"Die bisherige Cannabis-Kontrollpolitik ist gescheitert", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin und er zeigte sich überzeugt: "Wir lösen ein Problem." Mit der Legalisierung von Cannabis will die Bundesregierung den Konsum der Droge in geordnete Bahnen lenken – also den Schwarzmarkt zurückdrängen, Nutzerinnen und Nutzer vor giftigen Beimischungen schützen und zugleich die Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche verbessern.
Doch bei aller Euphorie, die Lauterbach versprühen wollte, der große Wurf bleibt vorerst aus. EU-Vorgaben hätten es unmöglich gemacht, Cannabis in Deutschland in Zukunft flächendeckend über Fachgeschäfte verkaufen zu lassen, sagte Lauterbach und versprach, dieses Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Die Bundesregierung will nun in einer "konzertierten Aktion" andere EU-Staaten für eine Umstellung der europäischen Cannabis-Politik gewinnen.
Cannabis-Klubs sollen Kauf ermöglichen
Bis dahin soll es in der Bundesrepublik "Regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten" geben, wie es im Ministeriumsdeutsch heißt, und den "privaten und gemeinschaftlichen, nicht-gewinnorientierten Eigenanbau".
Letzteres bedeutet zum einen, dass Erwachsene bis zu drei weibliche – und damit berauschende – blühende Cannabis-Pflanzen anbauen dürfen, geschützt vor dem Zugriff Minderjähriger. Zum anderen fällt bundesweit so genannten Cannabis-Klubs oder Cannabis Social Clubs im Konzept der Bundesregierung eine zentrale Rolle zu.
Diese sollen nach Vereinsrecht organisiert sein und jeweils bis zu 500 volljährige Mitglieder haben dürfen. Sie sollen Lauterbach zufolge "die Möglichkeit, sich legal mit Cannabis zu versorgen", bieten. Mitglieder dürften dort maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat (bis zum 21. Lebensjahr 30 Gramm) kaufen. Auch Samen und Stecklinge sollen in den Klubs erhältlich sein. Die Vereine dürfen keinen Gewinn erwirtschaften und müssen Auflagen zu Jugendschutz und Prävention einhalten. Der Konsum von Cannabis in den Klubs bliebe verboten.
Grundsätzlich soll der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei bleiben, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Es dürfen aber keine Joints in der Nähe von Schulen oder Kindergärten angezündet werden.
Von illegal bis egal: In diesen Ländern darf gekifft werden – und in diesen nicht

Cannabis Social Clubs gibt es bereits Dutzende in Deutschland, sie sehen sich aber bisher eher als Interessenvertretung und Gelegenheit zum Austausch. "Keiner vertreibt Cannabis-Produkte oder kann welche besorgen", heißt es unmissverständlich von Seiten des Dachverbandes deutscher Cannabis Social Clubs. Im Ausland sind diese Klubs verbreitet, beispielsweise in Spanien oder den Niederlanden. Mitunter kann hier auch Cannabis konsumiert oder gehandelt werden.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özedemir (Grüne), der gemeinsam mit Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann (Grüne) an dem neuen Eckpunktepapier gearbeitet hat, ist sich sicher: "Wir werden einen großen gesellschaftlichen Konflikt endlich einer Lösung zuführen."
Die Cannabis-Legalisierung ist ein zentrales Wahlversprechen der drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP. "Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein", heißt es im Koalitionsvertrag.
Die drei Minister wollen nun Tempo machen – im April soll ein erster Gesetzentwurf vorliegen, noch in diesem Jahr sollen Bundestag und Bundesrat die neuen Regeln beschließen. Sie beinhalten unter anderem auch die Überprüfung von Grenzwerten im Straßenverkehr und ausgebaute Präventionsprogramme für Kinder und Jugendliche. Die neuen Regeln sollen wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.
Quellen: Deutscher Hanfverband, Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs, Erstes Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums, Pressemitteilung Bundesgesundheitsministerium, Koalitionsvertrag, Nachrichtenagenturen DPA und AFP