Das Bloggen ist in. Immer mehr Menschen mit Internet-Anschluss halten ihre ganz privaten Gedanken in einem Homepage-Tagebuch fest. Stern.de-Kolumnist Carsten Scheibe schließt sich dem neuen Trend gerne an und erzählt aus dem Alltag eines PC-Journalisten.
Viren ohne Ende
Alle fünf Minuten springt der "Norton AntiVirus" an. Kein Wunder: Genau in diesem Zeitraum sucht mein E-Mail-Programm "IncrediMail" von sich aus nach neuen Mails, die auf meinen POP3-Server liegen. Der Virenscanner kommt nicht zur Ruhe, weil ich seit Wochen nonstop mit nervtötenden Viren bombardiert werde. Zurzeit sind es die Viren W32.Netsky.B@mm und der W32.FunLove.4099, die mich in Atem halten. Das ständige Aufpoppen der Virenwarnungen nervt total. Schlimmer noch ist, dass die neuen Viren so extrem langweilig sind. Eine schnell hingekritzelte Zeile in englischer Sprache soll mich dazu veranlassen, den Mail-Anhang zu öffnen, der das Virus enthält? Denkste. Da lobe ich mir doch im Nachhinein den W32.Sober.c@mm, der mir immerhin einen Schwank aus dem Leben erzählte und mich zur Rentenberatung bat, mir als überführten Raumkopierer Dokumente für den Anwalt schickte oder vorgab, ein Anmeldeformular für die Jury-Teilnehmerschaft in "Deutschland sucht den Superstar" zu sein. Nichts gegen Viren. Nur unterhaltsamer sollten sie bitte schön sein. Da lob ich mir doch das marokkanische Scherzvirus, das im Mailtext darum bat, doch bitte selbst ein paar wichtige Dateien von Hand auf dem Rechner zu löschen, weil die einheimischen Entwickler noch nicht so weit sind, selbst ein "richtiges" Virus zu entwickeln.
Online-Radio hören
Der Coolness-Faktor ist extrem hoch: Bei uns in der Redaktion hören wir inzwischen alle nonstop Online-Radio. Eine superschnelle DSL-Verbindung macht es möglich, dass wir alle zur gleichen Zeit in einen anderen Sender hineinhören. Das kleine Tool "Replay" kennt bereits ein paar tausend Online-Radiosender aus allen nur erdenklichen Ländern der Erde. Ich schwöre übrigens auf die Sender "Radio Paradise" und "Smooth Jazz", die rund um die Uhr einen guten Mix aus Chart-Hits, alten Klassikern und mir noch unbekannten Geheimtipps bieten. Per Mausklick lassen sich die einzelnen Songs sogar im MP3-Format mitschneiden. Ist die DSL-Leitung mal wieder zusammengebrochen, so höre ich einfach die aufgezeichneten Songs aus der Festplatten-Konserve. Hauptsache, aus dem PC-Heimkino-Boxensystem klimpern rund um die Uhr die Töne. An einem leisen Arbeitsplatz könnte ich einfach nicht arbeiten.
Herr der Ringe für Mädchen?
Unser Redaktionsbüro Typemania hat ein Sonderheft zum Thema "Herr der Ringe" produziert, das auf knapp 70 Hochglanzseiten alle wichtigen Fakten zum Kinoepos zusammenfasst. Wir sehen da den männlichen Fantasyfreund in der Pflicht, das Heft zu kaufen, um alles über Aragorn, Legolas und Frodo zu erfahren. Doch wir sind total verwundert. Unsere Verlosung im Heft sorgt dafür, dass täglich bis zu 40 Postkarten eintreffen - ein absoluter Rekord. Sonst sind wir schon froh, wenn wir zehn Karten über die ganze Laufzeit einer Verlosung erhalten. Die zweite Überraschung: 99 Prozent aller Postkarten stammen von Mädchen. Die nutzen mitunter Katzen- und Diddl-Maus-Postkarten, um sich bei uns zu melden. Wir schätzen die Girls auf 12 bis 14 Jahre. Sollte das schlachtengewaltige Fantasy-Abenteuer ausgerechnet diese spezielle Zielgruppe erobert haben? Wir staunen. Und das jeden Tag aufs Neue, wenn die neuesten Postkarten geliefert werden.
