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BGH-Urteil zu illegalen Musikdownloads Das müssen Eltern über Filesharing wissen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Eltern sind nur teilweise für illegale Downloads ihrer Kinder verantwortlich. Doch wie kann man sich schützen? Was ist erlaubt, was verboten? Ein Überblick.
Von Christoph Fröhlich

Ein Knopfdruck genügt, um ganze Musikalben, Kinofilme, Serienstaffeln und Videospiele herunterzuladen. Tausendfach rauschen geschützte Werke durch deutsche Datenleitungen, doch der vermeintlich kostenlose Download in Tauschbörsen bleibt oft nicht ohne Folgen: Mehr als 700.000 Abmahnungen wurden nach Angaben des Justizministeriums allein im vergangenen Jahr verschickt.

Jetzt sorgt der Bundesgerichtshof für Aufsehen: Eltern müssen nur unter bestimmten Umständen für den illegalen Musiktausch ihrer Kinder im Internet haften, entschieden die Karlsruher Richter am Donnerstag und hoben damit die Urteile der Vorinstanzen auf. Falls Eltern ihre Kinder über die Rechtswidrigkeit der Tauschbörsen aufgeklärt und keinen konkreten Anlass zu Misstrauen haben, können sie für finanzielle Schäden auch nicht verantwortlich gemacht werden.

Doch was ist erlaubt, was verboten? Verhindern Firewalls und Antivirenprogramme wirklich illegale Tauschbörsendownloads? Und wie steht es um One-Click-Hoster wie Rapidshare, Netload und Co.? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche Tauschprogramme gibt es?

Es gibt eine Vielzahl von Programmen, mit denen illegal Musik, Filme, Serien oder Videospiele heruntergeladen und getauscht werden können. Die populärsten sind: - Bittorrent - eMule - Vuze - Bearshare - jDownloader Überprüfen Sie regelmäßig den von den Kindern genutzten Computer und halten Sie nach diesen Programmen Ausschau.

Ich möchte nicht im Computer meines Kindes schnüffeln. Was kann ich tun?

Sprechen Sie mit ihrem Kind und informieren Sie es über die Gefahren von Tauschbörsen. Häufig wird im Netz mit "kostenloser Musik" oder "Free Music" geworben, doch meist handelt es sich um illegales Material. Zeigen Sie dem Nachwuchs stattdessen legale Alternativen wie iTunes, Musicload, Amazon oder Googles Play-Store. Musik gibt es auch bei kostenlosen Streamingportalen wie last.fm, Deezer oder Spotify.

Wie kann der Computer gesichert werden, sodass Kinder nicht illegal Musik tauschen können?

Eine hundertprozentige Absicherung gibt es nicht. Dazu müssten Eltern ihre Kinder am Computer permanent überwachen und bestenfalls direkt neben ihnen sitzen. Dennoch gibt es ein paar technische Kniffe, mit denen das illegale Tauschen von Dateien zumindest erschwert werden kann. Doch was hilft - und was ist nutzlos? Der Sicherheitsexperte Sebastian Schreiber gibt eine Übersicht. Schutzprogramme: "Schutzsoftware hält Viren und Trojaner fern. Im Fall von Filesharing-Programmen sind sie aber nutzlos", so der IT-Experte. Firewalls: Hier muss zwischen Firewalls für den Computer und im Router unterschieden werden. "Die Software-Lösung ist nutzlos und kann leicht umgangen werden. Anders sieht es bei Router-Firewalls aus, diese können sehr wohl einen ausreichenden Schutz bieten." Bei der Fritzbox beispielsweise lassen sich Filesharing-Anwendungen bequem im Menü des Routers sperren, sodass keine Dateien mehr getauscht werden können. Ports sperren: Im Menü des Routers lassen sich auch sogenannte Ports sperren, die typischerweise die Kommunikation zwischen Software und Internet herstellen. Das hilft aber nur bedingt: "Das Sperren der Ports ist ein guter, aber kein hundertprozentiger Schutz. Mit ein wenig Aufwand können die Sperren umgangen werden." Die Empfehlung des Sicherheitsexperten: Nutzerrechte einschränken. "Kindern unter 13 Jahren sollten unbedingt die Adminrechte auf dem Computer entzogen werden. Meist reicht es schon, dass sie nicht eigenständig Programme installieren können." Spielen, im Internet surfen und Texte schreiben können sie trotzdem.

Ich habe Musik nur heruntergeladen und nicht zum Download angeboten. Ist das verboten?

Ja, auch das Herunterladen von Musik ist illegal. Vor einigen Jahren war nur das Anbieten von urheberrechtlich geschützten Dateien verboten, seit 1. Januar 2008 ist durch eine Gesetzesänderung aber auch das Herunterladen strafbar, wenn offensichtlich ist, dass die Dateien illegal angeboten werden. Zudem ist es auch kaum möglich, Dateien in Tauschbörsen nur herunterzuladen, da man sie gleichzeitig auch hochlädt.

Wird man als Tauschbörsennutzer automatisch zum Anbieter von Raubkopien?

Viele User nutzen Tauschbörsen, um Musik und Filme herunterzuladen. Was die meisten nicht wissen: Dateien werden nicht nur heruntergeladen, sondern automatisch auch gleichzeitig anderen Nutzern zur Verfügung gestellt. Dabei reicht es schon, nur einen Bruchteil der Datei auf die Festplatte zu laden: Lädt man beispielsweise nur die ersten zehn Sekunden eines Musikstücks, werden diese zehn Sekunden anderen Tauschbörsennutzern zur Verfügung gestellt. Deshalb nützt es auch nichts, die heruntergeladenen Dateien zu sichern und anschließend zu löschen oder in einen anderen Ordner zu verschieben.

