Die Lancet-Drohnen machen der Ukraine seit langem zu schaffen. Diese Drohne ist der effektivste Panzer- und Artillerie-Killer der russischen Streitkräfte. Die Kamikaze-Drohne kann sich präzise auf ihr Ziel stürzen – sie gehört zur "Loitering Munition" zu den "Herumhängenden Waffen". Dabei ist sie klein genug, um der Luftabwehr zu entgehen.
Nun ist ein Video aufgetaucht, das den Angriff einer Drohne auf einen ukrainischen Flughafen 70 Kilometer hinter der Front zeigt. Das Video stammt von einer Beobachtungsdrohne, der Schlag selbst soll durch eine Lancet der neuen Generation erfolgt sein. Ihr Anflug geschah von Norden. Das bedeutet, dass die Russen die Reichweite ihrer Drohne auf 90 bis 100 Kilometer gesteigert haben. Zuvor lag die Reichweite bei etwa 40 Kilometer.
Im Prinzip ist das nicht schwer, der Flugkörper muss nur vergrößert werden, um den Treibstoff unterzubringen. Und offenbar ist es den Russen gelungen, die notwendige Fernsteuerung sicherzustellen.
Video vermutlich authentisch
Die Drohne konnte eine MIG 29 auf dem Feld des Luftwaffenstützpunkts Dolginzewo in der Nähe von Krywyj Rih treffen und beschädigen. Wegen des neu aussehenden Belages auf dem Feld gab es Zweifel an der Authentizität des Videos, doch die scheinen unbegründet zu sein, da auch andere Aufnahmen den vorher sehr heruntergekommenen Stützpunkt in einem guten Zustand zeigen. Überraschend auch, dass die Kampfflugzeuge offen wie in Friedenszeiten abgestellt wurden.

Schon vor Wochen hatten russische Quellen die neue Lancet – Produkt 53 - mit höherer Reichweite und größerer Sprengkraft angekündigt. Nun ist sie wohl an der Front angekommen. Im Juli wurde die neue Generation der Lancet im russischen Staatsfernsehen vorgestellt. Der Chefdesigner Aleksandr Zakharov sagte, dass seine Firma zwei Versionen der Lancet produziert. Eine mit einem schwereren Sprengkopf und geringerer Reichweite und eine andere mit großer Reichweite.
Schwarmangriffe ohne KI
In dem Bericht wurde die Fähigkeit zu Schwarmangriffen hervorgehoben. Gemeint ist damit, dass eine Drohne Ziele erspähen und anderen Drohnen zuweisen kann. Westliche Vermutungen, dass dafür KI genutzt wird, was eine hohe Rechenleistung erfordern würde, wurden in dem Bericht dementiert. Dazu wurde ein kompakter Starter für vier Drohnen gezeigt. Die Drohnen werden aus dem Container ausgeworfen und benötigen keine lange Startschiene mehr. Dafür wurde auch das Flügeldesign angepasst, die Flügel klappen nun automatisch aus. Für den Einsatz sind das entscheidende Verbesserungen. Die 4-er-Box passt auf einen Pick-up, ohne die Schiene kann die Drohne direkt vom Fahrzeug aus eingesetzt werden.
In dem Bericht wurde auch eine neue Produktionsanlage gezeigt, die in einem stillgelegten Einkaufszentrum errichtet wurde. Der Chefkonstrukteur, Alexander Zakharov, prahlte, dass alle notwendigen Mittel vorhanden seien und die Kosten vom Staat gedeckt würden. In dem Beitrag zeigte er ganze Lagerräume voller Drohnen und eine komplett eingerichtete High-Tech-Produktion – wohl auch um die geringe Wirkung der westlichen Sanktionen zu demonstrieren. Insgesamt soll die Produktion auf mehr als 50.000 Lancet-Drohnen im Monat gesteigert werden, so der Bericht. Diese Zahl wird von westlichen Experten als deutlich übertrieben eingeschätzt.
Angriffe in einem Raum von 100 km Tiefe
Für die Ukraine ist das eine ungute Entwicklung. In den letzten Wochen hat Kiew angegeben, große Fortschritte bei "Counter Battery Duellen" zu machen. "Counter Battery" meint, dass Artilleriesysteme großer Reichweite und Präzision die russische Artillerie effektiv bekämpfen, sobald diese das Feuer eröffnet. Mit der hohen Reichweite der Lancet hat Russland nun eine Waffe, die einen Bereich von 100 Kilometern hinter der Front abdecken kann.
Damit sind alle Artilleriesysteme und auch die HIMARS-Werfer innerhalb der Reichweite der russischen Drohnen. Panzerhaubitzen verlegen nach wenigen Schuss ihren Standort, damit das "Counter-Battery"-Feuer des Gegners ins Leere geht. Gegenüber der Kamikazedrohne hilft dieses Manöver nur bedingt, weil diese die Haubitzen in der Umgebung suchen und aufspüren können.
Die Lancet wurde technisch weiterentwickelt, ihr gegenüber soll auf russischer Seite die Scalpel treten. Sie ist konsequent als eine einfache und in großer Stückzahl zu produzierende Billigwaffe entwickelt worden.