Eben haben noch alle Tränen der Rührung im Kino über die Lebensgeschichte des legendären, schwulen "Queen"-Frontmanns Freddie Mercury vergossen. Vor allem die Szene, in der Freddie seinen konservativen Eltern endlich seinen Boyfriend vorstellt und anschließend der Bühne des "Live Aid"-Konzerts rockt, sorgte in "Bohemian Rhapsody" für Gänsehaut. Und nun das!
In Brunei sitzt so ein durchgeknallter Psychopath am längeren Hebel und macht viel von dem kaputt, wofür Queer-Ikonen wie Mercury jahrelang so hart gekämpft haben: Gleiche Rechte für alle Menschen, ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität. IST DAS DENN SO SCHWER?! Offenbar.
Elf Länder ahndeten bisher gleichgeschlechtliche Handlungen mit der Todesstrafe. Mit dem Kleinstaat Brunei (500.000 Einwohner, zweitreichtes Land Südostasiens) sind es nun zwölf. Während Sex unter Frauen unter dem 72-jährigen Sultan Hassanal Bolkiah mit einer Höchststrafe von 40 Stockhieben oder zehn Jahren Gefängnis bestraft werden, erwartet homosexuelle Männer ab sofort der Tod durch Steinigung.
Habt ihr alle mitbekommen. Und seid hoffentlich genauso entsetzt, wie alle anderen menschlichen Wesen mit Herz und Verstand.
Widerstand der Promis
Ein Glück, dass sich umgehend zahlreiche mächtige Promis zu Wort meldeten. George Clooney und Ellen DeGeneres riefen zum Boykott von Hotels in Großbritannien, Frankreich, Italien und den USA auf, die der Brunei Investment Agency gehören. Mit jedem Besuch würde man dazu beitragen, die Ermordung unschuldiger Menschen zu finanzieren."

Henriette Hell: Love from Hell
Henriette Hell wurde 1985 geboren und arbeitet als Journalistin/Autorin in Hamburg und unterwegs auf ihren Reisen rund um den Globus. Ihr Buch "Achtung, ich komme! In 80 Orgasmen um die Welt" ist 2015 erschienen und wurde prompt zum Bestseller. 2017 folgte "Erst kommen, dann gehen – Die Sexbibel fürs 21. Jahrhundert". Henriette schreibt gerne, ehrlich und lässig über Sex, weil sie findet, dass das viel zu wenig Leute tun.
Elton John twitterte: "Zu lieben, wen man will, sei ein grundlegendes Menschenrecht." Auch der deutsche Influencer Riccardo Simonetti schilderte seine Gefühlslage auf Instagram. Er fühle sich hilflos. Er müsse sich immer wieder vor Augen führen, dass er und seine Freunde schon längst tot sein könnten, wären sie in Brunei geboren. "Ich finde die Vorstellung so schrecklich, dass der Geburtsort allein entscheiden kann, was aus einem Menschenleben wird. Das Schlimmste ist, dass die ganze Welt das sieht und man trotzdem nichts ändern kann."
Unter dem Post meldete sich zahlreiche Kollegen zu Wort. "Könnte heulen, ausrasten, um mich schlagen, schreien", kommentierte etwa Stefanie Giesinger (3,6 Millionen Follower). Das ist ein guter Anfang. Die Popkultur ist oft mächtiger und schneller als die Politik. Ein Instagram-Beitrag kann sich innerhalb von Sekunden auf der ganzen Welt verbreiten und viel Gutes bewirken, wenn er die richtigen Signale an die Fans aussendet und Werte vermittelt.
Boykott reicht nicht aus
Aber Fakt ist auch, dass der Boykott von irgendwelchen Luxushotels nicht reicht. Wer hilft den armen queeren Menschen vor Ort? Wer gibt ihnen ihre Freiheit zurück? Wer rettet sie vor ihrem barbarischen Staatsoberhaupt?
Schlimm genug: Bereits im November schrieb ich an dieser Stelle über den Gouverneur von Dar es Salam in Tansania, der damals zur Hetzjagd auf Schwule aufrief. Eine von ihm gegründete Spezialeinheit soll Menschen aus der LGBT-Community verfolgen und Verhaftungen vorantreiben. Pervers! Weltfremd! Zum Heulen!
Die Sache ist klar: Wir brauchen 2019 noch mehr mutige, einflussreiche Queer-Ikonen wie etwa Lady Gaga. Schon vor zehn Jahren sprach sich die Sängerin in ihren ersten großen Interviews dafür aus, dass "gay culture" endlich zum Mainstream gehören müsse. Ihr berühmtes Fleischkleid war 2010 als Protest gegen die Schwulenfeindlichkeit in ihrem Heimatland, den USA, gemeint. Und dank ihres Hits "Born this Way", werden folgende Zeilen weltweit im Radio gespielt:
No matter gay, straight, or bi
Lesbian, transgender life
I’m on the right track, baby
I was born to survive
Klar, auch in Deutschland gibt es noch reichlich Verbesserungspotential. Und jeder einzelne von uns kann dazu einen Beitrag leisten. Wir dürfen niemals vergessen, was für ein Privileg es ist, dass wir in einem freien Land geboren wurden, in dem wir lieben können, wen wir verdammt nochmal wollen. Das ist doch wirklich das Mindeste!?