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Verlorene Schätze Nur das vergessene Passwort trennt ihn von 200 Millionen Euro in Bitcoin – und er ist nicht alleine

Ohne das Passwort ist bei Bitcoin schnell ein Vermögen futsch (Symbolbild)
Ohne das Passwort ist bei Bitcoin schnell ein Vermögen futsch (Symbolbild)
© amenic181 / Getty Images
Jeder hat schon mal ein Passwort vergessen. Den Entwickler Stefan Thomas hat das ein Vermögen gekostet. Das Problem ist weit verbreitet. 

Einen Safe voller Reichtümer Zuhause, die immer wertvoller werden - aber ohne die Kombination. So muss es sich für die Besitzer von Kryptowährungen anfühlen, die das Passwort verloren haben. Angesichts des aktuellen Bitcoin-Booms wurden etwa bei Stefan Thomas alte Wunden aufgerissen. Der Entwickler besitzt etwa 200 Millionen Euro auf einem USB-Stick. Und hat keine Hoffnung, jemals an sie heranzukommen.

"Ich lag einfach im Bett herum und grübelte", erzählt Thomas der "New York Times". "Dann bin ich mit einer neuen Strategie zum Computer herüber gegangen. Und es funktionierte wieder nicht. Und ich war wieder verzweifelt." Der in San Francisco lebende Entwickler hatte seine 7002 Bitcoin auf einem sogenannten Ironkey gespeichert, einem verschlüsselten USB-Stick. Das Passwort hatte er auf einem Zettel aufgeschrieben, den er leider verlor. Doch der Stick erlaubt nur zehr Versuche, das Passwort einzugeben, bevor er sich löscht. Jetzt bleiben ihm nur noch zwei Versuche, um wieder an seine Reichtümer zu gelangen. 

Jagd auf verlorene Schätze

Die waren zum Zeitpunkt, als er sie erhielt, längst nicht so viel wert wie heute. Der deutschstämmige Thomas lebte 2011 in der Schweiz, berichtet er der Zeitung. Weil er einem Fan der damals weitgehend unbeachteten Währung bei der Erstellung eines Videos über Bitcoin half, bedankte der sich mit den 7000 Bitcoin. Obwohl es damals nur ein knappes Viertel der aktuell 18 Millionen Bitcoin gab, waren sie deutlich weniger wert: Als das Video im März 2011 live ging, waren die Bitcoin knapp 5000 Euro wert. Da dürfte es ärgerlich gewesen sein, dass er bereits einige Monate später das Passwort verlor. Eine Tragödie war es nicht. Bis der Bitcoin explodierte.

Schon beim letzten Boom 2017 machten Berichte über Menschen die Runde, die verzweifelt versuchten, an ihre plötzlich wertvollen Bitcoin-Reserven heranzukommen. Dem Journalist Mark Frauenfelder gelang etwa mit einem Hacker, was selbst mit Hypnose nicht gelingen wollte: Er bekam wieder Zugang zu seiner Wallet. Anderen blieb dieser Erfolg verwehrt. Verzweifelt versuchte etwa James Howells etwa, seine Festplatte mit 7500 Bitcoin auf einer britischen Müllkippe zu finden. Mittlerweile ist klar, dass er sie wohl nie bekommen wird. Ein Kanadischer Banker nahm mit dem Passwort 180 Millionen Dollar mit ins Grab.

Der Vorteil als Gefahr

Das ist keine Seltenheit. Etwa 20 Prozent aller Bitcoin sollen nicht mehr für die Besitzer erreichbar und damit für immer verloren sein, schätzte eine Studie der Agentur Chainalysis bereits 2018. Der Grund ist die dezentrale Umsetzung des Bitcoin über die Blockchain. Jede der digitalen Münzen existiert nur einmal, wird in einer Art digitalen Geldbörse aufbewahrt. Verliert man durch einen Passwort-Verlust den Zugang zu seinen Bitcoin, gibt es - anders als etwa bei einer Bank - niemanden, der sie wiederherstellen kann. 

Hände tippen an einem Laptop

Der dezentrale Ansatz gilt eigentlich als einer der größten Vorteile der Währungen. Zum einen erlaubt es, sie als wirklich internationale Währungen zu etablieren, die keinem Zugriff durch Zentralbanken ausgesetzt sind, sondern nur vom Markt bestimmt werden. Zum anderen gibt er gewährt er auch Menschen Zugang zum System, die vom traditionellen Finanzsystem übersehen werden. 

Einer von ihnen ist Gabriel Abed. Der Unternehmer aus Barbados verlor ebenfalls knapp 800 Bitcoin, das entspricht aktuell 22,5 Millionen Euro. Anders als Thomas hatte er nicht das Passwort vergessen. Stattdessen wurden die Bitcoin selbst unwiederbringlich gelöscht, weil ein Kollege die Festplatte des Laptops formatierte, auf dem sie sich befanden.  

Die eigene Bank

Abed versucht, die Sache positiv zu sehen. "Das Risiko, seine eigene Bank zu sein, kommt eben mit der Möglichkeit, frei an mein Geld zu kommen und ein Weltbürger zu werden", gibt er sich gegenüber der Zeitung gelassen. Vor Bitcoin sei es in seiner Heimat kaum möglich gewesen, am digitalen Geschäftsleben teilzuhaben, selbst ein Paypal-Account sei quasi unerreichbar gewesen. "Für mich ist es das wert." Bei der Einschätzung hilft sicher, dass er über weitere Bitcoin-Wallets mehr als genug Vermögen anhäufen konnte und durch den Verlust nicht ruiniert wurde.

Thomas kann dem Gedanken, seine eigene Bank zu sein, dagegen wenig abgewinnen. "Machen Sie Ihre eigenen Schuhe?", fragt er die "NYT" rhetorisch. "Der Grund dafür, dass wir Banken haben, ist doch, dass wir uns mit den ganzen Dingen, die Banken tun, nicht befassen wollen."

Auch ihn hat der Verlust allerdings nicht in den Ruin getrieben. Mit weiteren Bitcoin-Reserven und einem frühen Einstieg in das Krypto-Startup Ripple hat auch er ordentlich Geld verdient. Den Ironkey mit dem Millionenvermögen hat er an einem sicheren Ort aufbewahrt. Nur für den Fall, dass er irgendwann mit einer neuen Methode doch knackbar sein sollte. "Ich habe mich irgendwann entschieden, einfach loszulassen", sagt er über das Vermögen, das so nah und doch so fern ist. "Einfach, um geistig gesund bleiben zu können."

Quelle:New York Times, Wall Street Journal

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