VG-Wort Pixel

Ende des rasanten Wachstums Das sind die drei größten Netflix-Herausforderer

Netflix steht bei vielen zuschauern immer noch hoch im Kurs. Doch die Konkurrenz wird immer stärker.
Netflix steht bei vielen Zuschauern immer noch hoch im Kurs. Doch die Konkurrenz wird stärker.
© Karl-Josef Hildenbrand/ / Picture Alliance
Die Corona-Pandemie gab Netflix einen enormen Boost, nun erwartet der Streamingdienst weniger Wachstum. Das liegt nicht nur an den Lockerungen, sondern an einer starken Konkurrenz. Vor allem drei Herausforderer sitzen Netflix im Nacken.

Die Welt blieb (gezwungenermaßen) daheim und schaute in die Röhre, beziehungsweise heutzutage auf den Flatscreen: Aufgrund der Corona-Pandemie und dem Serienhit "Tiger King" feierte der Streamingdienst vor einigen Monaten das bislang stärkste Quartal seiner Firmengeschichte. 15,8 Millionen neue Abonnenten konnte Netflix in nur drei Monaten gewinnen.

Dass man diesen Rekord nicht noch einmal toppen werde, war allen klar, sowohl Netflix-Chef Reed Hastings als auch den Anlegern. Doch die Zahlen, die der Konzern am späten Donnerstagabend deutscher Zeit bekanntgab, waren dann doch ein Dämpfer für die Wall Street: Im zweiten Quartal kamen unter dem Strich 10,1 Millionen Bezahlabos dazu, wie der Streaming-Marktführer mitteilte.

Damit übertraf Netflix zwar seine eigene Prognose von 7,5 Millionen Neukunden deutlich. Doch die Erwartungen der Anleger waren höher. Die Aktie sackte im nachbörslichen Handel um mehr als zehn Prozent ab. Allerdings muss man bedenken, dass der Kurs seit Jahresbeginn fast 63 Prozent im Plus lag.

Netflix hat drei große Konkurrenten

Die wichtigste Frage für viele Marktbeobachter ist: Wie geht es weiter? Dazu erklärte Netflix: "Das Wachstum verlangsamt sich, da die Verbraucher den anfänglichen Schock von Covid-19 und sozialen Einschränkungen überwinden. Unsere Netto-Neuabos für den Monat Juni umfassten auch jene Abonnements, die wir gekündigt hatten, da ein kleiner Prozentsatz unserer Mitglieder den Dienst in letzter Zeit nicht genutzt hatte."

Mehr als zehn Millionen Neukunden in nur einem Quartal sind immer noch bemerkenswert. Doch das Wachstum werde abflachen, räumte das Unternehmen ein, und der Wettbewerb bleibe hart: "Alle großen Unterhaltungsunternehmen wie WarnerMedia, Disney und NBCUniversal treiben ihre eigenen Streaming-Dienste voran, und zwei der wertvollsten Unternehmen der Welt - Apple und Amazon - investieren verstärkt in Premium-Inhalte. Darüber hinaus ist das Wachstum von TikTok erstaunlich und zeigt die fließenden Übergänge der Internet-Unterhaltung."

Disney, Apple, TikTok - das sind laut Netflix die drei größten Herausforderer. Alle drei Konzerne verfolgen unterschiedliche Ansätze.

Disney+

Der Streamingdienst Disney+ ist im vergangenen Jahr in den USA gestartet, seit 24. März ist der Dienst auch hierzulande verfügbar. Disney setzt vor allem auf seine populären, familientauglichen Eigenproduktionen: Neben den beliebten Zeichentrick- und Animationsfilmen bietet der Dienst auch die "Star Wars"- und Superhelden-Filme des Marvel-Universums, zudem sind 30 Staffeln der "Simpsons" an Bord. Disney+ kostet 6,99 Euro pro Monat oder 69 Euro im Jahr, was deutlich günstiger ist als Netflix: Das Premium-Abo mit 4K-Qualität kostet dort 15,99 Euro pro Monat.

Der Disney-Mix kommt bei den Zuschauern an: Bereits Anfang Mai verkündete der Konzern, die Marke von 54 Millionen Abonnements geknackt zu haben. Zuletzt dürfte das Wachstum dank Neustarts wie "Die Eiskönigin 2" und der Aufzeichnung des Broadway-Hits "Hamilton" noch einmal deutlich angezogen haben.

