Was ihr Geheimnis ist? Die Fischer in dem kleinen galizischen Dorf Fisterra wissen es nicht, sie essen einfach so, wie man dort schon immer gegessen hat. Vielleicht liege es am Klima, sagt Sito Mendoza dem "Guardian". Es sei wohl jedenfalls gesund. Und zwar so gesund, dass um die sogenannte Atlantik-Diät ein echter Hype entstanden sei. Sie soll sogar noch besser sein als die vielgepriesene Mittelmeer-Diät und die galt bis dato immerhin bei vielen als gesündeste der Welt. Was die beiden Ernährungsweisen unterscheidet? Feinheiten.
Frisch, lokal, saisonal, nachhaltig, wenig verarbeitet – müsste man die atlantischen Ernährungsgewohnheiten zusammenfassen, wären das die wichtigsten Schlagworte. Schon immer kommt dort, im Nordwesten Spaniens und Norden Portugals, auf den Tisch, was Meer und Boden gerade im Angebot haben: viel Fisch und Meeresfrüchte, Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte sowie Milchprodukte und ein ordentlicher Schuss Olivenöl. Fleisch, in der Hauptsache Rind- und Schweinefleisch, sowie Eier werden nur "mäßig" gegessen.
Atlantik-Diät: Kohl, Kohl, Kohl
Unbekannt ist das Konzept nicht. Ganz ähnlich definiert sich die verwandte Mittelmeer-Diät. Ähnlich, aber eben nicht gleich, wie María del Mar Calvo Malvar in der "Washington Post" betont. Die Expertin hat sowohl an der Studie zur Atlantik-Diät als auch an der späteren Analyse mitgewirkt. Sie erklärt, dass im Norden mehr Milchprodukte und Kohlgemüse wie Kohlrabi, Rüben, Grünkohl, Kohl und Blumenkohl gegessen würden als im Süden sowie mehr Wein statt Bier getrunken. Zudem beinhalte die mediterrane Diät in der Regel mehr Nudeln, das Pedant vom Atlantik hingegen andere stärkehaltige Nahrungsmittel wie Kastanien, Kartoffeln und Brot.
"In den Medien wurde die atlantische Ernährung in letzter Zeit oft nur als Variante der mediterranen Ernährung dargestellt", so del Mar Calvo Malvar. Die atlantische Diät sei jedoch "in ihren kulinarischen Traditionen ganz anders", sagte sie der "Washington Post". So werde in der atlantischen Gastronomie viel gedünstet und geschmort, im Mittelmeerraum hingegen mehr gebraten. Die Atlantik-Diät ist eine einfache, traditionelle Küche, die ohne Extravaganzen auskommt, dafür aber der Gesundheit zuträglich ist, wie eine Studie zeigt.
Positive Effekte bei metabolischem Syndrom
Von einem metabolischen Syndrom oder "tödlichem Quartett" spricht man, wenn bestimmte Faktoren in Kombination auftreten – Übergewicht, Bluthochdruck sowie hohe Blutzucker- und Blutfettwerte. In Deutschland sind rund 20 Prozent der Menschen von dieser Wohlstandskrankheit betroffen, die sich durch viel Essen und wenig Bewegung entwickelt. Die Folge: Das Risiko für Gefäßerkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt oder Diabetes Typ 2 steigt.
Wie die Analyse zeigte, hatte die Umstellung der Ernährung auf die Atlantik-Diät bei den Studienteilnehmern positive Effekte auf die Gesundheit. So wurden Hinweise auf eine Verbesserung der Stoffwechselgesundheit sowie niedrigere Cholesterinwerte und Body-Mass-Indizes beobachtet. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe wiesen die Studienteilnehmer ein geringeres Risiko auf, ein metabolisches Syndrom oder Komponenten von diesem zu entwickeln. Warum das so sei, sei noch unklar und müsse laut dem Forscherteam weiter erforscht werden.
Von der Mittelmeersonne geküsst – so schmeckt deftige mediterrane Urlaubsküche

Zubereitungszeit 30 Minuten plus 17–20 Minuten Garzeit
Für 4 Personen
1 große Zwiebel
2–3 Knoblauchzehen
1 große rote oder gelbe Paprika
300 g Schneidebohnen (breite Bohnen)
2 große Karotten
1–2 Tütchen Safranfäden (à 0,1 g)
ca. 1 l Gemüsebrühe
3 EL Olivenöl
2 EL Tomatenmark
2 TL rosenscharfes Paprikapulver
ca. 1⁄2 TL geräuchertes Paprikapulver (Pimentón de la Vera)
300 g Risotto- oder Paella-Reis
400 g stückige Tomaten aus der Dose Salz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
100 g TK-Erbsen
1 Biozitrone
1⁄2 Bund glatte Petersilie
1. Zwiebel und Knoblauchzehen schälen und fein würfeln. Paprika waschen, entkernen und in schmale Streifen schneiden. Bohnen putzen und in etwa 3 cm kurze Stücke schneiden. Karotten schälen und in dünne Scheiben schneiden. Safran mit 3 EL heißem Wasser verrühren. Gemüsebrühe erhitzen.
2. In einer großen Pfanne (wer hat, nimmt eine Paella-Pfanne) das Olivenöl erhitzen und die Zwiebeln darin gold- gelb andünsten. Knoblauch ganz kurz mit andünsten. Tomatenmark, beide Paprikapulver und Reis hinzufügen und etwa 1 Minute erhitzen, bis der Reis leicht geröstet ist. Die Tomaten unterrühren und kurz einkochen lassen.
3. Safran mitsamt Einweichwasser, 900 ml Gemüsebrühe, Paprika, Bohnen und Karotten hinzufügen. Mit Salz und Pfeffer großzügig würzen und aufkochen, dabei nicht umrühren. Bei niedriger Hitze etwa 12 Minuten leise köcheln lassen, bis die Flüssigkeit fast vollständig aufgesogen ist – auch zwischendurch nicht umrühren (!), sodass sich am Pfannenboden eine knusprige Kruste bilden kann.
4. Die Erbsen hinzufügen, ganz vorsichtig unter den Reis mischen und weitere 5–8 Minuten erhitzen, dabei nach Bedarf die restliche Gemüsebrühe darübergießen. Der Reis soll dann gar und das Gemüse knackig sein.
5. Zitrone abbrausen und in Scheiben schneiden. Petersilie waschen, trocken schütteln, Stängel und Blätter fein hacken und über die Paella streuen. Paella mit den Zitronenscheiben auf vier Tellern anrichten.
Atlantik-Diät heißt: Essen teilen und genießen
"Das bedeutet nicht, dass die Zutaten für sich genommen gesund sind – es bedeutet, dass das Muster und die Kombination dieser Lebensmittel eine gesunde Wirkung haben", fasst Rosaura Leis, Vorsitzende des wissenschaftlichen Ausschusses der Stiftung für atlantische Ernährung an der Universität Santiago de Compostela, die Ergebnisse der Analyse für den "Guardian" zusammen. Letzten Endes bestätigten diese, was bereits lange als gesunde Ernährungsweise empfohlen werde: eine abwechslungsreiche und vielseitige Ernährung, die sowohl Mengen als auch körperliche Aktivität und Gesundheit einbezieht.
Zudem spiele nicht nur das Essen, sondern auch der Rahmen des Essens, der soziale Aspekt eine Rolle – teilen und genießen. Und, so fasst es Bienvenido Martinéz aus Fisterra zusammen: "Wir haben es hier nicht eilig ... Wenn wir uns zum Essen hinsetzen, setzen wir uns zum Essen hin. Wir machen keinen Blödsinn."