Das Schlachtschiff "HMS Prince of Wales" war der Stolz der britischen Marine, bevor sie im Dezember 1941 gemeinsam mit dem alten Schlachtkreuzer "HMS Repulse" versenkt wurde. Nun wurden die Wracks und damit die Gräber der gestorbenen Matrosen ausgeschlachtet. In Malaysia wurde das chinesische Baggerschiff "Chuan Hong 68" festgesetzt, weil es illegal in malaysischen Gewässern im Südchinesischen Meer geankert hatte.
Zuvor war der Verdacht aufgekommen, dass das Baggerschiff die Wracks ausplündert. An Bord wurde Munition großen Kalibers gefunden, vermutlich Munitionshülsen der "HMS Prince of Wales" und der "HMS Repulse". "Die Schiffsbesatzung wurde wegen der mutmaßlichen Plünderung von Metallen, darunter begehrter Vorkriegsstahl, befragt", so die malaysischen Behörden. "Unsere Ermittlungen richten sich nun darauf, woher diese Kanonengranaten stammen. Zurzeit durchsuchen Beamte mehrerer Behörden das große Schiff", sagte Nurul Hizam Zakaria, der Leiter der Schifffahrtsbehörde.
Ganze Schiffe spurlos verschwunden
Neu wäre das nicht. Im Südchinesischen Meer verschwinden seit Jahren Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg, etwa der niederländische Kreuzer "De Ruyter" (Drei versunkene Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg spurlos verschwunden). Auch "Repulse" und "Prince of Wales" wurden schon mehrmals von Räubern heimgesucht.
Bei dem Raub geht es weniger um Militaria oder um Andenken, es geht vor allem um den Stahl. Stahl aus der Zeit vor den ersten Atombomben hat eine geringe radioaktive Belastung. Der Low-Background-Stahl wird für wissenschaftliche Instrumente benutzt. Hinzu kommen große Mengen an Bronze, Aluminium und Messing. Die Wracks wurden seit Jahren von Plünderern angeknabbert. Beide Schiffe liegen in nur 60 Metern Tiefe, daher sind sie ein beliebtes Ziel. Mit einem speziellen Gesetz versucht Großbritannien die Grabstätten zu schützen, hat selbst aber keine Jurisdiktion in dem Gebiet. Erstmals wurde ein Baggerschiff festgesetzt. Denn in diesem Fall betrifft es die Wirtschaftszone eines anderen Landes und der Druck aus Großbritannien wächst.
Ende einer Ära
Die "HMS Prince of Wales" gehörte zur King-George-V-Klasse, die in den dreißiger Jahren gebaut wurde. Sie beteiligte sich an der Jagd auf die "Bismarck". Das deutsche Schlachtschiff wurde von den Torpedos britischer Flugzeuge bewegungsunfähig geschossen und dann versenkt. Die "Prince of Wales" erwartete in Asien ein ganz ähnliches Schicksal.
Anfang Dezember 1941 sollte die "Prince of Wales" gemeinsam mit der "Repulse" und vier schützenden Zerstörern einen japanischen Truppentransport angreifen. Dabei wurde sie von einem U-Boot gesichtet und später von Torpedo-Bombern angegriffen. Ein Treffer riss die Schraubenwelle aus dem Lager, durch das einbrechende Wasser sank das Schiff innerhalb von zwei Stunden. 327 Seeleute starben.
Die "Repulse" konnte noch 14 Torpedos ausweichen. Das alte Schiff, das noch im Ersten Weltkrieg gebaut wurde, sank erst nach dem fünften Treffer. Dann aber innerhalb von Minuten. 513 Mann der Besatzung zog die "Repulse" in die Tiefe.
Der die Flotte kommandierende Admiral Phillips lehnte bei dem Einsatz einen durchaus möglichen Luftschutz ab, auch während des Kampfes forderte er keine Jäger an.
Damit besiegelte er das Schicksal seiner Schiffe. Schon wenige Jagdflugzeuge hätten sie schützen können. Die japanischen Bomber hatten keinen eigenen Jagdschutz, der die Briten in Luftkämpfe hätte verwickeln können. Der Zielanflug auf die Schiffe wäre sehr viel schwieriger gewesen, wenn die Bomber Jägern hätten ausweichen müssen.
Tiefpunkt der Lage im Pazifik
Der Kommandant der "Repulse" forderte schließlich doch Jagdschutz an – eine Stunde nach Beginn der Angriffe. Als die britischen Flugzeuge eintrafen, waren die "Repulse" bereits auf dem Grund und die "Prince of Wales" sank. Nach dem Untergang der "Bismarck" und den Verlusten der USA in Pearl Harbour, zeigte der Untergang von "Prince of Wales" und "Repulse" deutlich, dass die Ära der Großkampfschiffe zu Ende war. Angriffen aus der Luft konnten sie trotz ihrer Flugabwehrkanonen nicht widerstehen. Die Zeit der Flugzeugträger hatte begonnen.
Im Zweiten Weltkrieg war nun der Tiefpunkt der britischen Macht im Pazifik erreicht. Winston Churchill, der den Einsatz der Schiffe forciert hatte, schrieb: "Während des gesamten Krieges habe ich nie einen stärkeren Schock erlebt. Als ich mich im Bett umdrehte, erfasste mich der ganze Schrecken der Nachricht. (...) Auf dieser riesigen Wasserfläche hatte Japan die Oberhand, und wir waren überall schwach und nackt."
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