"Krisen sind wie Kriege", sagte Carl H. Hahn, 82, VW-Chef von 1982 bis 1992. "Sie haben neue Technologien immer beschleunigt." Doch von Krise war auf dem Genfer Autosalon zumindest auf den ersten Blick wenig zu spüren. Vielmehr war Hetze angesagt. Denn der eng getaktete Pressekonferenz-Terminkalender sah solche Firmenauftritte von morgens 8.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr ohne große Pausen vor.
Kurz war die Nacht nicht nur für die Berichterstatter, auch bei Vertretern aus der ersten Garde der Aufsichtsräte, Mitbesitzer oder Manager klingelte der Wecker sehr früh. Zum Beispiel war hübsch anzusehen, wie die Prozession der Herren Ferdinand Piëch, Wolfgang Porsche und Martin Winterkorn samt Gefolge von einem Stand des Volkswagen-Konzerns zum nächsten zog. Von VW erst zu Seat und Skoda, dann zu Bentley, Lamborghini und Audi. Ein Messerundgang im Kleinen, wie ein Spaziergang im eigenen Park.
Punktlandung Polo
Bei VW stand der neue Polo im Zentrum der Botschaft und hier vor allem die Sparversi-on Blue Motion mit einem Verbrauch von 3,3 Litern auf 100 Kilometern sowie einem CO2-Ausstoß von nur 87 Gramm. Carl H. Hahn, der nach eigener Darstellung seit 1950 keine Auto-Messe verpasst hat, sagte stern.de zum Polo: "Dieses Auto kommt auf die Hundertstel Sekunde genau." Ein kleines Fahrzeug mit sparsamem Dieselantrieb sei genau die richtige Antwort auf den schlappen Markt. Ebenso sei dieser Wagen auch ein Kontrapunkt zu Elektroautos und Hybridantrieb. Hahn: "Die Japaner sind bei diesen temporären Hilfsmitteln sehr gut. Aber wir sollten uns davon nicht ins Bockshorn jagen lassen."
Wer gegen Mittag zu Toyota hinüberschlenderte, erlebte eine Überraschung: Keine Fernsehkameras, keine Menschentraube, nichts. Der weltgrößte Autokonzern, einer der finanzstärksten obendrein, hatte seine Pressekonferenz kurzfristig abgesagt. Dabei standen zwei nagelneue Modelle bereit, der europäischen Öffentlichkeit präsentiert zu werden: Das Hybridauto Prius in seiner dritten Generation und der neue Minivan Verso. Die Annullierung war umso erstaunlicher, als Toyota im vergangenen Jahr keine nennenswerten Neuheiten zu bieten hatte und eigentlich hungrig hätte sein müssen, dies nun mit Schmackes nachzuholen.
Wer nach einer Begründung für Toyotas Zurückhaltung suchte, wurde abgeblockt: "Wir hatten gestern Abend einen Empfang und wollten uns nicht wiederholen", sagte Tadashi Arashima, Vorstand bei europäischen Hauptquartier in Brüssel. Sagte es und zog von dannen. Ein Mitarbeiter vermutete "cost cutting" als Ursache, Kostenreduktion. Doch die Standmiete, ohne Zweifel der größte Posten im Messebudget, war ja bereits bezahlt. "Nicht nach zu vollziehen", kommentierte ein dritter Toyota-Mensch kopfschüttelnd die verschenkte Gelegenheit. Bei der Nobeltochter Lexus direkt nebenan ging der Messeauftritt dagegen wie geplant über die Bühne.
Auch bei Volkswagen war der erste Messetag eine Ausnahmeveranstaltung, stand doch der gesamte Auftritt im Zeichen der Baumstreichler - öko, wohin das Auge auch blickte: Sparpolo, Eco-TSI und Blue Motion; dagegen kein Touareg, kein Tiguan, kein Phaeton. Doch keine Sorge: "Das wird für die Publikumstage alles wieder geändert", sagte eine Standmitarbeiterin. Eine grüne Show also für die Medien.