Wut und Bestürzung herrschen in den Niederlanden. Praktisch über Nacht sind die Wracks von drei versunkenen niederländischen Kriegsschiffen vom Meeresgrund verschwunden. Ein Sakrileg, denn die versunkenen Giganten sind zugleich das Grab von über 1000 Matrosen, die mit ihren Schiffen untergingen. Das Verteidigungsministerium gab bekannt: "Es sieht aus, als wären die Wracks der HNLMS De Ruyter und der HNLMS Java komplett verschwunden. Von der HNLMS Kortenaer fehlen große Teile."
Letzte große Seeschlacht der Niederlande
Die Erklärung für das Verschwinden dürfte wenig mysteriös und überaus profan sein: Wahrscheinlich wurden die Schiffe wegen des Altmetalls geplündert. Alle drei Schiffe sanken in der Schlacht in der Javasee, die am 27. und 28. Februar 1942 stattfand. Es war die letzte große Schlacht der Kolonial- und Seemacht Holland und sie gilt als nationales Trauma. Das holländische Geschwader leistete am anderen Ende der Welt an Seiten der Alliierten Widerstand gegen das japanische Vordringen – zu einem Zeitpunkt als das Mutterland schon fast zwei Jahre von Deutschland besetzt war. Trotz des Heroismus der Soldaten entwickelte sich die Schlacht zum Desaster für die alliierten Flotteneinheiten. Schon am 27. Februar sank zuerst der Kreuzer Java, kurz danach trafen Torpedos die Munitionskammer der De Ruyter. Das Schiff wurde aufgegeben. Es nahm aber dennoch 334 Mann in die Tiefe, darunter auch Admiral Karel Doormann. Er weigerte sich, sein sinkendes Flaggschiff zu verlassen.
Der leichte Kreuzer war nach Admiral Michiel de Ruyter benannt, dem größten Seehelden der Niederlande. 900 Niederländer und 250 Indonesier fanden mit ihren Schiffen den Tod. Entdeckt wurden die Wracks in der Java See vor Indonesien erst im Jahr 2002 von einem Amateurtaucher.

Nun sollte eine wissenschaftliche Expedition die Schiffe erkunden, das 75. Jubiläum der Seeschlacht in der Java See steht bevor. Aber die Wissenschaftler fanden nur noch einen leeren Meeresboden vor. Auch mit dem Sonar ließen sich die Schiffe nicht aufspüren. "Eine Untersuchung wurde gestartet, um den Verbleib der Wracks aufzuklären, auch die Regierung ist informiert. Die Entweihung der Gräber ist ein ernsthaftes Vergehen", hieß es aus dem Verteidigungsministerium.
Altmetall-Piraten
Es fragt sich allerdings, inwieweit Indonesien und andere Anrainerstaaten Anteil am Schicksal von Kriegsschiffen der ehemaligen Kolonialherren nehmen. Tatsächlich ist das Plündern von Wracks in den dortigen flachen Gewässern mehr oder minder üblich. Schon vor zwei Jahren berichtete die "New Straits Times" über die Praktiken der Metall-Piraten. Damals ging es um die Wracks der britischen Schiffe Repulse und der Prince of Wales, die Ende 1941 versenkt worden waren.
Eine Taucher-Schule in Malaysia sagte damals dem Blatt, dass die Plünderer keine großen Bergungsschiffe benutzen. Sie würden sich als Fischer ausgeben und die Wracks auseinandersprengen, um die Bruchstücke dann in Kleinarbeit einzusammeln. Sie würden tagelang auf See bleiben und auch schwierige Tauchgänge in große Tiefen nicht scheuen. Die Schlachtschiffe Repulse und Prince of Wales verschwanden nicht ganz, ihnen fehlten nur große Teile. Die Prince of Wales ist allerdings auch ein Schlachtschiff der King-George-V-Klasse mit immerhin 36.750 Tonnen Wasserverdrängung und 227 Meter Länge. Der schlanke, leichte Kreuzer De Ruyter ist wesentlich kleiner, aber immerhin auch noch 170 Meter lang. Von ihm blieb nichts zurück.
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