Wer seinen Alten verschrottet, bekommt Geld vom Bund: 2500 Euro. Der Altwagen muss zugelassen sein, er muss mindestens zehn Jahre alt sein, und er muss anschließend verschrottet werden, dann gibt es den Staatsbonus. Nach dem Wahlerfolg in Hessen will die FDP den Spielverderber spielen und die Prämie kippen. Aber im Moment steht die Koalition im Wort, denn die Summe ist für Käufe und Verschrottungen seit dem 14. Januar zugesagt.
Bei aller Freude über die "guten" Taten der Regierung ist kaum in den Blick gekommen, dass der Bundesregierung vor allem ein Propaganda-Coup geglückt ist. In Gedanken rechnen sich viele mit der Prämie reich. Dabei profitieren nur sehr wenige von der Regierungshilfe. Bedingung Nummer eins sortiert die meisten Interessenten aus: Es muss ein zugelassener Wagen zur Verfügung stehen, der mindestens zehn Jahre auf dem Buckel hat. Auf den ersten Blick gibt es genug Kandidaten für die Ausmusterung, nach Angaben des Kraftfahrbundesamtes sind insgesamt 16.8 Millionen Pkw im Alter von neun Jahren und älter zugelassen. Davon sei der "Löwenanteil" in privater Hand. Ihre Besitzer könnten also 2500 Euro einstreichen.
Auch alte Wagen haben einen Wert
Scheinbar, denn in Wirklichkeit wird der Restwert des Autos bei Verschrottung auf den Wert "Null" gesetzt. 2500 Euro bleiben also nur zusätzlich in der Tasche, wenn der Wert des Altwagens auch tatsächlich Null ist. Das ist bei einem zugelassenen und fahrbereiten Fahrzeug kaum der Fall. Zwei Beispiele: Ein Volkswagen Passat Trendline 1.6 aus dem Baujahr 1996 wird durchaus noch mit 2500 Euro gehandelt. Der alte Passat mit Einfachmotor und Sparausstattung ist immerhin schon 12 Jahre alt. Für einen Passat 1.8, immerhin in Comfortline-Ausstattung, einem Kilometerstand von 160.000 und Baujahr 1997 werden im Internet sogar 5.900 Euro aufgerufen. Eine Abwrackprämie macht hier kaum Sinn. Und bei den Beispielen handelt es sich um typische Butter- und Brotfahrzeuge, die Wagen der Premiumklasse oder Fahrzeuge mit Vollausstattung oder Dieselmotoren erzielen im Markt höhere Preise. "Ihr altes Auto muss weniger als 2500 Euro wert sein, sonst macht es keinen Sinn", gibt Ansgar Klein, Vorstand des Bundesverbandes der freien Autohändler (BVfK), zu. "Es gibt Unmengen an Fahrzeugen, die das entsprechende Alter haben, aber zum Teil erheblich mehr wert sind. Das geht sicher in Richtung 50 Prozent des Bestandes." Gemeint sind nicht die versteckten Rabatte, wie sie Slogans wie "3000 Euro über Schwacke" verheißen, sondern die normale Kalkulation des Werts, den der Wagen etwa beim Export noch bringen würde. "Bei Exportangeboten oder Sonderpreisen für Gebrauchte kann man die gezahlten Preise immer nur mit Vorsicht zum Vergleich heranziehen. Diese Käufe sind gestützt und spiegeln nicht den wirklichen Wert wieder", sagt Ansgar Klein. Aber ein gängiges, fahrbereites Modell ohne ernsthafte Schäden sollte immer über 1000 Euro beim Neuwagenkauf bringen, entsprechend mindert sich der persönliche Ertrag der Prämie.
Trotzdem wird überall in der Republik das Thema "Neuwagenkauf" heiß diskutiert. Was Werbung und Rabatte nicht geschafft haben, gelang der Koalition: Plötzlich ist "Autokauf" Pausengespräch. Der eine kalkuliert die Preise aktueller Kleinwagen neu durch, der andere überlegt, ob der Opa nicht zur Not seinen betagten Zweitwagen verschrotten könne. Ansgar Klein hat die Auswirkungen der Initiative bereits bemerkt. "Wir verspüren seit der Ankündigung eine erhebliche Nachfrage. Auf einmal "darf" man sich wieder mit Autokauf beschäftigen. Es gibt viele Fahrer, die sich mit ihren alten Fahrzeugen nicht glücklich und eigentlich "reif" für einen Neukauf sind", so der Verbandschef.
Bei den eingeplanten Mitteln wurde jedenfalls massiv geklotzt. Im Jahr 2009 werden etwa drei Millionen Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen - Schätzungen gingen vor dem Konjunkturpaket von nur 2.9 Millionen Fahrzeugen aus. Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) prognostizierte einen Anteil von 39 Prozent der Privatzulassungen, macht 1,17 Millionen Fahrzeuge. Die bereitgestellten Mittel reichen theoretisch für 600.000 Abwrackfahrzeuge aus. Bedenkt man aber, wie viele Autokunden nicht von der Prämie tatsächlich profitieren können, ist das eine gewaltige Zahl, die voraussichtlich nicht ausgeschöpft werden kann. Denn auch Personen ohne feste Arbeit oder zu geringem Einkommen werden nicht von der Prämie profitieren, weil sie keine Ersparnisse für den Kauf haben und auch nicht kreditwürdig sind.
Erfolg mit geringen Kosten
Ansgar Klein freut sich für den Verband dennoch: "Ich weiß nicht, ob die Regierung geschickt war oder dilettantisch. Man hat aber eine Menge Dynamik erzeugt, und vermutlich geht die Rechnung für die Staatskasse weit positiver aus, als der Finanzminister vermutet."
Die "Prämie" wird Wirkung zeigen, denn sie setzt einen psychologischen Impuls in der richtigen Umgebung. "Wichtig ist, dass die objektiven Rahmenbedingungen stimmen. Im Moment gibt es in allen Klassen, auch bei kleinen und günstigen Fahrzeugen, Lagerbestände, die auf die Preise drücken. Bei Lagerfahrzeugen sind Rabatte von 30 Prozent durchaus möglich", räumt Ansgar Klein ein. "Außerdem ist der Sprit wieder billiger geworden und die Zinsen sind gesunken. Sie können im Moment ein Fahrzeug mit fünf Prozent finanzieren, ohne dass die Zinsen subventioniert sind. Das sind für uns Händler gute Argumente. Denn nicht nur mit der Prämie rechnet sich jetzt der Autokauf."
Fazit: Nicht jeder, der ein altes Auto besitzt, kann vor der Prämie profitieren. Die verlockenden 2500 Euro kann man tatsächlich nur dann in voller Höhe verbuchen, wenn der Altwagen überhaupt nichts mehr wert ist. Richtig rund wird die Rechnung also nur, wenn der Altwagen ernsthafte Schäden hat oder so steinalt ist, dass ihn niemand mehr fahren will. Wer von seinem Alten aber noch jeden Tag klaglos zur Arbeit gebracht wird, gehört nicht dazu. Der Fahrer eines "guten Gebrauchten" hat von der Merkel-Prämie nichts.