Bärlauch Schlafzimmertauglich

Ungezählt die Liebesnächte, aus denen trotz Dinner, Wein und Kerzenschein letztlich doch nichts wurde, weil die Nachwehen des Knoblauchs alle weiterführenden Ansätze vereitelten. Mit Bärlauch kann das nicht passieren. Der duftet zwar nach Knoblauch, aber nur im Essen, nicht im Bett. Jetzt beginnt die Bärlauchzeit, das sind doch gute Aussichten

Anis ist gut für alte Knaben, die keine rechte Lust mehr haben. Kardamom macht gar nicht fromm. Solches und vieles mehr kündet der Volksmund. Lang ist die Liste der Aphrodisiaka und ebenso lang natürlich die Liste der Enttäuschungen. Am Ende hat wahrscheinlich allein Theodor Fontane Recht: "Ohne ein gewisses Quantum an Mumpitz", schrieb er, "geht es nicht." Nur, was ist Mumpitz? Weit sicherer als die Wirkung der stimulierenden ist leider die der liebestötenden Mittel. Ungepflegtes Auftreten ist die erste und fundamentale der Verdrießlichkeiten, wie uns schon die Berliner Chansonette Evelyn Künneke sang, begleitet von Michael Jary und seinen Solisten. In dem Schlager "Du bist heut' schlecht rasiert" heißt es: Gerade heut, wo ich ein Täubelein, bist du ein Stachelschwein, ist das gemein, oh weh! (...) Denn wenn dein Bart mich sticht ins Marzipangesicht betäubt dein Kuss das nicht aus Liebe

Auf Platz zwei der Libido-Depressiva steht zweifellos die Alkoholfahne. Auf Platz drei folgt dann aber schon der Brodem des Knoblauchs, der auch den größten Charmeur einsam machen kann. Liebe und Knoblauch - das geht nur zu einer Zeit im Jahr gut, und zwar im Frühjahr. Dann wächst, in feuchten Wäldern und an schattigen Wegrändern, der Bärlauch. Ihm können wir uns hingeben, ohne danach Abschiebung und Isolationsfolter auf der Wohnzimmercouch fürchten zu müssen. Das Schöne am Bärlauch nämlich ist: Er duftet wunderbar nach Knoblauch, ist im Geschmack aber deutlich milder. Vor allem aber dünstet er nicht noch tagelang durch die Haut nach. Allium ursinum ist dem Knoblauch verwandt und gehört zu den Liliengewächsen. Das Wildkraut hat 20 bis 30 Zentimeter lange, lanzettförmige Blätter, weiße Dolden und gedeiht an kalkhaltigen, humusreichen Plätzen am besten. Ganze Matten davon überziehen den Waldboden. Beim Spaziergang kann man den Standort schon von weitem riechen. Bärlauch schmeckt am besten, bevor er blüht - dann allerdings ist er auch am leichtesten mit dem giftigen Maiglöckchen zu verwechseln. Im Zweifel ein Blatt zwischen den Fingern zerreiben: Riecht es nach Knofi, ist es Bärlauch. Ende Juni, nach der Samenreife, zieht sich die Pflanze vollständig ins Erdreich zurück.

In der Küche wird Bärlauch nur frisch eingesetzt, getrocknet schmeckt er nicht. Wie alle Kräuter ist er hitzeempfindlich. Zwar verträgt er das Blanchieren, solange man die Blätter danach gleich in Eiswasser abkühlt. Trotzdem entfaltet er sein Aroma am besten, wenn man ihn nicht zu sehr erhitzt. Also jung pflücken, roh unter die heißen Speisen mischen und sofort servieren. Für die Monate ab Juni empfiehlt sich Bärlauchpesto. Es lässt sich portionsweise einfrieren.

Bert Gamerschlag

Bärlauchpesto

Für 350 Gramm

125 g Bärlauch
1 rote Chilischote
1?2 Zitrone, unbehandelt
Salz
30 g Kürbiskerne
150 ml natives Olivenöl, extra
25 g Parmesankäse, frisch gerieben

1.

Bärlauch waschen, trockenschleudern, zusätzlich mit Küchenpapier trockentupfen und mit den Stielen in Streifen schneiden. Chilischote längs aufschneiden, entkernen, waschen und fein würfeln. Schale einer 1/2 Zitrone abreiben, 3 EL Zitronensaft auspressen.

