Wann ist ein Design wirklich innovativ? Wann ist es wirklich spannend? Im Band "Fast Forward" werden die interessantesten Modelle der Automobilgeschichte vorgestellt. Die Auswahl folgt dabei ein wenig dem "Wow"-Effekt. Die gezeigten Wagen sind unzweifelhafte Designstücke – mit den Entwicklungslinien der Massenproduktion haben sie wenig zu tun. In ihnen kristallisiert sich der jeweilige Zeitgeist, man sieht Entwürfe, die radikal mit der herrschenden Formensprache brachen. Sie werden noch spannender, wenn parallel Straßenszenen der jeweiligen Zeit betrachtet werden. Manche Entwürfe schafften es durchaus, die Form der "echten" Autos auf den Straßen zu verändern. Andere blieben reine Kunstobjekte.
Träume der Mobilität
Hier blickt man direkt in die elegante Hexenküche der Automobilindustrie, die sich den Luxus geleistet hat, über den Tellerrand des für die Produktion Notwendigen hinwegzublicken. Kein Wunder, dass die sogenannten "Concept Cars" am meisten über den Geist der Zeit aussagen, denn sie loteten aus, was möglich wäre – wenn man all die Zwänge des Marktes und der Produktion außer Acht lässt. Begonnen hat diese Entwicklung in den 30er Jahren, als "rollende Skulpturen von umwerfender Schönheit und Eleganz" entwickelt wurden – so formuliert es Autokenner Jan Baedeker im Vorwort. Sie überschritten die Grenze zwischen Technik und Kunst.
Und folgten doch dem Geist ihrer Zeit. Der Art-déco-Opulenz der Vorkriegszeit, folgten die Straßenkreuzer der 50er – die die Visionen des Jet- und Raketenzeitalters auf die Straße brachten. Bis die Straßenkreuzer dann von den keilförmigen, rasiermesserscharfen Konzeptautos der 1960er und 1970er Jahre abgelöst wurden. Wagen, die so flach waren, dass sie vom Rocksaum der Miniröcke überragt wurden.
Die Diktatur der Marke
Spannend blieb die Entwicklung auch danach. Aber durch neue Bauformen und Produktionsprozesse ist es heute weit schwieriger, einen gewagten Entwurf in fahrbreites Fahrzeug zu übersetzen – von einer zugelassenen Kleinserie gar nicht zu reden. Die Straßenfahrzeuge wurden zu Designobjekten von Messen. Baedeker bedauert zu Recht, dass das Einzelobjekt inzwischen immer unwichtiger wurde. Statt eines bahnbrechenden Entwurfs soll die Markenidentität durch die Concept Cars von heute gestärkt werden. Dabei kommen Visionen mit angezogener Handbremse heraus. Eine ästhetische Gleichschaltung ist in vollem Gange. "Mit austauschbarer Plattformtechnik und immer kohärenteren Designsprachen dienen die einzelnen Automodelle in erster Linie als Instrumente der Markenkommunikation."
In den Designabteilungen fehlen die innovativen Querköpfe. Flavio Manzoni, Designdirektor bei Ferrari, klagt: "Heutzutage nutzen Designer leider oft nur noch bewährte Bausteine, um zu überspielen, dass sie keine innovativen Ideen mehr haben. Es ist nun mal einfacher, eine Ikone neu aufzulegen als neu zu erfinden."
Auch ein Leseband
Der opulente und schwere Bildband ist mehr als ein reiner Augenschmaus. Er bietet zu allen Modellen und Designern neue Zugänge und Details, bleibt dabei aber auch für den Laien lesbar und verständlich. Die Auswahl von Abbildungen und Modelle folgt keinen strengen Kriterien, das liegt an der Natur der Sache, aber dennoch sind die Kriterien dann doch so fest, dass die Auswahl sich weitgehend mit der anderer Publikationen deckt. Wer derartige Bücher sammelt, muss mit Überschneidungen leben können.