Hoffmann fuhr fort: "Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig. Wir werden dazu interne Gespräche in der Koalition führen." Ein erstes Gespräch dazu gab es am Sonntag: Die Arbeitsgruppe Außenpolitik der Unions-Bundestagsfraktion kam zu einer Sondersitzung zusammen.
Die Beratungen fanden wegen der parlamentarischen Sommerpause per Videoschalte statt. Der 14-köpfigen Gruppe sitzt der CDU-Politiker Jürgen Hardt vor, sein Stellvertreter ist sein Parteikollege Roderich Kiesewetter. Als Gast soll Merz' außenpolitischer Berater Günter Sautter an der Sitzung teilgenommen haben.
Merz hatte am Freitag erklärt, es würden "bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern" mehr an Israel genehmigt, "die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können".
RTL, ntv und das Magazin "Stern" berichteten am Sonntag von einem internen Papier des Kanzleramts, wonach Merz klarstellt, dass die Entscheidung keine grundsätzliche Kehrtwende in der deutschen Nahost-Politik bedeute. "Die Entscheidung über weitere Rüstungsgüter ist ausdrücklich auf einen möglichen Einsatz in Gaza beschränkt; sie stellt auf die derzeitigen, dort herrschenden Umstände ab", zitieren die Medien das Papier.
"Wir stehen fest an der Seite Israels", betonte das Papier weiter. "Das Existenzrecht Israels bleibt unverhandelbar. Deutschland unterstützt Israel weiter dabei, seine Existenz und seine Sicherheit zu verteidigen. Israel hat das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen, der den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat."
Zuvor war die Entscheidung von Merz bereits auf scharfe Kritik in der CSU gestoßen. Der Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Ich war wie viele andere relativ überrascht von der Entscheidung." Er fügte hinzu: "Unklar ist für mich, was das heißen soll: keine Waffen, die im Gazastreifen eingesetzt werden können."
Es müsse gefragt werden, "was passiert, wenn die israelische Regierung den Spieß umdreht und wir auch keine Unterstützung mehr aus Israel bekommen – sei es bei der Luftabwehr oder bei Mossad-Informationen zur Terrorabwehr", sagte Pilsinger unter Bezug auf den israelischen Geheimdienst. "Aktuell profitieren wir sicherheitspolitisch gefühlt mehr von Israel als Israel von uns."
Auch der außenpolitische Experte der CSU, Stephan Mayer, kritisierte den teilweisen Rüstungsexportstopp scharf. "Ich bin überzeugt: Israels Sicherheit darf gerade jetzt nicht geschwächt werden. Ein genereller Exportstopp würde einem demokratischen Partner in einer akuten Bedrohungslage die Möglichkeit nehmen, seine Bevölkerung wirksam zu schützen", sagte Mayer der "Augsburger Allgemeinen".
Kritik kam auch von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Deren Vorsitzender Volker Beck sagte im Interview mit Bayern 2, der Beschluss widerspreche dem von der Bundesregierung ausgesprochenen Ziel einer Entwaffnung der Hamas. "Wie stellt sich eigentlich die Bundesregierung vor, die Ziele, die sie in einer Erklärung zu dem Beschluss formuliert hat, umzusetzen?" fragte Beck.
Zustimmung äußerte AfD-Co-Chef Tino Chrupalla. "Unsere Position, was zum Beispiel Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete angeht, ist klar: Die haben wir von Anfang an, auch im Wahlprogramm, immer abgelehnt und dazu stehen wir auch", sagte Chrupalla am Sonntag im ZDF-"Sommerinterview". Chrupalla sprach mit Blick auf die Versorgung der Zivilbevölkerung zudem von "Verbrechen" im Gazastreifen, die "gesühnt werden" müssten. Israel bleibe aber "ein Partner und auch ein befreundetes Land".