2.

Bärlauch, Chiliwürfel, 1 TL Salz, Kürbiskerne, Zitronenschale, -saft und Olivenöl in den Mixer geben und mit Intervallschaltung zerkleinern. Zwischendurch bei ausgeschaltetem Motor vorsichtig mit einem Löffel wenden. Das Pesto nicht zu lange pürieren, es soll nicht zu flüssig werden. Käse zum Schluss unterheben.

3.

Das Pesto in kleine Gläser füllen. Mengen, die nicht in den nächsten 2-3 Wochen verbraucht werden, in den Gläsern einfrieren.

Zubereitungszeit:

ca. 30 Minuten

Tipp:

Pesto immer im Kühlschrank, mit Öl bedeckt, aufbewahren.

Marlies Klosterfelde-Wentzel

Bärlauchessenz mit Möhrenstreifen

Für 4 Personen

Für die Brühe:

ca. 750 g Hühnerklein (Hals, Innereien, Flügelspitzen, am besten auch Karkassen)
1/4 Sellerieknolle
1 Petersilienwurzel
1 walnussgroßes Stück Ingwer
1 mittelgroße Porreestange
1 säuerlicher Apfel
1 Stiel Zitronengras

Für die Essenz:

Salz
1 große dicke Möhre
100 g Bärlauch
1-2 EL Zitronensaft
Kürbiskernöl
kleine Bärlauchblätter und -blüten (zum Garnieren)

1

Für die Brühe am Vortag Hühnerklein kalt waschen. Sellerie, Petersilienwurzel und Ingwer schälen. Alles würfeln, Ingwer zusätzlich hacken. Vom Porree den dunkelgrünen Teil abschneiden, den hellen Teil längs aufschneiden, gründlich waschen und zer-kleinern. Apfel mit Schale klein schneiden. Zitronengras mit einem Fleischklopfer zerdrücken, damit die Blätter brechen und mehr Aroma abgeben.

2

Alles in einen großen Topf geben, großzügig mit kaltem Wasser bedecken, bei starker Hitze aufkochen, die Hitze danach reduzieren und die Brühe 1 Stunde köcheln. Flüssigkeit durch ein feines Sieb gießen, auf 600 ml einkochen. Erkalten lassen, in den Kühlschrank stellen und das Fett von der Oberfläche schöpfen.

3

Vor dem Essen die entfettete Brühe aufkochen, salzen. Die Möhre schälen und in streichholzgroße Streifen schneiden oder hobeln und 1 Minute in der Brühe kochen. Möhrenstreifen mit einer Schaumkelle herausheben und warm halten.

4

Bärlauch waschen, mit Stielen in Streifen schneiden und in einem Mixer mit etwa der Hälfte der heißen Brühe pürieren. Alles durch ein Sieb zur verbliebenen Brühe drücken (die Blätter sollen nur Geschmack und Farbe abgeben) und kurz erwärmen, nicht mehr kochen. Mit Salz und Zitronensaft abschmecken.

5

Möhrenstreifen auf vorgewärmte Teller verteilen, Bärlauchessenz um die Möhrenstifte herum gießen, mit Kürbiskernöl beträufeln und mit Bärlauchblättern und -blüten garnieren.

Zubereitungszeit:

ca. 30 Minuten (plus Zeit für die Brühe)

Tipp:

Die Essenz schmeckt auch kalt.

Marlies Klosterfelde-Wentzel

Melonen-Gurken-Salat mit Bärlauch

Für 4 Personen

100 g Basmatireis
Salz; Pfeffer aus der Mühle
2 EL Sherryessig
5 EL Olivenöl
1 kleine Ogen- oder Honigmelone
1 Salatgurke
40-50 g Bärlauch
ca. 150 g Serrano-Schinken, hauchdünn geschnitten

1.

Reis nach Packungsangaben in Salzwasser garen, abgießen und abkühlen lassen.

2.

In einer Salatschüssel erst den Essig mit Salz und Pfeffer verrühren, dann das Olivenöl in dünnem Strahl unter Rühren dazugießen.

3.

Melone halbieren, die Kerne herauskratzen, das Fruchtfleisch herauslösen und klein schneiden. Die Gurke waschen, längs halbieren, entkernen, dann fein hobeln. Melone und Gurke mit dem gekochten Reis in die Salatsauce geben, mischen und durchziehen lassen.

4.