Mareen in Australien
Vor einem Dreivierteljahr war Mareen Hoeppner aus Potsdam bei uns, um ein Presse-Praktika zu absolvieren. Das damals 19 Jahre alte Mädchen hatte ihre Zukunft bereits genau geplant. Ein paar Praktika, danach ein halbes Jahr nach Australien, dann Studium im Schnellverfahren, anschließend Besuch Journalistenschule. Ja, ja, dachten wir, in der Jugend, da hat man noch Pläne. Umso überraschter waren wir, als wir plötzlich E-Post aus Australien bekamen. Mareen hatte ihren Plan wirklich wahr gemacht und war nach Down under ausgebüxt. In regelmäßigen Mail-Blogs erzählte sie den Zurückgelassenen von ihren Abenteuern, Jobs und Reisen durchs Land. Eine überaus spannende Lektüre, die hoffentlich einmal später als zusammenhängender Reisebericht ins Internet gestellt wird. In ihrer aktuellen Mail schreibt sie: "Ich habe mich dann gleich aufgemacht und war an der Ostküste bei einem aus Köln stammenden älteren Mann woofen. Ja, ja, was ist denn Woofen nun schon wieder? Also: Man arbeitet einen halben Tag und bekommt dafür Kost und Logis frei - und oben drauf noch ein bisschen australische Lebensweise. Ich habe den Typ dann gefragt, was er so für Tiere hat, und er meinte Kängurus. Ich dachte so, na klar, und Tasmanische Teufel hat er bestimmt auch noch... Auf jeden Fall sind wir dann nach einer halben Stunde Fahrt den Berg hoch an seinem Häuschen angekommen und was sitzt da neben der Eingangstür? Zwei, drei kleine Wallabie-Kängerus. Echt der Wahnsinn!"
Steuerprüfung naht
Das Steuerbüro ruft an mit der absoluten Hiobsbotschaft des noch jungen Jahres: Das Finanzamt möchte eine Einkommenssteuerprüfung bei mir machen. Drei Jahre sollen geprüft werden. Zunächst einmal wird mir ganz schwindelig und übel. Mein Gott, das Finanzamt. Sicherlich lande ich wie Peter Graf im Knast. Im Gedanken verabschiede ich mich schon von Frau und Kindern. Dann gehe ich alles logisch durch. Sämtliche Einnahmen sind ordentlich verbucht. Und bei den Ausgaben muss der Steuerberater selbst entscheiden, was er absetzen kann und was nicht. Aber kann es wirklich so einfach sein? Sind denn alle Quittungen für Restaurantbesuche auch wirklich eindeutig? Freund 1 macht Panik: "Wenn die auch nur eine krumme Sache finden, dann werden die richtig sauer und wühlen alle Belege durch." Freund 2 erzählt das Gegenteil: "Die müssen etwas finden, sonst sind sie nicht glücklich. Schließlich werden sie dafür bezahlt, zusätzliche Gelder zu erheben. Sorg einfach dafür, dass die am Ende für tausend Euro Belege beanstanden können, dann ist alles okay." Ich bin der Verzweiflung nah. Das ist eine Erfahrung, auf die ich gut und gerne verzichten kann. Aber laut Statistik ist jeder Betrieb alle zehn Jahre einmal an der Reihe. Nun hat es halt mich erwischt.
Die EXEN laden ein
> Die EXEN mailen mich an. Das ist der Verband der ehemaligen Schüler der Werner-von-Siemens-Schule in Berlin-Zehlendorf. Hier habe ich vor 19 Jahren mein Abitur gemacht. Die Schule bietet inzwischen einen ganz besonderen Service an: Die Schüler, die kurz vor dem Abitur stehen, geben im Unterricht ihre Berufswünsche bekannt. Haben mehrere Schüler den gleichen Wunsch geäußert, lädt die Schule ehemalige Abgänger zum Infoabend ein, die diesen Beruf ausüben. Letztes Jahr habe ich mich als Journalist gemeldet und etwa 40 interessierten Schülern etwas über die Höhepunkte und Tiefschläge meines Jobs erzählt. Im April ist es wieder so weit. Ich würde mich freuen, wenn man mich wieder einladen würde.
Ganz schön müde
Heute habe ich Mühe, mich durch den Tag zu schleppen. Ich habe mir angewöhnt, abends beim Arbeiten am PC oben links im Bildschirm Fernsehen zu schauen. Um 22 Uhr beginnt der Spaß mit "TV total", dann arbeite ich mich durch das nächtliche Programm. So wirken stumpfsinnige PC-Arbeiten nicht mehr ganz so langweilig. So gegen halb eins in der Nacht mache ich dann Schluss und schau mir noch eine neue Video-DVD im Vollbildmodus an. Bei der Verwendung eines 22-Zoll-Flachbildschirms und einer 6.1-Heimkino-Boxenanlage ist das ein echtes Vergnügen, das den Schreibtisch wackeln lässt. Diese Woche habe ich mir bereits "Bad Boys 2", "Born2Die", "Bulletproof Monk" und aktuell "Jeepers Creeper 2" reingezogen. Jetzt hilft kein Kaffee der Welt mehr: Die Augen fallen mir ständig zu. Gut, dass das Wochenende naht und ich mal wieder ausschlafen kann.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, www.typemania.de