Auch im kommenden Jahr setzt Disney verstärkt auf bereits etablierte Eigenmarken: Vor wenigen Tagen hat der Konzern etwa die Serie "Star Wars: The Bad Batch" angekündigt, die von Lucasfilm produziert wird. Im Unterschied zur Filmreihe handelt es sich dabei um eine Animationsserie.

Trailer: "Greyhound" –  Kriegsdrama mit Tom Hanks startet am 10. Juli

Apple TV+

Der Video-on-Demand-Dienst Apple TV+ ist seit 1. November 2019 verfügbar. Apple setzt auf wenige, dafür hochwertig produzierte Eigenproduktionen, zu den bekanntesten gehören "The Morning Show" mit Jennifer Aniston und Reese Witherspoon, "See" mit Jason Momoa und "Verschwiegen" mit Chris Evans. Zuletzt kündigte Firmen-Chef Tim Cook "Foundation" an, eine Science-Fiction-Serie aus der Feder von Jonathan Nolan, dem Erfinder der Serien "Person of Interest" und "Westworld". Die Liste zeigt: Cupertino will mit dem Promi-Faktor punkten.

Apple TV+ ist mit 4,99 Euro pro Monat einer der günstigsten Dienste, vor allem aber nutzt Apple die Popularität seiner Geräte, um den Dienst zu promoten: Wer ein iPhone, iPad, einen Apple TV oder Mac kauft, erhält den Dienst ein Jahr umsonst. Ein Trumpf, den andere Anbieter nicht ausspielen können.

Das Unternehmen selbst gibt keine detaillierten Abonnentenzahlen für Apple TV+ bekannt. Insofern kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Strategie "Klasse statt Masse" aufgeht. Aber ein kürzlich veröffentlichter Bericht deutet darauf hin, dass der Dienst seine Zuschauerrekorde nach der Veröffentlichung des Tom Hanks-Films "Greyhound" (lesen Sie hier unsere Kritik) in der vergangenen Woche übertroffen hat. Knapp ein Drittel der "Greyhound"-Zuschauer sollen demnach neue Abonnenten des Apple TV+ Dienstes sein, so der Bericht.

TikTok

TikTok ist kein klassischer Streaming-Dienst, sondern ein soziales Netzwerk mit Schwerpunkt auf kurzen Videos. Auf TikTok kann man 15 Sekunden lange Clips aufnehmen und diese mit Spezialeffekten und Musik hinterlegen - das erfreut sich vor allem bei jungen Nutzern großer Beliebtheit.

Bei TikTok sorgt das rasante Wachstum für Staunen: Mit mehr als einer Milliarde Nutzern aus über 150 Ländern stieg der Dienst innerhalb kurzer Zeit zu einem der Big Player im Bereich der sozialen Medien auf. TikTok dominiert die App-Charts weltweit, die Anwendung wurde dem Analysedienst Sensor Tower zufolge bereits mehr als zwei Milliarden Mal heruntergeladen.

Besonders populär ist der Dienst in Indien (mehr als 600 Millionen Nutzer) und China (knapp 200 Millionen User, allerdings für die Douyin genannte Version). Auf dem dritten Platz befinden sich die USA mit rund 165 Millionen Downloads.

Netflix hält an Strategie fest

Disney hat die populärsten Marken, Apple die größte Brieftasche, TikTok das schnellste Wachstum. Man werde die Konkurrenz im Auge behalten, aber mache sich derzeit keine allzu großen Sorgen, erklärte Netflix: "Anstatt uns über all diese Konkurrenten Sorgen zu machen, halten wir weiterhin an unserer Strategie fest, unsere Dienstleistungen und Inhalte jedes Quartal schneller als unsere Mitbewerber zu verbessern. Unser anhaltend starkes Wachstum ist ein Beweis für diesen Ansatz und die Größe des Unterhaltungsmarktes."

Lesen Sie auch:

- Hollywood-Star Tom Cruise verrät, was ihn an modernen Fernsehern am meisten nervt

Apps: Das milliardenschwere Geschäft mit den kleinen Kacheln

Mehr zum Thema

Newsticker