Bärlauchblätter waschen, trockentupfen, in feine Streifen schneiden und unter den Salat mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, mit Schinken anrichten.

Zubereitungszeit:

ca. 30 Minuten (plus Zeit zum Durchziehen)

Marlies Klosterfelde-Wentzel

Ravioli mit Bärlauch-Ricotta-Füllung

Für 4 Personen

Für den Teig:

100 g Weizenmehl (plus Mehl zum Ausrollen)
100 g Hartweizengrieß
3 Eier

Für die Füllung:

2 Schalotten
20 g Butter
100 ml trockener weißer Wermut
100 g Bärlauch
Salz; Pfeffer aus der Mühle
160 g Ricotta (aus dem Kühlregal)

Für die Sauce:

600 g Strauchtomaten
Salz; Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Zucker
40-50 g kalte Butter
2-3 Bärlauchblätter
1 Bund Basilikum (zum Bestreuen)

1.

Für den Ravioliteig Weizenmehl, Hartweizengrieß und 2 Eier zunächst mit den Haken des Handrührers, dann mit den Händen gut verkneten, bis er geschmeidig ist und glänzt. Teig zu einer Kugel formen, in Frischhaltefolie wickeln und 30 Minuten bei Raumtemperatur ruhen lassen.

2.

Inzwischen für die Füllung Schalotten erst fein würfeln, dann nochmals mit einem Messer fein hacken und in einer Pfanne in Butter glasig dünsten. Wermut dazugießen und fast ganz verdampfen lassen. Bärlauchblätter waschen, trockenschleudern und sehr fein schneiden, mit in die Pfanne geben, zusammenfallen lassen, dann sofort vom Herd nehmen und erkalten lassen. Die Masse in ein Sieb geben, den Sud ausdrücken, in einer Schüssel mit Salz und Pfeffer würzen, mit Ricotta mischen.

3.

Für die Sauce Tomaten blanchieren, abschrecken und häuten, Stielansätze entfernen, Fruchtfleisch fein hacken, in einen Topf geben, mit Salz, Pfeffer und Zucker würzen. Zugedeckt 5 Minuten kochen, ab und zu durchrühren. Die Sauce vom Herd nehmen und vor dem Servieren die Butter in Flöckchen einrühren.

4.

Den Teig auf bemehlter Arbeitsfläche mit einem Rollholz oder mit einer Nudelmaschine zu zwei ca. 1 mm dicken Bahnen ausrollen. Im Abstand von 6 cm jeweils1 TL Füllung parallel neben- und untereinander auf die erste Bahn setzen. 1 Ei verquirlen und die Zwischenräume damit bepinseln. Die zweite Nudelbahn über die erste legen. Die Teigplatten in den Zwischenräumen sorgfältig zusammendrücken und mit dem Kuchenrädchen Ravioli von ca. 6x6 cm Größe ausschneiden und bis zur Weiterverarbeitung auf ein bemehltes Küchentuch legen (die Teigmenge ergibt etwa 40 Ravioli).

5.

Salzwasser im breiten Topf aufkochen und die Ravioli darin 3 Minuten bei milder Hitze garen. Mit einer Schaumkelle herausnehmen, auf heiße Teller verteilen, mit Tomatensauce begießen. Bärlauchblätter und Basilikum in feine Streifen schneiden und über jede Portion streuen.

Zubereitungszeit:

ca. 1 Stunde, 30 Minuten

Marlies Klosterfelde-Wentzel

Frühlingstopf mit Bärlauchpesto

Für 4 Personen

500 g Spargel
500 g fest kochende Kartoffeln
250 g junge Möhren
Salz
1 Lauchzwiebel
100 g Zuckerschoten
70-80 g Bärlauchpesto
2-3 Bärlauchblätter
80-100 g Parmesankäse, frisch gerieben

1.

Spargel waschen und schälen. Schale und Abschnitte mit 500 ml Wasser 10 Minuten bei milder Hitze kochen.

2.

Kartoffeln und Möhren waschen, schälen, in mundgerechte Würfel schneiden. Spargelsud durch ein Sieb gießen, im Topf auffangen, mit Salz würzen und nochmals aufkochen. Kartoffel- und Möhrenwürfel hineingeben und 4 Minuten kochen.

3.

