeihlichen Fehler gemacht hat. Arroganz und Hochnäsigkeit werden im chinesischen Markt immer bestraft.

Tesla spielt eine wichtige Rolle in der Industriepolitik Chinas. Die Fahrzeuge sollen die Bevölkerung für die E-Mobilität begeistern, ihre Konkurrenz die chinesischen Mitbewerber dazu anspornen, noch bessere Autos zu bauen. Branchenbeobachter nehmen an, dass dem Management diese besonderen Beziehungen zu Kopf gestiegen sind und die Regierung weiterhin das aufgeblasene Selbstwertgefühl von Tesla dämpfen wird. Getreu dem Motto: Tesla benötigt den chinesischen Markt weit dringender als Peking die Autos der Firma. Schon im Februar wurden die Top-Manager vor Chinas Marktaufsichtsbehörde zitiert, um über angebliche Qualitäts- und Sicherheitsprobleme zu sprechen. Ein deutlicher Warnschuss im Reich der Mitte.

Quelle: Bloomberg Business Week

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