Schießen kann man noch nicht, doch zumindest was das "um die Ecke sehen" angeht, gibt es nun einen echten Durchbruch. Es handelt sich nicht um ein Gerät mit Winkeln und Spiegeln. Auch nicht um eine Art von Thermalsensor oder Röntgengerät – das sind Methoden, um Wände zu durchleuchten. Sondern um einen Algorithmus der Universität von Boston. Mit soll es ohne große Kosten möglich sein, mit einer x-beliebigen Kamera nicht nur geradeaus zu schauen, sondern festzustellen, was hinter einem Winkel oder einen Wand liegt.
Diffuse Reflexionen
Und das funktioniert so: Licht breitet sich immer geradlinig aus, es kann also keine Winkel schlagen. Aber wo es auf einen Gegenstand auftrifft, wird es irgendwie reflektiert. Mal mehr und mal weniger stark. Trifft es auf eine glänzende, polierte Oberfläche kann auch das menschliche Auge mittels des Spiegelbildes, um die Ecke blicken. Trifft das Licht aber auf eine graue Wand oder eine Klinkeroberfläche, wird es zwar auch reflektiert. Aber der Reflex ist zu diffus und zu schwach, als dass wir im Kopf daraus ein Bild konstruieren könnten.
Anders der Algorithmus. Er kann zwischen dem hellen direkten Licht unterscheiden und die winzigen Mengen des gestreuten Lichtes davon trennen und es verstärken. Die schwachen Licht und Schattensignale werden von der Kamera zu einem Bild zusammengesetzt. Für sie wirkt eine stumpfe Oberfläche genauso wie ein Spiegel.
Handy-App wird kommen
In "Nature" schrieb der Teamleiter Vivek Goyal: "Unsere Technik stellt die Position eines Objekts und die Szene hinter dem Objekt wieder her, obwohl das Objekt und die Szene außerhalb der Sichtlinie der Kamera liegen." Dazu sei keine kontrollierte Beleuchtung erforderlich.
Anwendungen gäbe es genug "Aufnahmen ohne direkte Sichtlinie, ausgeführt von preiswerten, überall verfügbaren Geräten werden einen erheblichen Wert bei der Überwachung gefährlicher Umgebungen, der Navigation und der Erkennung versteckter Gegner haben."
Ein Soldat wird so vor dem Gegner gewarnt, ein Auto könnte Fußgänger hinter einem Hindernis erkennen. Ebenso könnte die Technik bei der Überwachung von gefährlichen oder unzugänglichen Bereichen wie Chemie- oder Kernkraftwerken zum Einsatz kommen. Generell könnte die Anzahl von Überwachungskameras reduziert werden, wenn es keine toten Winkel mehr gibt.
Durchbruch in der Kostenfrage
Das Prinzip ist seit Langem bekannt, doch bisher benötigte man spezielle und entsprechend teure Geräte, um so ein Bild zu erlangen. "Es galt als praktisch unmöglich, ein Bild aus nur gestreutem Licht von einer Wand ohne fortschrittliche Instrumente zu rekonstruieren", sagte Allard Mosk, Optikphysiker an der Universität Utrecht in den Niederlanden, zu "Nature". "Es ist sicher möglich, daraus eine Handy-App zu machen", sagte Goyal, obwohl er selbst keine Pläne für eine derartige Entwicklung hat.
Quelle: Nature
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