Spargel in Stücke schneiden, mit in den Topf geben und weitere 4 Minuten garen. Lauchzwiebel putzen und samt dem Grün in Ringe schneiden. Zuckerschoten quer durchschneiden. Beides zum Gemüse geben und weitere 2-3 Minuten kochen.

4.

Den Kochsud durch ein Sieb abgießen und bei starker Hitze auf 150 ml einkochen. Mit dem Bärlauchpesto verrühren und unter das Gemüse heben.

5.

Gemüse auf vorgewärmte Teller verteilen. Bärlauchblätter in sehr feine Streifen schneiden und zusammen mit dem Parmesankäse über das Gemüse verteilen.

Zubereitungzeit:

ca. 1 Stunde

Tipp:

Für dieses Gericht schmecken im März und April noch gute Bio-Kartoffeln aus der letzten Ernte.

Marlies Klosterfelde-Wentzel

Weizenfladen mit Lachs und Bärlauchblättern

Für 4-5 Personen

100 g Vollkorn-Weizenmehl
225 ml Mineralwasser
Salz; Pfeffer aus der Mühle
60 g Crème fraîche
1-2 TL Zitronensaft
10-12 Bärlauchblätter
Butterschmalz zum Braten
120-150 g Räucherlachs, dünn geschnitten

1.

Mehl mit Mineralwasser, Salz und Pfeffer verquirlen, 30 Minuten quellen lassen.

2.

Crème fraîche mit Pfeffer, wenig Salz und Zitronensaft verrühren. Bärlauchblätter waschen und trockentupfen.

3.

Eine Pfanne (ca. 16-17 cm Durchmesser) erhitzen, Butterschmalz darin schmelzen und nacheinander 4-5 dünne Fladen darin backen. Die Pfanne beim Einfüllen des Teigs schwenken, damit der Teig den Pfannenboden dünn überzieht. Fladen wenden und auf der zweiten Seite leicht bräunen.

4.

Jeden Fladen erst mit Crème fraîche bestreichen, mit Lachsscheiben und Bärlauchblättern belegen und aufrollen.

Zubereitungszeit:

ca. 1 Stunde

Tipp:

Schmeckt lauwarm als Vorspeise oder als Snack aus der Hand. Dafür die Rollen halb in Folie einwickeln.

Marlies Klosterfelde-Wentzel

stern-Wein-Tipp

Schrecken des Supermarkts

Es sind nicht unbezahlbare Ego-Weine, mit denen der junge Telmo Rodríguez nach Ruhm und Ehre greift. Eher sind es die bodenständigen Tropfen. Einer der kreativsten unter den Star-Weinmachern Spaniens, sucht er in seiner Heimat nach typischer Expression von Herkunft, Rebsorte und Klima. In Alicante, sonst vinologisches Niemandsland, entdeckte er Terrassenanlagen mit alten Rebstöcken der Sorte "Monastrell", frankophilen Weintrinkern unter dem Namen "Mour-vèdre" bekannt.

Nun ist die Gegend von Alicante zwar die Heimat dieser dickschaligen Rebsorte, gleichwohl wussten die Bauern dort deren Kraft und Würze bis vor kurzem nicht in Weinqualität umzusetzen. Telmo Rodríguez kam, half und liefert nun auf herzerfrischende Weise authentischen Monastrell. Die Ausstattung der Flasche wirkt durch gekonnte Simplizität edel und raffiniert. "Al" steht für Alicante, "Muvedre" für die Rebsorte. Der unkomplizierte Wein erfreut das Herz des preisbewussten Weintrinkers, den die anonymen Supermarkttropfen immer wieder quälen, der aber vom Geizen dennoch nicht lassen kann. Hier wird er zu einem Spottpreis glücklich!

Herrlich wild zeigt der Wein Charakter in Duft und Geschmack; milde Gerbstoffe tragen saftige Würze an den Gaumen. Mit dunklen Beeren, getrockneten Sommerkräutern und dem Alkohol des Südens im Repertoire schmeckt er nach deutlich mehr, als er kostet - da hat der Supermarktwein nichts zu melden. Al Muvedre 2001 Tinto Joven, von Telmo Rodríguez, Preis: 4,95 Euro pro Flasche, 6 Flaschen frei Haus 36,35 Euro

Bezug:

"Weinzeche Handels-GmbH", Rotthauser Straße 44, 45309 Essen, Tel. 0201/550024, Fax 550025, www.weinzeche.de

Martin Kössler, Weinautor

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