Wie kommen die Anwälte überhaupt an die Daten der Tauschbörsennutzer?

Die Inhaber der Urheberrechte beauftragen häufig private Ermittler, die Tauschbörsen nach bestimmten Titeln, meist aktuelle Kinofilme oder Musik aus den Charts durchforstet. In den Programmen finden Sie eine Liste aller Nutzer, die die Dateien gerade anbieten, mitsamt der IP-Adresse des Computers. Zum Beweis werden die Titel heruntergeladen, der Vorgang wird mit einem Screenshot dokumentiert. Diese Ergebnisse werden anschließend einem Anwalt übermittelt, der Strafanzeige stellt. Die Provider werden aufgefordert, die Daten zur Person hinter dem jeweiligen Anschluss herauszusuchen, die Anwälte der Musikindustrie kommen so an die Klarnamen der Betroffenen. Anschließend wird eine Abmahnung verschickt.

Ich habe vor einigen Monaten illegal Musik heruntergeladen. Muss ich jetzt noch mit einer Abmahnung rechnen?

Abmahnungen werden zum Teil mit erheblicher Verzögerung verschickt. In manchen Fällen trudeln bei einigen Betroffenen noch Abmahnungen für Tauschbörsennutzungen ein, die mehr als ein Jahr zurückliegen. Ist die Nutzung allerdings viele Jahre her, dürften Sie vermutlich keine Post mehr bekommen.

Dürfen Aufzeichnungen von Fernsehsendungen heruntergeladen werden?

Auch wenn eine Sendung kostenlos im Fernsehen gezeigt wurde, ist sie urheberrechtlich geschützt. Für sie gelten die gleichen Regeln wie für Musik oder Kinofilme.

Ich habe eine Abmahnung bekommen. Was soll ich tun?

Das Wichtigste: Nicht einschüchtern lassen und das Schreiben auf keinen Fall ignorieren oder die Frist verstreichen lassen. Lassen Sie das Schreiben zuerst von einem spezialisierten Anwalt prüfen und wenden Sie sich an die Rechtsschutzversicherung, falls Sie eine haben. Häufig sind die Forderungen unverhältnismäßig hoch. Laut Verbraucherschützern lassen sich viele Forderungen abmildern. Verbraucherzentralen bieten auch Beratungsgespräche rund um das Thema Urheberrechtsverletzungen an, in Rheinland-Pfalz kostet das erste Gespräch beispielsweise 35 Euro. Und: Prüfen Sie auch die vorgefertigte Unterlassungserklärung, die häufig der Abmahnung beiliegt. Sie verpflichtet meist unwiderruflich zum Schadensersatz.

Ich habe eine Abmahnung bekommen, aber nichts heruntergeladen. Bin ich trotzdem strafbar?

Meist werden nicht die Urheberrechtsverletzer abgemahnt, sondern die Anschlussinhaber. Bei minderjährigen Nutzern sind das beispielsweise die Eltern. Die Rechtslage zur Haftung der Anschlussinhaber ist aber umstritten: Einige Gerichtsurteile besagen, dass Eltern ihre Kinder nicht permanent überwachen müssen, andere Gerichte fordern, dass Eltern generell misstrauisch sein sollten und technische Schutzmaßnahmen ergreifen müssten. Das Urteil des Bundesgerichtshofs könnte wegweisend sein: Laut den Richtern in Karlsruhe müssen Eltern nur dann für den illegalen Musiktausch ihrer Kinder im Internet haften, wenn sie ihre Kinder nicht zuvor über die Rechtswidrigkeit der Tauschbörsen aufgeklärt und keinen konkreten Anlass zu Misstrauen haben. Dann können sie für finanzielle Schäden auch nicht verantwortlich gemacht werden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte somit wegweisend sein und einen einheitlichen Kurs bei der Urteilsfindung vorantreiben.

Mein Wlan wurde gehackt und für den Download von illegalem Material missbraucht. Was kann ich tun?

Nicht alle, die Post vom Anwalt wegen Urheberrechtsverletzungen bekommen, haben diese auch selbst begangen. Manchmal brechen Fremde in das Funknetzwerk ein und nutzen den fremden Internetzugang zum Download von Musik, Filmen und TV-Serien. Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass dafür der Anschlussinhaber die Schuld trägt: Nutzer müssen ihr Wlan ausreichend absichern, indem sie es verschlüsseln. Dabei sollte der aktuellste Standard WPA2-PSK und ein sicheres Passwort verwendet werden. Wie Sie ein sicheres Passwort erstellen, lesen Sie hier. Zudem ist es hilfreich, das Funknetzwerk nur bei Gebrauch einzuschalten.

Was sind One-Click-Hoster? Sind Rapidshare, Netload, Sharebiz und Co. illegal?

Die rechtliche Situation um die sogenannten One-Click-Hoster (OCH) ist umstritten: Die Plattformen bieten ihren Nutzern Online-Speicherplatz, auf denen Daten hochgeladen und von anderen Nutzern wieder herunterladen werden können, wenn sie den entsprechenden Link vom Uploader erhalten. Gegen eine geringe Gebühr können die Dateien zudem besonders schnell geladen werden. Häufig werden OCH als Austauschplattform für urhebergeschütztes Material genutzt. Die Dienste sind an sich aber nicht illegal: Zwar können auch rechtlich geschützte Dateien auf die Plattform hochgeladen werden, damit sind sie aber noch längst nicht öffentlich zugänglich. Die Unternehmen sind verpflichtet, regelmäßig Maßnahmen zur Vermeidung von Urheberrechtverletzungen zu ergreifen, wenn diese bekannt seien, entschieden die Richter am Oberlandesgericht Hamburg im März 2012.

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