Sie sind Anfang des Jahres Vater geworden. Haben Sie den gerade sehr angesagten Vaterschaftsurlaub eingelegt?
Ich wollte zwei Monate daheim bleiben, aber das Kind kam spät, so waren es sechs Wochen nach der Geburt. Ich gehe generell weniger und kürzer auf Tour, länger als vier Tage bin ich nicht weg von zu Hause. Ich kann die Wickeltasche selbstständig packen. Gut, da hat es eine Anleitung von meiner Frau gegeben, wir Männer sind da nicht die Wickel-MacGyvers. Ich mag nicht in zehn Jahren sagen, 'ich musste touren Kind, damit du es besser hast.' Schauspieler sagen gerne, 'ich habe viel falsch gemacht'. Und dann werden sie mit 60 noch mal Vater, weil sie nachholen wollen, was sie versäumt haben. Das habe ich nicht vor. Es ist eine Chance, die Welt mit komplett neuen Augen zu entdecken.
Und was entdecken Sie?
Viel Neues. Ich führe keine großen Kinderinterviews, ich werde mir das jetzt alles anschauen und dann werde ich berichten.
Wir bekommen keine Details über Michael Mittermeier auf dem Spielplatz?
Nein, noch nicht.
Schade.
"Safari" ist mein schönstes Programm, ein stimmiger und geschlossener Reisekosmos, indem sich der Comedian auf Tour und der Mensch Mittermeier in Afrika oder Burma miteinander kreuzen. Da klatsche ich keine zehn Kindernummern rein und mache es kaputt. So ein Programm ist wie ein Film, ich habe einen Anfang, es gibt Running gags und eine Handlung, am Schluss steht das Finale. Das Kinderthema kommt irgendwann mal dran.
Wo sehen Sie die Weiterentwicklung zu den vorherigen Programmen "Back to life" und "Paranoid"?
Es klingt an vielen Stellen locker leichtfüßig, ich hample nicht nur, sondern erzähle auch. Man kann sofort ablachen, wenn man das Programm live sieht, aber es steckt viel schwarzer Humor in den Worten, den man erst nach drei, vier Mal Anhören entdeckt. Ich bin ein Grenzgänger zwischen Comedy und Kabarett und mag Slapstick, Blödelei genauso wie die harte Politnummer. Die Klimawandel-Nummer zum Beispiel - Absurditäten, die einen Wahrheitsgehalt haben: Der Meeresspiegel steigt - die Malediven gucken jetzt nach neuen Inseln. Man muss sich das mal reinziehen, das ist wahr, die wissen, in hundert Jahren wird es sie nicht mehr geben. Der Staatschef sucht nach Land, um seine Leute umzusiedeln. Wenn du das vor zehn Jahren auf der Bühne gemacht hättest, hätten alle gesagt, 'geile Nummer' - aber das ist Realität, das kannst du nicht mehr toppen. Diese Mischung aus globalen Themen, ein bisschen Politik, ein bisschen Reiseerzählung - ich glaube, die Leute nehmen dabei viel mit.
Ihr Programm dient sozusagen der Horizonterweiterung.
Ja. Es sind aber keine Bildungsfilme. Ich bin in erster Linie Unterhalter, kein Dokumentarfilmer, kein Weltverbesserer und kein Politiker. Ich will die Leute intelligent unterhalten. Deswegen haben wir auf die dritte DVD alle Filme, die meine Frau und ich kommentieren, draufgepackt - wie wir den Kilimandscharo bestiegen haben, wie wir das Massai-Dorf besucht haben, in dem sie mit Spendengeldern eine Schule gebaut haben. Es bringt die Leute ins Land hinein. Frag mal hundert Deutsche, wo der Kilimandscharo liegt, dann sagen sie Nairobi oder Kenia.
Bildungsfernsehen und eine Art persönliches Reisetagebuch also?
Ja, irgendwo ja, aber es ist amüsant, mal Satire, auch mal nur Ernst, es gibt Bilder von Nashorn, Löwe, Elefant, zu denen ich satirische Texte lese, es gibt einen Beitrag, wie ich mit Hai tauchen war...
...Mittermeiers bunte Tierwelt...
Ich bin ein Reisender, kein Comedian, der auf Reise geht. Ich liebe die Länder, in die ich reise. Ich will darüber erzählen, auch mal lustig, mal schräg. Mein Begehr ist nicht, das blöd zu machen. Es ist sehr echt und real.
Klingt ein bisschen nach Diashow...
Nein, gar nicht. Ich bin großer Verehrer von Peter Jackson, dem Regisseur von "Herr der Ringe". Er sagt, Bonusmaterial muss Premiummaterial sein. Ich habe immer mehr Bonusmaterial auf DVD gehabt als andere. Diesmal ist es so viel geworden, dass wir es auf drei Discs verteilen mussten.
Sie engagieren sich für eine Myanmar-Stiftung und waren auch bei der Veranstaltung "Deine Stimme gegen Armut" von Herbert Grönemeyer in Heiligendamm dabei. Nach welchen Kriterien wählen Sie ihr soziales Engagement aus?
