Energiewende Kernfusion bis 2028 – dann will Microsoft Fusionsstrom des Start-Ups Helion einsetzen

Die derzeitige Anlage von Helion
Die derzeitige Anlage von Helion
© Helion / PR
Energie aus der Kernfusion, davon träumen viele. Doch Experten warnen immer wieder, dass in naher Zukunft keine Durchbrüche zu erwarten sind. Anders Microsoft: Der Technikgigant will in nur fünf Jahren Fusionsstrom nutzen.

Um Kern- oder gar Fusionsenergie macht Deutschland einen großen Bogen. Weltweit sieht das ganz anders aus. Kürzlich stellte Bill Gates den Fahrplan für seinen kleinen Natrium-Reaktor vor – eine der Besonderheiten ist die integrierte riesige "Batterie" (Bill Gates' Mini-Atomkraftwerk soll 2028 ans Netz gehen – hunderte Reaktoren sollen folgen). Nun hat Microsoft einen Vertrag mit dem Start-up Helion zu Entwicklung und Bau und Betrieb eines Fusionsreaktors geschlossen. Ein Fusionsreaktor nutzt die Energie aus, die auch die Sonne anheizt: Die Verschmelzung von Wasserstoffatomen zu Helium. So ein Kraftwerk gilt als der "Heilige Gral" der Kernphysik. Das gleiche Prinzip wirkt auch in der Wasserstoffbombe, doch während es bei der Bombe gelang, sie schon Anfang der 1950er Jahre zu bauen, gibt es bis heute keinen funktionsfähigen Fusionsreaktor.

Kein Fusionsstrom vor 2050

Viele Experten nehmen daher an, dass die Fusionsenergie keinen Beitrag zur Ablösung fossiler Brennstoffe leisten kann, da diese Technik bestenfalls um 2050 Strom im industriellen Maßstab produzieren wird. Helion hingegen verspricht, schon 2028 Strom für die Rechenzentren von Microsoft zu liefern.

Dazu nutzt Helion eine eigene Technik. Die großen, staatlichen Versuchsreaktoren arbeiten allesamt nach dem Prinzip eines Tokamak. In einem verdrehten, Donut-förmigen Ring wird Plasma erhitzt, beschleunigt und komprimiert – bis Bedingungen wie auf der Sonne herrschen (Wettlauf um die Kernfusion – Reaktor-Gebäude in Frankreich wurde fertiggestellt). Verschiedene Start-Ups gehen die Fusion anders an. Mit Laserstrahlen wird punktuell eine Fusion ausgelöst. Anstelle einer kontinuierlichen Fusion kommt es zu einer Reihe von "Mini-Explosionen" (USA gelingt Durchbruch in der Fusionstechnik – erstmals wurde mehr Energie erzeugt als verbraucht).

Eigener Weg zur Fusion

Helion hingegen beschreitet einen dritten Weg. Der jetzige Plasmabeschleuniger ist keine 15 Meter lang. In ihm werden Deuterium (ein Wasserstoffisotop) und Helium-3 bei 100 Millionen Grad zu einem Plasma erhitzt, und in zwei Ringen beschleunigt. Dann quetschen Magnetfelder, die beiden Plasmaringe in einer zentralen Kammer zusammen, bis es zur Fusion kommt. "Wir gewinnen die gesamte Energie, die wir in die Fusion stecken, elektrisch zurück, so dass wir Systeme bauen können, die kleiner und billiger sind, und wir können sie schnell weiterentwickeln", sagt CEO und Heliongründer David Kirtley. Helion ist zuversichtlich, den Strom langfristig sehr billig produzieren zu können. Kirtley sagt, das Ziel des Unternehmens sei es, die Kosten auf einen Cent pro Kilowattstunde zu senken. Eine weitere Kritik an Tokamak-Reaktoren wie dem ITER lautet, dass, auch wenn der Reaktor technisch funktionieren würde, die Anlage so teuer sei, dass man den Strom nicht wirtschaftlich nutzen könne.

Bindender Vertrag 

Microsoft hat sich verpflichtet, ab 2028 Strom von Helion abzunehmen. Zunächst sollen 50 Megawatt Strom erzeugt werden. Der Vertrag ist bindend, betont Kirtley. Gelingt es Helion nicht, 2028 den vereinbarten Strom zu liefern sind Vertragsstrafen vorgesehen. 2024 soll ein neuer Prototyp fertig sein, der Zeitrahmen bis 2028 ist außerordentlich sportlich. Firmen wie Helion haben gegenüber Anlagen wie dem ITER einen grundsätzlichen Vorteil. Ihre Anlagen sind weit kleiner und billiger als die Großreaktoren, daher ist es auch möglich weit schneller eine neue Generation zu bauen. Helion muss bis zum Betrieb noch weiter Aufgaben lösen, etwa dafür sorgen, dass auch genügend Helium-3 als Brennstoff vorhanden ist. Dazu kann Strahlung ein weiteres Problem sein, Deuterium emittiert bei diesen Temperaturen eigentlich eine gefährliche Neutronen-Strahlung. Die Hürden sind hoch, doch die Experten von Microsoft nehmen offenbar an, dass Helion sie meistern wird.

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