US-Wissenschaftlern ist der Durchbruch in der Fusionstechnik gelungen. Sie haben im Labor erstmals einen "echten" Fusionsreaktor angeworfen, also ein System, das mehr Strom erzeugt, als es selbst zum Betrieb benötigt. Die bisherigen Geräte der Fusionstechnik wurden zwar umgangssprachlich Reaktoren genannt, genau genommen waren sie aber riesige Stromverbraucher und keine Energieerzeuger.
Die Kraft der Sonne
Was ist Fusionstechnik? Fusionsreaktoren gehören zur Kerntechnik und doch arbeiten sie gänzlich anders als die bisher gebauten Reaktoren, die auf Brennstäbe mit Uran angewiesen sind. In einem Fusionsreaktor wird die Energie der Sonne entfesselt. Unter bestimmten Bedingungen – sehr hohe Hitze und sehr hoher Druck – verschmelzen zwei Wasserstoffatome zu einem Heliumatom. Bei diesem Prozess wird Energie frei. Wenn es gelingt, den Prozess zu beherrschen, könnten derartige Reaktoren unendlich viel Energie ohne Klimafolgen liefern. Wasserstoff ist gemessen am Bedarf der Reaktoren in unendlicher Menge vorhanden. Hinzu kommt, dass es das Problem der strahlenden Altlasten nicht in dem Maße gibt wie bei Reaktoren, die mit Uran arbeiten. Weiteres Plus: Es kann keinen Unfall wie bei einer Kernschmelze geben. Zur Fusion kommt es nur unter bestimmten Bedingungen, die aufwendig hergestellt werden müssen. Bei einer Panne bricht die künstliche "Sonnen-Zone" zusammen und die Verschmelzung stoppt.
Vorbild H-Bombe
Das Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien nutzt einen Prozess, der sich Inertial Confinement-Fusion nennt. Er unterscheidet sich grundsätzlich von den großen Fusionsreaktoren wie dem ITER in Frankreich oder den Großanlagen in China und Korea. In diesen Tokamak-Reaktoren versucht man in einem donutförmigen Ring eine kontinuierliche Verschmelzung wie in der Sonne herzustellen. Das Grundprinzip der Tokamaks wurde Anfang der 1950er-Jahre von sowjetischen Wissenschaftlern erdacht. Doch so genial ihre Vision war, zeigte sich, dass der Weg dorthin in der Praxis äußerst steinig war und erst jetzt nach 70 Jahren gibt es eine Chance, dass diese Reaktoren dauerhaft arbeiten können.
Die NIF Target Bay in Livermore basiert auf einer anderen Idee, anstatt einer scheinenden Sonne wird eine Explosion wie bei einer Miniwasserstoffbombe initiiert. Dazu treffen die Strahlen von 192 Lasern auf winziges Wasserstoffbrennstoffpellet. Dieser Durchbruch gelang nicht einem der zahlreichen Start-ups auf dem Gebiet, er geschah in einer staatlichen Anlage. Der Erfolg ist auch ein Treppenwitz der Geschichte. Der Durchbruch wurde nicht in den sehr teuren zivilen Forschungsanlagen erzielt, die National Ignition Facility ist mit Kosten von 3,5 Milliarden Dollar gegen den ITER spottbillig. Die Kosten des ITER wurden zunächst mit 5 Milliarden angesetzt, verdreifachten sich schnell und inzwischen ist klar, dass auch die 15 Milliarden nicht ausreichen werden. Die National Ignition Facility wurde primär gebaut, um Atomwaffen zu testen. Die jetzige Fusionsanlage ist eine Art Nachfolgenutzung.