Jeder sucht sich was. Ich kann aber auch nicht alles machen, ich bin kein Gutmensch. Jeder Sozialarbeiter, der in den Kongo geht, oder jemand, der bei der Caritas jeden Samstag umsonst arbeitet, tut aktiv mehr als ich. Aber ich kann das Maul aufreißen und Leute aktivieren, die Geld spenden. Das ist mein Job. Das ist auch das, was Bob (Geldorf, Anm.d.Red.) immer sagt: Wir rütteln auf, wir machen Druck auf die Politiker. Damit die Sachen, die in Heiligendamm ausgehandelt wurden, umgesetzt werden. Wenn wir die Themen hochhalten und viele tausend Jugendliche sich für Afrika interessieren, dann hat Frau Merkel Druck.
Sie haben eine längere Zeit in New York gelebt. Hätten Sie Obama unterstützt, wenn Sie in den letzten Monaten dort gewesen wären?
Ich denke schon. Als ich damals in New York in Clubs aufgetreten bin, habe ich mich gegen die Republikaner stark gemacht. Damals war das dort gar nicht angesagt. Kurz nach dem Irak-Krieg hatte Bush Zustimmungsraten von 87 Prozent. Obama ist intelligent, clever, er führt Leute zusammen. Der redet. Wir müssen mehr reden. Die Zusammenhänge herstellen - Bush hat's nie begriffen, McCain auch nicht, er ist ein Krieger. Ein Krieger hat kein Programm. Wir brauchen Krieger, wenn man das Land verteidigen muss. Irak ist kein Angriffskrieg, von Bush aus aber schon. Das ist aber so, als ob man in eine Disco geht und sagt, der hat mich blöd angeschaut, der wird mir bald in die Fresse hauen, also gehe ich prophylaktisch hin und hau ihm eine rein. So zeige ich am kleinen Beispiel, wie es im Großen ist, und so funktioniert Satire. Das kommt dann leichtfüßig daher. Am Ende des Tages kannst du es immer herunter brechen: Es geht um Entscheidungsprozesse von Menschen. Wie beim Wähler.
Seit gut zwei Jahren steht Ihr aktuelles Programm "Safari", eine Reise um den Globus. Inzwischen ist aber sehr viel brisanter Stoff aus der Realität für Kabarettisten dazu gekommen. Wie gehen Sie damit um?
Das Debakel der CSU ist ein Heimspiel für mich. Die Nummer dazu läuft in verschiedenen Teilen Deutschlands anders: Im Norden läuft alles. In Franken läuft es gar nicht, wenn du gegen die CSU wetterst, aber wenn ich Huber und Stoiber fertig mache, lieben die Leute das. Denen im Osten ist "Stoiber meets Star Wars" mittlerweile wurscht, da sind mir bundespolitische Themen lieber. Wenn ich in Hessen bin, mache ich immer was über Roland Koch. Die Programme ändern sich regional.
Hat Sie die Finanzkrise beeinflusst?
Klar, die habe ich im Programm. Wenn ich die Statements von Angela Merkel zur Lösung der Finanzkrise höre, habe ich das Gefühl, ein Banker erzählt mir Islandaktien sind wieder groß im Kommen. Was macht ProSieben in der Finanzkrise? Schickt Uri Geller auf Sendung und lässt ihn mit Außerirdischen telefonieren. Das ist ein Ansatz. Ich sollte Banker werden, ich war in Mathe immer eine Null und konnte nie mit Zahlen umgehen. Das ist heute scheinbar die Voraussetzung dafür, Chef einer Bank zu werden. Alle jammern, alle schimpfen, aber irgendwer hat es durchgelassen. Wenn mir einer die Hypothek anbietet von der Hypothek, die jemand an eine Bank verkauft hat, die eine Hypothek aufgenommen hat bei irgendeinem Verleiher, der dann Geld daraus gemacht hat, und es an die Börse gebracht hat und dann noch eine Hypothek darauf aufgenommen hat. Und dann gibt es jemanden, der verkauft dir das und sagt: 'Guck mal hier, kannst dein Geld anlegen' - dann sag ich, 'was ist der Gegenwert? Eine Hypothek auf eine Hypothek in Amerika, da wurde eine Hypothek drauf aufgenommen, die haben wir jetzt verliehen - und wo ist das Geld?' Ja ist 'ne Hypothek - das Prinzip ist unerklärlich.
Auch die Auswirkungen der Krise sind keine Themen für Sie?
Das spiegelt sich in den politischen Nummern wieder: Wenn die Leute sagen, jetzt wählen wir die FDP, die können besser mit Geld umgehen, ist das Wahnsinn. Das sind die einzigen, die den komplett deregulierten Markt fordern - genau das, warum die Scheiße passiert ist. Ich verstehe nicht, dass eine FDP in Bayern mehr als zwei Prozent bekommen kann. Wie funktioniert so was? Das muss mir mal jemand erklären. In solchen Nummern spiegelt sich das bei mir. Dann geht es weiter zu Merkel. In drei Jahren hat sie sich nie aus dem Fenster gelehnt. Es gibt kein Konzept, das von ihr initiiert wurde, nichts. Trotzdem ist sie der Weihnachtsmann. Frau Merkel ist ein Wunder.
Interview: Kathrin Buchner