Ärzte in Großbritannien können die Behandlung des todkranken Babys Charlie Gard abbrechen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wies eine Beschwerde der Eltern als unzulässig ab. Das zehn Monate alte Kind hat eine seltene genetische Erkrankung. Seine Eltern wollten es für eine experimentelle Therapie in die USA bringen. Die britischen Ärzte, die den Jungen bisher behandeln, sind allerdings überzeugt, dass die Therapie nicht helfen würde. Sie wollen deshalb die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen.
Eine Klage der Eltern gegen die Entscheidung der Mediziner blieb in Großbritannien erfolglos. Der Menschenrechtsgerichtshof beanstandete dies nun nicht. Nationale Stellen hätten einen weiten Einschätzungsspielraum im Bereich der experimentellen Medizin für Todkranke und in Fällen, in denen es um sensible moralische und ethische Fragen gehe. Die britischen Gerichte hätten den Fall zudem akkurat und sorgfältig geprüft. Die Entscheidung ist endgültig.
Beatmung soll "nicht übereilt" beendet werden
Das Europäische Menschenrechtsgericht hatte das Londoner Krankenhaus zwei Mal angewiesen, das Baby zunächst weiter zu behandeln. Charlie wurde beatmet und über eine Magensonde ernährt. In ihrer abschließenden Entscheidung gaben die Richter nun allerdings der Einschätzung Recht, dass es für das Kind keine realistische Heilungschance gebe.
Das behandelnde Krankenhaus erklärte zu der Gerichtsentscheidung: "Unsere Gedanken sind bei Charlies Eltern, von denen wir wissen, dass diese Nachricht ihnen Schmerz bereiten wird." Die Entscheidung des Straßburger Gerichts sei das "Ende einer sehr schwierigen Prozedur, und unsere Priorität ist es nun, den Eltern jede mögliche Hilfe zukommen zu lassen, wenn wir die nächsten Etappen planen". Das Krankenhaus werde die lebenserhaltenden Maßnahmen für Charlie Gard nicht übereilt beenden, versicherte ein Krankenhaus-Sprecher.
An was ist Charlie erkrankt?
Charlie leidet an einer schweren Erbkrankheit: dem mitochondrialen DNA Depletionssyndrom. Beide Eltern sind Träger eines mutierten Gens. Bei der Krankheit liegt ein Defekt der Mitochondrien vor, den Kraftwerken der Zellen. Nach Angabe von Charlies Ärzten sind Gehirn und Muskeln des Jungen schwer geschädigt. Zudem leide er an Epilepsie. Charlie könne weder seine Arme, noch seine Beine bewegen oder selbstständig atmen. Ob er Schmerzen habe, ließe sich nicht zweifelsfrei feststellen, heißt es in einer Mitteilung des Krankenhauses.
Charlies Eltern dagegen hatten stets argumentiert, dass ihr Sohn ihrer Meinung nach nicht leide - er habe das Recht auf die experimentelle Therapie in den USA, selbst wenn sie nur eine kleine Chance auf Besserung berge. Für die Behandlung hatten sie rund 1,3 Millionen Pfund an Spenden gesammelt. Die mitochondriale Krankheit, an der Charlie erkrankt ist, gilt derzeit als nicht heilbar. Sie führt in der Regel nach einigen Monaten bis hin zu einigen Jahren zum Tod.